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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hundertachtzig Grad gedreht und sich einer Frau total unterworfen hatte.
    Ed bevorzugte Frauen, die ihm nicht ständig um eine Nasenlänge voraus waren oder bei ihm zu viele Knöpfe auf einmal drückten. Selbstverständlich liebte er lange und tiefgehende Gespräche, aber bislang war er noch nie mit einer Frau zusammen gewesen, die ihm so etwas geboten hatte. Andererseits machte er sich auch nie die Mühe, die Gründe dafür zu analysieren.
    Er bewunderte G. B. McCabes Verstand. Dummerweise hatte er keine Ahnung, auf welcher Ebene er ihr privat begegnen sollte. Ed war es einfach nicht gewohnt, daß eine Frau den ersten Schritt machte, sich mit ihm verabredete und darüber hinaus auch noch Ort und Zeit des ersten Ausgehens bestimmte. Er hatte bislang immer die Vorarbeit geleistet und die Initiative übernommen. Doch Ed wäre entsetzt und zutiefst beleidigt gewesen, hätte ihn jemand deswegen einen Chauvi genannt.
    Seit Jahren schon unterstützte er aus ehrlicher Überzeugung die Frauenbewegung, aber das war eben Politik und damit etwas ganz anderes. Er hätte auch nicht einmal eine Braue gehoben, wenn statt Ben ein weiblicher Partner mit ihm Dienst getan hätte. Aber das war der Job und damit etwas ganz anderes.
    Seine Mutter hatte, solange er zurückdenken konnte, gearbeitet, um ihre beiden Söhne und eine Tochter großziehen zu können. Seinen Vater hatte Ed nie kennengelernt, und als ältestes Kind hatte er schon in frühen Jahren den Mann im Haus ersetzen müssen. So war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, wenn Frauen einen Job hatten, genauso wie er es gewohnt war, die Haushaltskasse zu verwalten und allein alle wichtigen Entscheidungen zu treffen.
    Ganz am Rande seines Bewußtseins hielt sich allerdings hartnäckig die Vorstellung, daß die Frau, die er einmal heiraten würde, nicht dazu gezwungen sein mußte, sich einen Job zu suchen. Er würde sich um sie kümmern, so wie sein Vater es bei seiner Mutter nie getan hatte – so wie er sich immer um sie hatte kümmern wollen.
    An dem Tag, an dem sein Haus renoviert, die Wände frisch gestrichen und der Garten in Ordnung gebracht waren, würde er die Richtige finden und sie heimführen. Und sich um sie kümmern.
    Während er sich umzog, warf er immer wieder einen Blick auf das Nachbarhaus. Grace hatte die Vorhänge nicht zugezogen und das Licht angemacht. Während er sich noch überlegte, wie er sie später möglichst höflich darauf hinweisen konnte, mehr auf ihre Privatsphäre zu achten, erblickte er die junge Frau. Sie stürmte in das Zimmer. Auch wenn er nur ihren Oberkörper erkennen konnte, war er sich sicher, daß sie gerade gegen etwas trat. Und danach marschierte sie energisch in dem Raum auf und ab.
     
    Was sollte sie nur tun? Grace fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, als könnte sie die Antwort aus ihrem Kopf ziehen. Ihre Schwester steckte in Schwierigkeiten, und zwar in größeren, als sie bislang angenommen hatte. Und Grace wußte nicht, was sie dagegen unternehmen konnte.
    Du hättest nicht die Beherrschung verlieren dürfen, tadelte sie sich. Kathleen anzuschreien, war so ziemlich das gleiche, wie ›Krieg und Frieden‹ im Dunkeln zu lesen. Man bekam davon nur Kopfschmerzen, erzielte aber keinen Erfolg. Aber sie mußte etwas unternehmen. Grace warf sich aufs Bett, zog die Knie an und legte die Stirn darauf. Wie lange mochte das schon gehen, fragte sie sich. Seit der Scheidung? Da sie von Kathleen keine Antworten bekommen hatte, gelangte sie zu der Schlußfolgerung, daß wieder mal Jonathan an allem schuld war.
    Aber was sollte sie nur tun? Kathleen war jetzt stinkwütend und würde bestimmt nicht auf sie hören. Grace kannte sich mit Drogen aus. Viel zu oft hatte sie schon mitbekommen, was Suchtmittel aus Menschen machen konnte. Sie hatte einigen, die davon loskommen wollten, auf ihrem schweren Weg geholfen; zu anderen, die sich kopfüber in die Selbstzerstörung stürzten, war sie auf Distanz gegangen. Einmal hatte sie sogar wegen Drogen eine Beziehung abgebrochen und den Mann radikal aus ihrem Leben entfernt.
    Doch hier ging es um ihre Schwester. Sie preßte die Finger an die Augen und versuchte nachzudenken.
    Valium. Drei Flaschen, von verschiedenen Ärzten verschrieben. Und woher sollte sie wissen, ob ihre Schwester nicht auch noch in der Schule oder im Wagen oder Gott weiß wo Vorräte angelegt hatte?
    Sie hatte nicht herumgeschnüffelt, wie Kathleen es ihr gleich vorgeworfen hatte. Grace hatte nur nach einem Bleistift gesucht

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