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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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stand die enorme Summe von siebzehnhundertundfünfzig Dollar.
    Als sie sich kopfschüttelnd wieder ihrem Begleiter zuwenden wollte, sah sie Ben. Er stand mit unverhohlen belustigtem Gesichtsausdruck, die Hände in den Hosentaschen, vor einem anderen Ausstellungsobjekt.
    Sein Jackett war offen. Darunter trug er ein einfaches 237
    graues Sweatshirt und Jeans. Eine Frau, die mit Diamanten im Wert von fünftausend Dollar behängt war, rauschte heran und stellte sich neben ihn, um die Skulptur ebenfalls zu betrachten. Tess sah, daß er etwas vor sich hin murmelte. Dann schaute er auf und erblickte sie.
    Während zwischen ihnen Leute hin und her liefen, starrten sie einander an. Die Frau mit den Diamanten versperrte ihnen einen Moment lang die Sicht, doch als sie weiterging, hatte sich keiner von ihnen von der Stelle gerührt. Tess merkte, wie in ihrem Innern etwas nachgab, das jedoch sofort wieder erstarrte und sich in Unbehagen verwandelte. Dann zwang sie sich, ihn anzulächeln und ihm auf freundlich beiläufige Weise zuzunicken.
    »… meinst du nicht auch?«
    »Wie?« Mit einem Ruck faßte sie sich wieder und drehte sich Dean zu. »Entschuldigung, ich war eben nicht ganz da.«
    Ein Mann, der vor Hunderten von Collegestudenten Vorlesungen hielt, war es gewöhnt, ignoriert zu werden.
    »Ich habe gesagt, findest du nicht auch, daß diese Skulptur sehr überzeugend den Antagonismus zwischen Mann und Frau und den ewigen Kreislauf ihrer Beziehung zueinander ausdrückt?«
    »Hmmm.« Was sie erblickte, war ein Gewirr aus Kupfer und Zinn, das zu metallener Kopulation
    zusammengeschweißt sein mochte oder auch nicht.
    »Ich spiele mit dem Gedanken, es für mein Büro zu erwerben.«
    »Oh.« Er war ein liebenswerter und absolut harmloser Anglistikprofessor, dessen Onkel mit ihrem Großvater ab und zu Poker spielte. Tess fühlte sich verpflichtet, ihn von der Skulptur wegzulotsen, so wie eine Mutter ihr Kind wegführt, das mit seinem Taschengeld in der Hand 238
    sehnsüchtig vor einem Regal mit überteuerten
    Modellautos aus Plastik steht. »Meinst du nicht, du solltest dich erst noch ein bißchen umschauen und dir die anderen
    …« Wie nannte man die Dinger? »… Objekte ansehen?«
    »Das Zeug geht weg wie warme Semmeln. Ich möchte nicht zu spät kommen.« Er blickte in dem überfüllten Raum umher und schickte sich an, sich zum Besitzer der Galerie durchzukämpfen. Greenbriar war in seinem stahlblauen Anzug mit dazu passendem Stirnband kaum zu übersehen. »Entschuldige mich bitte einen Moment.«
    »Hallo, Tess.«
    Mit verhaltenem, ruhigem Blick sah sie Ben an. Die Finger, mit denen sie den winzigen Henkel ihrer Tasse festhielt, wurden feucht. Tess redete sich ein, das käme von der Hitze, die all die Körper in dem Raum
    ausstrahlten.
    »Hallo, Ben. Wie geht es dir?«
    »Großartig.« Es ging ihm dreckig, seit genau einer Woche. Umgeben von Leuten, die er für aufgeblasene, neurotische Wichtigtuer hielt, stand sie da und wirkte so frisch und jungfräulich wie eine Vase mit Veilchen in einem Orchideenwald. »Interessantes Publikum.«
    »Kann man wohl sagen.« Dann glitt ihr Blick zur Seite und heftete sich auf die Frau, die neben ihm stand.
    »Dr. Court, Trixie Lawrence.«
    Trixie war eine in rotes Leder verpackte Amazone. Mit ihren hochhackigen Stiefeln war sie noch drei Zentimeter größer als Ben. Sie hatte eine Mähne unnatürlich roter Haare, die kraus und wild vom Kopf abstanden. Die zahllosen Armbänder, die sie trug, klimperten bei jeder ihrer Bewegungen. Auf ihre linke Brust war eine Rose tätowiert, die aus dem tiefen Ausschnitt ihrer Weste hervorlugte.
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    »Hallo.« Tess lächelte und streckte die Hand aus.
    »Hi. Sie sind also Ärztin?« Trotz ihrer Größe hatte Trixie eine Piepsstimme und sprach, als sei sie außer Atem.
    »Ich bin Psychiaterin.«
    »Echt?«
    »Echt«, entgegnete Tess, während Ben sich intensiv räusperte.
    Trixie nahm eines der vierteldollargroßen Pastetchen und schluckte es wie eine Aspirintablette. »Ein Cousin von mir war mal in der Klapsmühle. Ken Launderman.
    Vielleicht kennen Sie ihn.«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Na ja, wahrscheinlich haben Sie mit Unmengen von Leuten zu tun, die einen Sprung in der Schüssel haben.«
    »Mehr oder weniger«, murmelte Tess und sah Ben verstohlen an, der nicht im geringsten verlegen schien, sondern wie ein Idiot grinste. Ihre Lippen zuckten, als sie die Tasse zum Mund hob. »Es überrascht mich, dich hier zu sehen.«
    Ben wiegte sich auf den

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