Verlorene Liebe
zu Hause und an harmonischere Zeiten. Auf dem Fensterbrett standen kleine Steinguttöpfe, aus denen bereits die ersten grünen Spitzen sprossen. »Was haben Sie denn da angepflanzt?«
»Och, nur ein paar Kräuter.«
»Kräuter? Wie Rosmarin oder so?«
»Eher oder so. Sobald ich die Zeit dazu finde, will ich draußen meinen eigenen Kräutergarten anlegen.«
Grace schaute aus dem Fenster und sah die Stelle, an der er gestern Holz gesägt hatte. Die Vorstellung, dort bald einen kleinen Kräutergarten erblicken zu dürfen, löste einen eigentümlichen Zauber in ihr aus, auch wenn sie Thymian nicht von Oregano unterscheiden konnte. Kräuter im Fenster und Kerzen auf dem Tisch. Eds Haus würde sehr angenehm und heimelig werden – nicht so gestelzt und verkrampft wie das Haus nebenan. Sie schüttelte die unangenehme Erinnerung mit einem leisen Seufzer von sich ab.
»Sie scheinen ja über viele Talente zu verfügen, Ed.«
»Wie meinen Sie das?«
Grace lachte ihn an. »Ich entdecke hier nirgends eine Geschirrspülmaschine.« Sie streckte wieder ihre Hand aus. »Kommen Sie, ich spendiere Ihnen einen Drink.«
Kathleen saß mit geschlossenen Augen am Telefon und hatte den Hörer zwischen Schulter und Ohr eingeklemmt. Dieser Kunde schien das Reden ganz allein übernehmen zu wollen. Von ihr wurde nur verlangt, angesichts seiner Beschreibungen hin und wieder zu gurren oder lustvoll zu stöhnen. So lasse ich mir die Arbeit gefallen, dachte sie und wischte sich eine Träne von den Wimpern.
Sie durfte sich nicht soviel von Grace gefallen lassen. Schließlich wußte sie sehr genau, was sie tat. Und wenn sie wirklich einmal ein wenig Hilfe brauchen würde, um die Anspannung zu lindern, waren ihr die Ratschläge ihrer Schwester willkommen, aber nur dann.
»Nein, hört sich geil an. O nein, ich will nicht, daß du aufhörst.«
Kathleen unterdrückte ein frustriertes Seufzen und wünschte, sie hätte nicht vergessen, vor der Arbeit Kaffee aufzusetzen. Grace hatte sie ganz durcheinandergebracht. Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr. Der Kunde hatte noch zwei Minuten. Manchmal konnten sich hundertzwanzig Sekunden unfaßbar lange hinziehen.
Sie blickte einmal auf, weil sie glaubte, ein Geräusch gehört zu haben, und wandte ihre Aufmerksamkeit dann gleich wieder dem Mann am anderen Ende zu. Vielleicht sollte sie sich wirklich von ihrer Schwester zu einem Trip nach Florida überreden lassen. Würde ihr bestimmt guttun, mal von zu Hause fortzukommen und etwas Sonne zu tanken. Und ein paar Tage lang nicht mehr grübeln zu müssen. Das Schlimme war nur, daß sie, sobald Grace in der Nähe war, automatisch an ihre Fehler und ihr Scheitern dachte. So war es schon immer gewesen, und Kathleen mußte sich wohl darein fügen, daß es auch immer so bleiben würde. Trotzdem hätte sie nicht so barsch zu ihrer Schwester sein dürfen, tadelte sie sich, während sie sich die Schläfen rieb. Aber daran ließ sich nun nichts mehr ändern, und außerdem hatte sie sich um ihre Kunden zu kümmern.
Jeralds Herz klopfte wie ein Preßlufthammer. Er hörte Desiree seufzen, murmeln und stöhnen. Als sie wieder ihr rauchiges Lachen ausstieß, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Seine Hände waren kalt wie Eis. Er fragte sich, wie es wohl sein würde, sich an ihrer Haut zu wärmen.
Wie würde sie sich freuen, ihn zu sehen. Er schlich näher heran und biß sich in den Handrücken; schließlich wollte er sie mit seinem Besuch überraschen. Es hatte ihn zwei Stunden und drei Linien Koks gekostet, bis er endlich genug Mut gefaßt hatte, zu ihr zu gehen.
Letzte Nacht hatte er von ihr geträumt. Darin hatte sie ihn gebeten, ja geradezu angefleht, zu ihr zu kommen. Desiree wollte seine erste Frau sein.
Dunkelheit herrschte in der Diele, aber er sah das Licht, das unter der Tür ihres Arbeitszimmers herausdrang. Und er hörte von dort ihre Stimme. Oh, wie sie lockte, wie sie reizte.
Jerald mußte stehen bleiben und sich mit einer Hand an der Wand festhalten. Der Sex mit Desiree würde wilder und heftiger sein als jede Droge, die er geschnupft oder eingeworfen hatte. Mit ihr zu schlafen, war die absolute Spitze, der ultimative Höhepunkt. Und wenn sie fertig waren, würde sie ihm sagen, daß er der Größte sei.
Sie hatte aufgehört zu reden. Er hörte, wie sie in dem Zimmer herumlief. Sicher wollte sie sich für ihn bereit machen. Langsam, weil ihm vor Erregung die Sinne zu schwinden drohten, schob er die Tür auf.
Und da war sie.
Er schüttelte
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