Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Richtung Gehirn.
Taumeln.
Sie griff nach dem Arm des Polizisten. Der Griff fuhr ins Leere.
*
Kapitel 9
Bad Elster
Die Polizei kam gegen halb acht. Kurz nachdem der Nachtportier die Tagesschicht über den erneuten Stromausfall in der letzten Nacht informiert hatte.
Drei Polizeiwagen rollten schnell die Einfahrt hoch, gefolgt von einem Zivilfahrzeug, aus dem Kriminalkommissar Schmidt ausstieg.
Die uniformierten Beamten stürzten voran. Schreiber folgte ihnen. Einer der Beamten hielt ihm die Türe auf.
Der Kommissar teilte die Uniformierten ein, die weiteren Ausgänge zu besetzen.
Als er an die Theke trat, wo zwei total überraschte Augenpaare das Treiben der Beamten beobachteten.
„Herr Kommissar, was passiert hier gerade?“, fragte Franziska Eichhorn.
„Ich kann Ihnen nicht mehr erzählen, als Sie nach der Zimmernummer eines ihrer Kurgäste zu fragen.“
„Wen suchen Sie denn?“
„Wir müssen Herrn Theo Bartolomay befragen“, antwortete Schreiber und blieb ihr die Details schuldig. Da Franziska Eichhorn tags zuvor ihren freien Tag gehabt hatte, wusste sie von der aufsehenerregenden DNA – Untersuchung noch nichts.
„Ich welcher Angelegenheit möchten Sie Herrn Bartolomay befragen?“
Sie machte keine Anstalten, Schreiber die Zimmernummer zu verraten. Der Nachtportier raunte ihr etwas zu. Den ganzen Abend über war die spektakuläre Aktion der Polizei Thema Nummer eins in der Kurklinik gewesen. So hatte auch der Nachtportier davon erfahren. Die Stellvertreterin von Frau von Hohenstetten riss ihre Augen auf.
„Nein“, entfuhr es ihr, „Das kann doch nicht sein.“
„Die Zimmernummer, bitte“, sagte Schreiber noch einmal mit einem eindringlichen Ton.
Sie flüsterte die Nummer mehr, als dass sie sie laut aussprach. Der Nachtportier erklärte ihnen den Weg. Schreiber gab zwei Beamten das Zeichen, ihm zu folgen.
Als Herr Bartolomay die Türe öffnete und die drei Beamten dort sehen sah, war es, als täte sich die Erde vor ihm auf. Nein, das wäre wahrscheinlich viel weniger schlimm gewesen, als jetzt diese Schande zu erleben. Die Chancen hatten einhundert zu eins gestanden. Oder noch viel weniger aussichtsreich. Er hätte es sich anders gewünscht, doch jetzt trat das ein, was er sich die letzte, schlaflose Nacht immer wieder vor Augen geführt hatte.
Der Beamte, der schon gestern bei den Untersuchungen zugegen gewe sen war, fragte ihn, ob er Theo Bartolomay sei. Gerne hätte er ihn angelogen, doch nichts wäre dämlicher und sinnloser gewesen.
Ihm wurde gestattet, seinen Mantel zu holen, den er aber nicht anzog, sondern man legte ihm den Mantel über die Handschellen, die er vor dem Bauch trug. Theo Bartolomay trug einen Anzug und ein frisches Hemd. Dazu eine sorgfältig gewählte Krawatte. Unifarben.
Keiner sollte ihm nachsagen, er hätte einen ungepflegten Eindruck gemacht, als man ihn Minuten später durch die große Halle zum Ausgang führte. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet. Er erspähte trotzdem die neugierigen Blicke, die ihm folgten. Ohne sich zu bemühen, sah er auf den Gesichtern der Klinikinsassen vielerlei Emotionen. Darunter befanden sich auch Abscheu, Widerwillen und er bildete sich sogar ein, auf dem einen oder anderen Gesicht Anteilnahme gesehen zu haben. Was ihn verwundert hätte.
Schließlich wussten alle Insassen der Kurklinik ‚Sachsenglück‘ mit tödlicher Gewissheit, dass derjenige, der am Morgen nach dem Test an den männlichen Klinikinsassen verhaftet wurde, Sex mit Kindern praktizierte. Keiner hatte es erwartet, keiner hatte auch nur einen Cent auf einen der anderen Gäste gesetzt. Unter den Gästen durfte es keinen Mörder geben.
Dennoch.
Theo Bartolomay war ein Kinderficker. Und ein Mörder.
Wie ein e Lunte, die man angezündet hatte, ging daraufhin in der Klinik die Neuigkeit herum, Herr Bartolomay sei wegen Mordes an der kleinen Nutte aus dem Schwimmbad verhaftet worden, was absoluter Unsinn war. Herr Bartolomay stand unter dem dringenden Tatverdacht, an dem Mord beteiligt zu sein, oder aber sachdienliche Aussagen zum Tod des Mädchens machen zu können. Man könnte ihm auch unterstellen, dass er den Täter kannte und deckte, mehr jedoch nicht.
Die nächsten Stunden verbrachte Felix Bartolomay in der Verhörzelle im Plauener Präsidium. Abwechselnd wurde er von Kommissar Schreiber und seinem Kollegen Streiter befragt.
Schweigend ertrug er die immer wieder wie eine Gebetsmühle gestellten Fragen, überhörte die Drohungen
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