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Verlorenes Spiel

Verlorenes Spiel

Titel: Verlorenes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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sagte er und schüttelte den Kopf. »Aber manchmal
habe ich sie ihn anblicken sehen und dabei das Gefühl gehabt, daß er ihr
vielleicht doch nicht so gleichgültig war, wie sie nach außen hin tat.«
    »Als
ich noch ein Kind war«, sagte ich, »gab es diese Groschenautomaten mit der
Tafel darüber, auf der stand: >Was der Butler sah.< Ich hab’ immer
gedacht, es sei ein Witz gewesen.«
    »Man
sieht eine Menge«, sagte er. »Aber normalerweise kümmert man sich nicht um
anderer Leute Angelegenheiten, Lieutenant.«
    »Wenn
sich nicht gerade ein Mord ereignet«, stimmte ich ihm zu. »Wenn ich mich nur um
meine eigenen Angelegenheiten kümmern würde, wäre ich bald arbeitslos. Für
einen Butler sehen Sie eigentlich ziemlich jung aus.«
    »Ich
bin beinahe fünfzig«, sagte er und lächelte.
    »Sie
sehen gut in Form aus. Das Butlerdasein muß Ihnen zusagen.«
    »Ich
versuche, im Training zu bleiben«, sagte er. »Ich war ein ganz guter
Leichtathlet, als ich jung war, Lieutenant.«
    »Haben
Sie je ein Bäumekletterturnier gewonnen?«
    »So
eines wie gestern abend nicht«, sagte er kalt. »Ist das alles, Sir?«
    »Im
Augenblick«, sagte ich und ging zum Healey.
    Auf
dem Weg nach Hause hielt ich vor einem Restaurant, verzehrte einen Hackbraten
und anschließend ein Stück Heidelbeerkuchen. Es gibt Zeiten, in denen ich im
Grund meines Herzens nichts anderes bin als der Junge vom Lande, der nichts
anderes im Kopf hat als das Essen und den Frühling. Wenn man sich’s genau
überlegt, geht’s mir eigentlich die meiste Zeit so.
    Es
war Viertel vor drei, als ich Gene Carsons Büro erreichte. Sein Empfangsmädchen
trug einen hautengen Pullover über einem Himmelfahrtsbalkon, den man gesehen
haben mußte, um zu glauben, daß so etwas überhaupt möglich ist. Und eine dazu
passende Himmelfahrtsnase.
    »Mr.
Carson empfängt niemanden ohne vorher vereinbarten Termin«, sagte sie voller
Herablassung. »Wollen Sie mir bitte Ihren Namen hierlassen?«
    »Ein
guter Gedanke«, sagte ich. »Wenn man ihn die ganze Zeit mit sich herumtragen
muß, wird er einem wirklich manchmal zu schwer.«
    Ihre
Augenbrauen zuckten für den Bruchteil einer Sekunde, dann entschloß sie sich,
meine Bemerkung überhört zu haben. »Mr. Carson hat am Donnerstagvormittag eine
freie halbe Stunde. Würde Ihnen das passen?«
    »Wenn
ich sie geschenkt kriege, nehme ich sie«, sagte ich. »Wissen Sie was? Ich
glaube, Sie sind ein völlig anderes Mädchen, wenn Sie abends nach Hause kommen
und Ihre Balkonstütze abnehmen.«
    Ihr
Mund öffnete und schloß sich einige Male. »Machen Sie, daß Sie ’rauskommen«,
stotterte sie, »bevor ich die Polizei rufe.«
    »Dienst
am Kunden ist unser Motto«, sagte ich und ließ meine Marke vor ihr auf den
Tisch fallen. »Sagen Sie Carson, daß ich hier bin und nicht warten kann, bis er
am Donnerstag eine halbe Stunde frei hat. Mein Name ist Wheeler. «
    Sie
sah völlig verblüfft aus, als sie den Telefonhörer abhob. Dann gab sie Carson
eine stark zensierte Version meiner Mitteilung durch und hängte wieder auf.
    »Mr.
Carson erwartet Sie, Lieutenant.« Ihre Wangen waren einen Augenblick lang von
Röte übergossen. »Vielleicht meinen Sie’s gar nicht so unverschämt, wie es
klingt«, sagte sie.
    »Unverschämt
hin, unverschämt her, Darling«, sagte ich. »Ich möchte Sie unter gar keinen
Umständen hier mit einem falschen Eindruck sitzenlassen. Wie wär’s mal mit
einem gemeinsamen Abendessen irgendwann — in Ihrer Wohnung? Und ich werde
versuchen, Sie nicht zu enttäuschen.«
    »Mr.
Carsons Büro — die zweite Tür links, bitte.« Der Unterton von Herablassung war
in ihre Stimme zurückgekehrt.
    Das
Büro atmete jene Atmosphäre von Erfolg, die man bei einem erfolgreichen
Rechtsanwalt erwarten kann. Jedermann außer mir scheint seinen eigenen
Direktionsschreibtisch zu haben. Das einzige äußerliche Symbol meiner sozialen
Stellung ist mein Austin Healey, der jetzt zwei Jahre alt ist, und an dem ich
immer noch sechs Raten abzuzahlen habe. So tröste ich mich an dem Gedanken, daß
ich die Zigarette für >echte Männer< rauche und mir vielleicht nächste
Woche auch einmal den Handrücken tätowieren lasse. Wie die Matrosen in der
Reklamesendung meiner Zigarettenfirma.
    »Setzen
Sie sich, Lieutenant«, sagte Carson schroff. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Kannten
Sie Alice Randall recht gut?« fragte ich.
    Er
runzelte die Stirn. »Vermutlich — ich bin der Familie seit langem verbunden.«
    Ich
nahm den zusammengefalteten

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