Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Sie wissen, dass Eliska verschwunden ist. Außerdem geht Sie das nichts an.“ Ihre Augen blickten traurig, sie wandte sich von ihm ab. Hinter der Trauer glimmte ein erlöschendes Feuer. Die Wut schlug nicht durch.
So wie es sich ihm darstellte, schien die Frau ihm die Wahrheit gesagt zu haben. Wenn sie nicht zufällig hier in dieser Gegend unterwegs war, dann war sie sicher auf der Suche nach Eliska.
„Sie sagten, sie suchen Ihre Kinder. Sie haben mehrere Kinder? Nicht nur die Kleine?“
„Das geht sie auch nichts an.“
„Womit Sie auch Recht haben“, sagte er, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und ging unbehelligt die Straße entlang. Bis zu seinem Auto. Genug Zeit, um für den nächsten Tag einen Plan zu entwerfen.
*
Bad Elster
Die Nebelschwaden reichten nicht bis in die Badstraße. Hier fühlte sich Carola Pütz wieder sicher. Ihr Schritt verlangsamte sich. Marie hoppelte nicht mehr wie eine Spielzeugente hinter ihr her. Mit der ungewohnten Leine und dem Halsband hatte sich der Welpe teilweise bockbeinig gegen den Zug gewehrt, doch Pütz hatte sie gnadenlos hinter sich hergezogen. Als sie am Theaterplatz angekommen war, traf sie auf die ersten Menschen. Gegenüber dem König-Albert-Theater, wo heute keine Vorstellung gezeigt wurde, standen trotzdem einige Neugierige vor dem Kasten mit den Ankündigungen. Wie wohltuend war es, menschliche Stimmen zu hören.
Was um alles in der Welt war das eben?
Was war mit dem Hund? Nicht zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, Tiere verstehen zu können. Doch sie konnte es nicht. Marie stellte sich neben sie. Pütz blieb stehen und tastete mit der rechten Hand nach ihrem Puls. Sie hörte ein Rauschen in den Ohren. Ihr Blut.
Beruhige dich.
Was war das? Was hatte Marie gewittert, das ihr solche Angst gemacht hatte?
„Was war los, Kleine? Hast Du was gewittert? Oder bist Du nur ein Schisser und hattest Angst vor dem Nebel?“, fragte sie und beugte sich herunter zu Marie, streichelte den Hund. Sie leckte eifrig ihre Hand ab.
Ist dir jemand gefolgt?
Sie konnte gar nicht anders, als an die Anrufe und den nächtlichen Besucher auf dem Flur zu denken. Gab es hier einen Zusammenhang? Pütz war geneigt, es zu glauben.
Marie starrte aufmerksam hechelnd in ihre Richtung. Pütz streichelte kurz über ihren Kopf.
„Komm wir gehen, sonst sind wir zu spät“, animierte sie ihren Hund. Marie setzte sich prompt in Bewegung. Sie hörte die kleinen Krallen des Hundes auf dem Asphalt. Nachdenklich vertiefte sie sich in das Geräusch.
Daher fuhr sie total zusammen, als plötzlich gegenüber ein Auto anhielt und jemand etwas rief. Sie schaute in die Richtung und erkannte den alten Saab sofort.
„Ist das die versprochene Überraschung?“
Pütz biss sich auf die Unterlippe. Winterhalter. Wie froh war sie, seinen langsam gesprochenen Satz mit dem schon so vertraut gewordenen Schweizer Dialekt zu hören. Sie nickte enthusiastisch.
„Ja, darf ich Ihnen Marie vorstellen!“, rief sie quer über die Straße. Der Hund schaute aufmerksam zum Auto herüber.
„Wo haben Sie denn den Hund her, um alles in der Welt?“ Winterhalter schüttelte mit dem Kopf, doch bemerkte sie sein Lächeln, trotz der Dunkelheit.
„Erzähle ich Ihnen gleich bei einem Kaffee“, sagte sie, schaute nach links und überquerte schnell die Straße. Winterhalter stieß ihr die Beifahrertüre auf.
„Ich hoffe, sie ist tauglich für schwedische Automobile“, scherzte er. Marie hüpfte in den Fahrgastraum und schnüffelte nach dem Fremden. Pütz stieg ein und sortierte ihre Füße um den Welpen herum.
„Ich weiß nicht, aber ich denke schon. Schön Sie zu sehen“, sagte sie und der Albtraum des Erlebnisses am See verblasste. Ihre Blicke trafen sich.
„Man erlaubt Ihnen in der Klinik einen Hund? Oder wissen die gar nichts davon?“
Pütz fühlte sich ertappt. Eigentlich wollte sie erst bei einem Kaffee dieses Thema anreißen. Winterhalter gab Gas. Marie machte einen kleinen Hüpfer zwischen Pütz Füßen, doch dann hatte sie wieder Halt gefunden.
„Doch sie wissen davon “, antwortete sie. Winterhalter schaute zu ihr herüber, doch dann veränderte sich sein Blick plötzlich.
„Was ist denn da los?“, fragte er.
Sie befanden sich genau auf Höhe der Kurklinik ‚Sachsenglück‘.
„Wo denn?“, fragte Pütz lakonisch, doch dann folgte sie einfach seinem Blick.
Winterhalter bremste und warf sofort den Rückwärtsgang ein. Marie kugelte erst nach hinten, dann nach
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