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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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du reden kannst.«
    »Im Moment steht mir nicht der Sinn danach, mit jemandem zusammen zu sein.« Dann legte sie eine Hand auf die ihrer Schwester, und das war mehr, als sie, mit Ausnahme von ihrem Mann und Kevin, je einem Menschen zu geben vermocht hatte. »Damit meine ich natürlich nicht dich. Im Gegenteil, ich bin richtig froh, daß du gekommen bist.«
    Wie stets reagierte Grace ihrerseits mit Wärme, sobald sie solche empfing. »Ich wäre schon viel früher gekommen, wenn du mich gelassen hättest.«
    »Du warst doch mitten in einer Tournee.«
    »Tourneen kann man auch absagen.« Sie rutschte auf dem Sitz hin und her. Sie hätte die Tournee platzen lassen, wenn das ihrer Schwester hätte weiterhelfen können. »Na ja, jetzt ist die Sache ja ausgestanden, und ich bin hier.« Sie kurbelte das Fenster herunter und spürt den Aprilwind, der noch genauso wie der im März biß. »Frühling in Washington. Was machen die Kirschblüten?«
    »Der späte Frosteinbruch hat ihnen großen Schaden zugefügt.«
    »Hier bleibt doch stets alles gleich.« Hatten sie sich eigentlich immer noch so wenig zu sagen? Grace drehte das Radio auf, um die Kluft zwischen ihnen zu füllen. Wie konnten zwei Menschen miteinander aufwachsen, zusammen leben, miteinander streiten und sich doch fremd bleiben? Jedesmal, wenn sie ihre Schwester sah, hoffte sie, diesmal würde es anders. Und regelmäßig wurde sie enttäuscht.
    Als der Toyota die Fourteenth Street Bridge überquerte, erinnerte sich Grace an das Zimmer, das sie sich in der Kindheit mit Kathleen geteilt hatte: die eine Hälfte stets adrett und ordentlich, die andere ein immerwährendes Chaos. Dieser krasse Gegensatz war zwischen ihnen ein stetiger Stein des Anstoßes gewesen. Ein anderer waren die Spiele, die Grace sich ausdachte und die ihre Schwester mehr frustrierten als erfreuten. Wie lauten die Regeln? Kathleen hatte bei allem und jedem stets zuerst die Regeln auswendig gelernt. Und wenn es keine gab – oder zumindest keine klaren war Kathleen nicht in der Lage, das Spiel an sich zu begreifen.
    Immer nur Regeln, Kath, dachte Grace, während sie schweigend neben ihrer Schwester saß. In der Schule, in der Kirche und im Leben. Kein Wunder, daß eine Regeländerung sie in tiefste Verwirrung stürzte. Und jetzt hatten sich die Regeln im Spiel ihres Lebens schon wieder gewandelt.
    Hast du deine Familie einfach verlassen, Kath, so wie du früher immer aufgestanden und gegangen bist, wenn dir die Regeln eines Spiels nicht zusagten? Bist du hierher an den Anfang zurückgekehrt, um alle bisherigen Ergebnisse zu tilgen und nach deinen eigenen Regeln von vorn anzufangen? Ja, das ist deine Art, die Dinge anzugehen, dachte Grace und hoffte für ihre Schwester, daß es so endlich funktionieren würde.
    Aber dann war sie doch überrascht, als sie die Straße sah, in die Kathleen gezogen war. Grace hatte ein hochmodernes Apartmenthaus erwartet. Die modernsten Einrichtungen und vierundzwanzigstündiger Hausmeisterdienst entsprachen mehr Kathleens Stil als diese altmodischen, leicht heruntergekommenen Häuser inmitten von hohen Bäumen.
    Kathleens Haus war eines der kleinsten auf dieser Straßenseite. Obwohl Grace sich kaum vorstellen konnte, daß ihre Schwester mehr im Garten getan hatte, als den Rasen zu mähen, schoben sich am Rand des gepflegten Bürgersteigs die ersten Blüten aus dem Boden.
    Als Grace neben dem Wagen stand, ließ sie den Blick über die Straße wandern. Vor jedem Haus lagen Fahrräder und standen mehrere Jahre alte Kombiwagen. Hier und da war ein frischer Farbanstrich auszumachen. Man sah den Häusern an, daß die Familien schon lange in ihnen wohnten, und die Gegend lag irgendwo in der Mitte zwischen frisch renoviert und altersschwach. Grace gefiel diese Straße; irgendwie fühlte man sich hier gleich wie zu Hause und geborgen.
    Genau ein solches Viertel hätte Grace sich ausgesucht, wenn sie hierher zurückgezogen wäre. Und ihr Lieblingshaus wäre das nebenan gewesen, entschied sie sofort und ohne länger darüber nachzudenken. Das Gebäude mußte dringend generalüberholt werden. Eines der Fenster war mit Brettern vernagelt, und auf dem Dach fehlten ein paar Ziegel. Aber im Garten hatte jemand Azaleen gepflanzt. Die Erde sah noch frisch umgegraben aus, und die Pflanzen waren in kleine Hügel eingebettet. Noch erreichten die Sträucher kaum einen halben Meter Höhe, aber schon zeigten sich die ersten Knospen, die bald aufblühen würden. Während Grace sie betrachtete,

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