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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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zusammengesuchten exotischen Reimen wie: Babel und Schnabel, Kaba und Saba usw., ausgeschmückt wird. Kurz, der Breitegrad ist ein anderer geworden: früher waren wir im Norden, jetzt sind wir im Osten, aber die Finsternis ist noch ebenso dicht.«
    »Wenn die Ode dunkel ist,« sagte Zéphirine, »so scheint mir doch die Erklärung nicht schwer zu sein.«
    »Und die Rüstung des Erzengels ist ein recht leichtes Musselinkleid«, sagte Francis.
    Die Höflichkeit verlangte zwar, daß man um Frau von Bargetons willen die Ode entzückend fand, aber die Frauen, die sich ärgerten, daß sie nicht auch einen Dichter in ihren Diensten hatten, der sie zu Engeln machte, erhoben sich wie gelangweilt und sagten mit eisiger Miene: »Sehr nett! Hübsch! Recht gut!«
    »Wenn Sie mich lieben, sagen Sie weder dem Verfasser, noch seinem Engel etwas Schmeichelhaftes«, sagte Lolotte mit despotischer Miene, der er gehorchen mußte, zu ihrem lieben Adrian.
    »Schließlich sind es Phrasen,« sagte Zéphirine zu Francis, »und die Liebe ist eine Poesie ohne Worte.«
    »Zizine, du hast da eine Sache gesagt, die ich mir auch dachte, aber ich hätte mich nicht so fein ausdrücken können«, gab Stanislaus zurück und musterte sich dabei von Kopf bis zu Fuß mit einem zärtlichen Blick.
    »Ich weiß nicht, was ich gäbe,« sagte Amélie zu Châtelet, »wenn ich den Hochmut dieser Naïs gedemütigt sehen könnte, die sich als Erzengel hinstellen läßt, als ob sie mehr wäre als wir, und uns mit dem Sohn eines Apothekers und einer Wochenpflegerin zusammen zu sein zwingt, dessen Schwester eine Näherin ist und der bei einem Drucker arbeitet.«
    »Sein Vater«, sagte Jacques, »war ein großer Chemiker und Apotheker, er hätte seinem Sohn ein Mittel gegen die Dichteritis eingeben sollen.«
    »Da setzt der Sohn das Handwerk seines Vaters fort; denn was er uns vorgesetzt hat, scheint mir eine Apothekerware zu sein«, sagte Stanislaus und nahm eine herausfordernde Haltung an. »Ich muß sagen, mir schmeckt was anderes besser.«
    In einem Augenblick waren alle darüber einig, Lucien mit irgendeinem Wort aus dem Schatz ihrer Aristokratenironie zu demütigen. Lili, die fromme Frau, hielt es um der Barmherzigkeit willen für notwendig, zu sagen, es wäre Zeit, Naïs aufzuklären, die nahe daran wäre, eine große Torheit zu begehen. Francis, der Diplomat, übernahm es, diese dumme Verschwörung zu lenken, für die sich alle diese kleinen Geister wie für die Lösung des Knotens eines Dramas interessierten und in der sie ein Abenteuer sahen, von dem man am Tage darauf erzählen konnte. Der frühere Konsul, der keine Lust hatte, sich mit einem jungen Dichter schlagen zu müssen, der über ein beleidigendes Wort in Anwesenheit seiner Geliebten in Wut geraten würde, sah ein, daß man Lucien mit einem geweihten Strahl treffen müsse, gegen den keine Rache möglich war. Er folgte dem Beispiel, das ihm der geschickte Châtelet gegeben, als es sich darum gehandelt hatte, Lucien dazu zu bringen, eines seiner eigenen Gedichte vorzutragen. Er ging zu dem Bischof und plauderte mit ihm. Er tat so, als teilte er die Begeisterung, in die die Ode Luciens den hochehrwürdigen Herrn versetzt hatte; dann mystifizierte er ihn, indem er ihn glauben ließ, die Mutter Luciens wäre eine geistig bedeutende Frau mit übergroßer Bescheidenheit und lieferte ihrem Sohn die Themen zu all seinen Gedichten. »Es bereitete«, sagte er, »Lucien das größte Vergnügen, wenn seine Mutter, die er anbetete, nach Verdienst gewürdigt würde.« Nachdem dem Bischof diese Idee einmal eingepflanzt war, überließ sich Francis den Zufällen des Gesprächs, um das verletzende Wort, das er durch den Bischof sagen lassen wollte, herbeizuführen. Als Francis und der Bischof wieder in den Kreis traten, in dessen Mitte Lucien stand, verdoppelte sich die Aufmerksamkeit unter den Personen, die ihm schon in kleinen Zügen das Gift zu trinken gaben. Der arme Dichter, dem die Künste des Salons völlig fremd waren, konnte sich nicht helfen, blickte nur immer Frau von Bargeton an und antwortete dumm auf die dummen Fragen, die ihm gestellt wurden. Er kannte die Namen und Titel der meisten Anwesenden nicht und wußte nicht, was für ein Gespräch er mit Frauen führen sollte, die ihm Albernheiten sagten, deren er sich schämte. Er fühlte sich überdies von diesen großen Menschen des Angoumois um tausend Meilen getrennt, wenn er hörte, wie sie ihn bald Herr Chardon und bald Herr von Rubempré anredeten,

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