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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und mich von Gott abgewandt. Das war eine schreckliche Zeit der Selbstsucht und Ignoranz, eine Zeit, in der ich blind war. Doch dann zeigte er mir, daß wir alle gerettet würden, wenn ich stark wäre und Opfer darbrächte. Meine Seele ist mit ihrer verbunden«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Wir gehören zusammen. In jener Nacht sind Sie nicht nach Hause gekommen.« Seine Gedanken sprangen hin und her. Das konnte Tess sowohl dem Inhalt seiner Worte als auch der jeweils anderen 248
    Weise, in der er sie sagte, entnehmen. »Ich habe gewartet.
    Ich wollte mit Ihnen sprechen, Ihnen alles erklären, aber Sie haben die Nacht in Sünde verbracht.«
    »Erzählen Sie mir von dieser Nacht, in der Sie auf mich gewartet haben.«
    »Ich habe gewartet und nach dem Licht in Ihrem Fenster Ausschau gehalten. Es blieb dunkel. Dann bin ich umhergegangen. Ich weiß nicht, wie lange, ich weiß nicht, wo. Ich dachte, Sie kämen auf mich zu, oder Laura. Nein, ich dachte, Sie wären es, aber Sie waren es nicht. Da wußte ich, daß sie diejenige war, die … Ich habe sie in die Gasse geschafft, damit sie nicht im Wind liegt. Es war so kalt. Ich habe sie weggeschafft«, sagte er in einem gräßlichen, zischenden Ton. »Ich habe sie weggeschafft, bevor sie kommen und mich mitnehmen konnten. Sie sind unwissend und widersetzen sich dem Willen des Herrn.«
    Sein Atem ging jetzt stoßweise. »Schmerzen. Mir ist schlecht. Mein Kopf … tut so weh.«
    »Ich kann Ihre Schmerzen lindern. Sagen Sie mir, wo Sie sind, dann komme ich zu Ihnen.«
    »Können Sie das?« Er klang wie ein verängstigtes Kind, dem man anbietet, während eines nächtlichen Gewitters eine Lampe im Zimmer anzulassen. »Nein!« sagte er auf einmal mit kräftiger, dröhnender Stimme. »Glauben Sie, Sie können mich dazu verleiten, Gottes Willen in Frage zu stellen? Ich bin sein Werkzeug. Lauras Seele wartet auf die restlichen Opfer. Nur noch zwei. Dann werden wir alle frei sein, Dr. Court. Nicht vor dem Tod muß man sich fürchten, sondern vor der Verdammnis. Ich werde nach Ihnen Ausschau halten«, versprach er in fast demütigem Ton. »Ich werde für Sie beten.«
    Als sie das Klicken am anderen Ende der Leitung hörte, blieb Tess völlig reglos sitzen. Hell und klar, fast zum 249
    Greifen nah, leuchteten die Sterne am Himmel. Auf der Straße fuhren in gemächlichem Tempo Autos vorbei. Die Laternen warfen ihr Licht auf den Bürgersteig. Sie sah niemanden, fragte sich jedoch, während sie vor dem Fenster saß, ob sie von jemandem gesehen würde.
    Kalter, klebriger Schweiß bedeckte ihre Stirn. Sie nahm ein Papiertaschentuch vom Schreibtisch und wischte ihn sorgfältig ab.
    Er hatte sie gewarnt. Sie war sich nicht ganz sicher, ob er sich dessen überhaupt bewußt war, doch er hatte sie nicht nur angerufen, um sie um Hilfe zu bitten, sondern auch, um sie zu warnen. Sie würde die nächste sein. Mit zitternden Fingern faßte sie sich an die Kehle, wo sich vor kurzem noch das Halsband befunden hatte. Sie vermochte nicht zu schlucken.
    Ganz langsam und vorsichtig schob sie den Stuhl zurück und stand auf, um vom Fenster wegzukommen. Gerade als sie den Vorhang zuziehen wollte, klopfte es an der Wohnungstür. Von panischer Angst befallen, wie sie sie noch nie empfunden hatte, taumelte sie gegen die Wand.
    Entsetzt blickte sie im Zimmer umher und suchte nach einer Waffe, einem Platz, wo sie sich verstecken konnte, einem Fluchtweg. Sie riß sich zusammen und streckte die Hand nach dem Telefon aus – 911. Sie brauchte nur die Nummer zu wählen und ihren Namen und ihre Adresse anzugeben.
    Doch als es erneut klopfte, blickte sie zur Tür und sah, daß sie vergessen hatte, die Kette vorzulegen.
    Blitzschnell rannte sie durchs Zimmer, stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Tür und fummelte an der Kette herum, die auf einmal zu groß zu sein schien und nicht mehr in den Schlitz passen wollte. Halb schluchzend schaffte sie es schließlich doch.
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    »Tess?« Wieder klopfte es, diesmal lauter und
    fordernder. »Tess, was ist los?«
    »Ben. Ben, o mein Gott!« Als sie die Kette wieder entfernen wollte, waren ihre Finger noch ungeschickter.
    Beim ersten Versuch rutschte ihre Hand am Türknauf ab.
    Dann riß sie die Tür auf und warf sich Ben in die Arme.
    »Was ist denn los?« Er merkte, wie ihre Finger sich in seinen Mantel krallten, als er versuchte, sie ein Stück zurückzuschieben. »Bist du allein?« Instinktiv legte er die Hand an seine Waffe, während er umherblickte und nach

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