Verlorene Träume (Windham-Reihe, Band 3) (German Edition)
schrie.
„Himmel!“, rief Anna Parker, die rittlings auf ihr saß und einen Kerzenständer in Form einer nackten Meerjungfrau wie eine Waffe umklammert hielt. „Was schleichst du hier herum?“, verlangte sie zu wissen.
Rose schlug das Herz bis zum Hals, und sie konnte kaum atmen.
„Ich schleiche nicht herum! Ich … habe ein Geräusch gehört und gedacht, es sei Alex … äh, Lord Hatfield.“
Anna sah ihr misstrauisch in die Augen, erhob sich aber.
„Hatfield ist nicht hier! Gott weiß, wo er sich herumtreibt – vielleicht war ihm dein Bett nicht mehr gut genug“, schimpfte sie boshaft und stemmte die Fäuste in die Hüften.
„Meine Damen! Dies ist weder die rechte Zeit noch der rechte Ort für so etwas“, wurden sie von Griffin unterbrochen, der missfällig dreinschaute.
Rose zuckte erschrocken zusammen. Sie hatte ihn nicht kommen hören, war aber froh, nicht länger mit Donovans Verlobter allein zu sein. Schnell stellte sie sich neben ihn und stimmte ihm zu.
„Richtig, Griffin. Ich wollte nur etwas Milch holen, als dieses Geheul …“ Rose zögerte. Es war außer Annas wütendem Schnauben nichts mehr zu hören. „… nun, ich denke, ich kann nun einschlafen. Gute Nacht, Miss Parker. Griffin.“
Im Davongehen hörte sie die beiden sprechen.
„Euer Nachtgewand ist ja ganz staubig, Miss Parker“, bemerkte Griffin.
„Hatfields Flittchen und ich stürzten zu Boden. Ein Geräusch weckte mich, und so folgte ich ihr. Ich hielt sie für einen Einbrecher und überwältigte sie“, verteidigte sie sich.
Rose ging unauffällig weiter und bog um die Ecke, wo sie sich flach an die Wand drückte und wartete. Sie war nun zu weit entfernt, noch etwas zu verstehen, aber kurz darauf erkannte sie Griffins schlurfenden Gang. Er kam auf sie zu und ging an ihr vorbei, ohne sie zu bemerken. Rose tippte ihm auf die Schulter.
„Griffin, pssst – ich bin es.“
„Rose, Mädchen – willst du einen alten Mann zu Tode erschrecken?“, schimpfte er, fasste sich ans Herz und klopfte dann schnell einen Staubfleck von seinem Hosenbein.
„Nein, bitte entschuldige. Weißt du, wo Lord Hatfield steckt?“, fragte Rose und versuchte, die Bilder aus ihrem Kopf zu verdrängen, wie jemand Alex’ leblosen Körper neben den Gebeinen von Enrico Donovan verschwinden ließ.
„Natürlich. Er geht einem Hinweis nach. Er hat mir von dem Brief erzählt, den er gefunden hat, und sagte, er wolle Mister Carter befragen. Ich erwarte ihn morgen Abend zurück.“
„Danke, Griffin. Ich habe mir schon die schlimmsten Sachen ausgemalt. Dieses Haus und seine Geister machen mich wahnsinnig.“
„Geh nun ins Bett, Mädchen. Nicht, dass tatsächlich noch etwas geschieht.“
Nach einer schlaflosen Nacht, geplagt von unerfüllter Sehnsucht, einer ungemütlichen Matratze und der ganz banalen Angst, mit einem Mörder unter demselben Dach zu schlafen, hatte es sich Rose schon sehr früh in der Küche gemütlich gemacht. Eine Kanne Tee und eine Scheibe Brot mit Honig hatten ihre Laune gerade ein wenig gebessert, als Lorna hereinkam.
„Deine Zeit ist abgelaufen! Du gewöhnst dich besser schnell daran, die Nächte wieder in deiner Kammer zu verbringen, denn des Bluthundes Bett ist jetzt vergeben“, höhnte sie und grinste boshaft.
„Was meinst du damit?“, fragte Rose und sandte ebenso böse Blicke zurück.
„Sieh doch selbst“, erwiderte Lorna kalt und fing an, Kartoffeln zu schälen.
Rose unterdrückte einen Fluch und lugte zur Tür hinaus. Die Halle füllte sich, und gut gekleidete Herren standen in einer Gruppe zusammen. Griffin scheuchte die Dienstmädchen umher und gab harsche Anweisungen.
„Was ist da los?“, fragte Rose leise.
„Der König und sein engstes Gefolge“, erklärte Lorna. „Und Lady Blythe Livingston, die Geliebte des Bluthundes .“
Rose spürte, wie ihre Knie weich wurden. Sie spähte zurück in die Halle, und da war sie. Langes, dunkelblondes Haar, ein smaragdgrünes Kleid mit einem eng geschnürten Mieder, aus dem beinahe der Busen quoll, und ein gekonnt mit Farbe in Szene gesetzter Schmollmund. Rose hätte am liebsten laut geflucht. Sie konnte nicht glauben, dass diese Frau Alex’ Mätresse war. Wie sollte sie gegen so viel Anmut ankommen?
Es war absurd, sich darüber auch nur Gedanken zu machen, das wusste Rose, aber ihr war klar: Sie würde Alex nicht kampflos aufgeben!
Griffin kam auf die Tür zu, und Rose wich schnell einen Schritt zurück.
„Rose!“, rief er. „Du bringst Lady
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