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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Kind verloren hat. Außer diesen kleinen Freuden ist Tess alles, was mir noch geblieben ist, Ben.«
    Ben stellte fest, daß er sich nicht mehr unbehaglich fühlte; er erwartete nicht mehr, in die Enge getrieben zu werden. »Ich werde nicht zulassen, daß ihr irgend etwas zustößt. Nicht nur weil ich Polizist bin und es meine Pflicht ist, andere zu beschützen, sondern weil sie mir etwas bedeutet.«
    Als Writemore sich vom Tisch wegdrehte, glitzerte der Diamant in seiner Krawatte im Licht. »Interessieren Sie sich für Football?«
    »Ein bißchen.«
    »Wenn wir uns keine Sorgen mehr um Tess zu machen brauchen, gehen wir mal zusammen zu einem Spiel. Ich habe Dauerkarten. Dann trinken wir ein paar Bier zusammen, und sie können mir was von sich erzählen, Dinge, die nicht in Ihrer Personalakte stehen.« Er grinste und zeigte seine weißen Zähne, die fast alle seine eigenen waren. »Sie ist alles, was ich habe, Detective. Ich könnte Ihnen sogar sagen, wie Sie letzte Woche beim
    Übungsschießen abgeschnitten haben.«
    Amüsiert trank Ben seinen Wein aus. »Und wie?«
    »Gut«, antwortete Writemore. »Verdammt gut.«
    Als Tess wieder ins Zimmer kam, drehten sich die beiden Männer gleichzeitig um. Kaum hatte Ben ihr Gesicht gesehen, sprang er vom Stuhl auf. »Was ist los?«
    »Es tut mir leid.« Sie sprach ruhig und ohne Zittern in 393
    der Stimme, doch ihre Wangen waren kreidebleich. Sie streckte die Hand aus, während sie auf ihren Großvater zuging. »Aber ich muß gehen, Großpapa, um mich im Krankenhaus um einen Notfall zu kümmern. Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, noch mal herzukommen.«
    Da ihre Hand kalt war, bedeckte ihr Großvater sie mit seinen beiden Händen. Besser als jeder andere wußte er, wie viele Gefühle sie in ihrem Innern verschlossen hielt.
    »Ein Patient?«
    »Ja. Ein Selbstmordversuch. Er ist ins Krankenhaus von Georgetown gebracht worden, aber es sieht nicht gut aus.«
    Ihre Stimme war kühl und ausdruckslos, die Stimme einer Ärztin. Ben betrachtete sie eingehend, konnte jedoch außer der Blässe keine Gefühlsregung erkennen. »Es tut mir leid, daß ich dich so abrupt verlassen muß.«
    »Mach dir um mich keine Gedanken.« Der Senator war bereits aufgestanden und legte den Arm um sie, als er mit ihr aus dem Zimmer ging. »Ruf mich morgen an und erzähl mir, wie es dir geht.«
    Irgend etwas in ihrem Innern zitterte und bebte, doch sie blieb ruhig. Sie preßte ihre Wange gegen seine, um ein bißchen von seiner Kraft in sich aufzunehmen. »Ich hab’
    dich lieb.«
    »Ich hab’ dich auch lieb, Mädel.«
    Während sie in die schneeverhüllte Nacht hinaustraten, nahm Ben sie beim Arm, damit sie nicht auf den Stufen ausrutschte. »Kannst du mir sagen, was passiert ist?«
    »Ein vierzehnjähriger Junge wurde mit dem Leben nicht mehr fertig und ist von der Calvert Street Bridge gesprungen.«
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    In der chirurgischen Abteilung roch es nach
    Desinfektionsmitteln und frischer Farbe. Die Gänge waren fast leer, da das Personal wegen des Feiertags auf die Hälfte reduziert war. Irgend jemand hatte eine Hackfleischpastete in Frischhaltefolie gewickelt und vor das Schwesternzimmer gestellt. Das Ganze wirkte fröhlich und auf deprimierende Weise fehl am Platz. Als Tess kam, füllte die diensthabende Schwester gerade einen Vordruck aus.
    »Ich bin Dr. Teresa Court. Joseph Higgins junior ist vor kurzem bei Ihnen eingeliefert worden.«
    »Ja, Frau Doktor. Er ist gerade im Operationssaal.«
    »Wie ist sein Zustand?«
    »Schwere Verletzungen und innere Blutungen. Als man ihn fand, war er bewußtlos. Dr. Bitterman operiert ihn gerade.«
    »Wo sind Joeys Eltern?«
    »Im Wartezimmer. DenGang runter und dann nach links, Frau Doktor.«
    »Danke.« Tess nahm all ihren Mut zusammen und
    wandte sich Ben zu. »Ich weiß nicht, wie lange es dauert, und es wird nicht sonderlich angenehm sein. Sicher würde man dir gestatten, im Ärztezimmer zu warten. Da wäre es gemütlicher für dich.«
    »Ich komme mit dir.«
    »In Ordnung.« Während sie ihren Mantel aufknöpfte, ging Tess den Gang hinunter. Auf den Fliesen des stillen Korridors halten ihre Schritte wie Schüsse. Als sie sich der Tür des Wartezimmers näherte, hörte sie gedämpftes 395
    Schluchzen.
    Lois Monroe hatte sich an ihren Mann geschmiegt.
    Obwohl es im Zimmer übermäßig warm war, hatte keiner von ihnen den Mantel ausgezogen. Sie weinte leise vor sich hin, mit offenen Augen und ohne etwas
    wahrzunehmen. Ein Erntedankfestspecial lief geräuschlos im

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