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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gegen alle Widrigkeiten wappnete; und die negativen Seiten nur zu akzeptieren, reichte bei weitem nicht aus.
    Grace hatte noch nie zuvor einen solchen Schlag erlitten, weder in ihrem Privatleben noch in ihrer Karriere. Ihr war auch nie zu Bewußtsein gekommen, was für ein privilegiertes Leben sie führen durfte. Bislang hatte sie nie den Menschen gegenüber Geduld aufgebracht, die sich darüber beklagten, wie übel das Schicksal ihnen mitgespielt habe. In ihren Augen war jeder seines Glückes Schmied gewesen, nach dem Motto: Wenn das Leben dich voll erwischt, gönn dir einen Moment, um wieder zu dir zu kommen, und such dann nach dem günstigsten Ausweg.
    Als Grace beschlossen hatte, Schriftstellerin zu werden, hatte sie sich einfach an den Schreibtisch gesetzt und mit ihrem Buch begonnen. Natürlich besaß sie ein angeborenes Talent, eine lebhafte Fantasie und genug Ausdauer, um eine angefangene Tätigkeit auch zu Ende zu führen. Aber in ihr wohnte auch das Wissen, alles erreichen zu können, wenn sie sich nur genug anstrengte. Grace hatte nie in einer Dachkammer hungern oder mit einer kreativen Blockade ringen müssen. Und nie hatten sie die Krisen oder die Agonie befallen, an der so viele andere Künstler litten. Grace hatte damals einfach ihre Ersparnisse zusammengekratzt und war nach New York gezogen. Dort hatte sie eine Teilzeitarbeit angenommen, um die Miete bezahlen zu können, und dann in neunzig wilden und atemlosen Tagen ihren ersten Roman zu Papier gebracht.
    Als ihr in den Sinn kam, es sei an der Zeit, sich zu verlieben, hatte sie auch das mit der gleichen Verve und Energie bewerkstelligt, und zwar ohne Zögern und ohne Bedauern. Sie hatte sich ihren Gefühlen hingegeben, solange diese anhielten, und als die Geschichte vorbei war, hatte sie das ohne Tränen oder Vorwürfe akzeptiert.
    Grace war heute Ende Zwanzig, und noch nie hatte man ihr das Herz gebrochen oder einen Traum zerstört. Gut, das eine oder andere Mal hatte es auch in ihrem Leben ein Beben gegeben, doch es war ihr stets gelungen, die Sache durchzustehen und erhobenen Hauptes daraus hervorzukommen. Doch nun war sie zum erstenmal gegen eine Wand geprallt, die sich weder durchbrechen noch übersteigen ließ. Den Tod ihrer Schwester konnte sie nicht ungeschehen machen, indem sie einen anderen Gang einlegte. Der Mord an Kathleen ließ sich nicht einfach als eine der kleinen Irrungen und Wirrungen des Lebens abtun.
    Während sie sich jetzt allein im Wohnzimmer aufhielt, verspürte sie den mächtigen Wunsch, zu schreien, zu toben und etwas an die Wand zu werfen. Ihre Hände zitterten, als sie das Geschirr vom Tisch räumte. Wenn sie allein gewesen wäre, hätte sie diesem Drang sicher nachgegeben. Mehr noch, sie hätte den destruktiven Moment ausgelebt, bis all das aus ihr geströmt wäre, das sich in ihr angesammelt hatte. Aber sie tat nichts dergleichen, sondern nahm sich zusammen. Ihre Eltern brauchten sie. Zum erstenmal waren sie auf ihre Tochter angewiesen. Und sie wollte sie nicht im Stich lassen.
    Grace stellte das Geschirr ab, als es an der Tür klingelte. Wenn das Pastor Donaldson war, könnte sie gleich mit ihm die Beerdigungsarrangements besprechen. Doch als sie die Tür öffnete, stand draußen kein Priester, sondern Jonathan Breezewood III.
    »Grace.« Er nickte, reichte ihr aber nicht die Hand. »Darf ich eintreten?«
    Sie mußte wirklich an sich halten, um ihm nicht die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Als Kathleen noch lebte, hatte er sich nicht um sie gekümmert. Was scherte sie ihn jetzt, wo sie tot war? Ohne ein Wort zu verlieren, trat sie beiseite.
    »Gleich nachdem man mich informiert hatte, bin ich los.«
    »In der Küche ist Kaffee.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und eilte durch die Diele. Weil er ihr eine Hand auf die Schulter legte und mehr noch, weil sie ihm ihre Schwäche nicht zeigen wollte, blieb sie vor Kathleens Arbeitszimmer stehen.
    »War es hier?«
    »Ja.« Sie starrte ihn so lange an, bis sie auf seine Miene eine kurze Regung bemerkte. Aber sie war zu müde, um darin Trauer, Abscheu oder Bedauern zu erkennen. »Du hast Kevin nicht mitgebracht.«
    »Nein.« Er schien den Blick nicht von der Tür wenden zu können. »Ich dachte, es sei das beste, ihn für eine Weile bei meinen Eltern zu lassen.«
    Da Grace dem kaum widersprechen konnte, schwieg sie lieber. Immerhin war Kevin ein Kind und noch viel zu jung, um mit der Beerdigung seiner Mutter oder der Trauer der Hinterbliebenen konfrontiert zu werden.
    »Meine

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