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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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verfolgten sie weiterhin ihre jeweiligen Tätigkeiten, die offensichtlich mit solcher Präzision aufeinander abgestimmt waren, dass nicht ein Einziger untätig zu sein schien. Aus der Nähe konnte man erkennen, dass die Kreaturen nicht nur mit ihren Krallen Boden und Bäume bearbeiteten, sondern dass sie an kurzen Holzstielen befestigte Keile aus einem rötlichen Gestein als höchst effektives Werkzeug einsetzten. Das Trommeln der winzigen Steinbeile hörte sich an, als wäre eine ganze Heerschar von Spechten über den Baum hergefallen. Ein unablässiger Strom der Waldwesen war gerade dabei, mit den abgetrennten Ast- und Wurzelstücken des eben gefällten Baumes die Lichtung zu verlassen. Gleichzeitig trafen stetig neue Arbeiter ein, die die abwandernden ersetzten.
    Barat versuchte, sich mit der gebührenden Vorsicht durch dieses Meer an Betriebsamkeit zu schlängeln, musste aber des Öfteren innehalten, wenn ihm auf zahllosen Schultern wogende Äste den Weg versperrten oder ihn das Treiben dieser eifrigen Lebewesen einfach nur nötigte, staunend zu verharren. Dieses zögernde Fortkommen gab Rai immerhin die Gelegenheit, seinen Freund einzuholen. Obwohl er Barat zu gerne mit einigen auserlesenen Beschimpfungen bedacht hätte, wagte er nicht, inmitten dieser wogenden Schar seine Stimme zu erheben. Indes verhielten sich die Wurzelbälger trotz seiner Bedenken noch immer völlig neutral den Eindringlingen gegenüber, als hätten sie diese als ungefährlich oder nicht der Mühe wert eingestuft. Ohne sich zu vergewissern, dass Rai ihm gefolgt war, schloss sich Barat nach der etwas mühsamen Überquerung der Lichtung dem Strom der Arbeiter an, die das Holz tiefer in den Wald hineintransportierten. Hier war das Fortkommen wesentlich einfacher, da alle Wurzelbälger sich entlang einem breiten Pfad zwischen den Bäumen bewegten. Dabei war es den Gefährten jedoch unmöglich, das hohe Tempo der flinken Wesen zu halten. Stattdessen lief stetig ein wurzelfarbener Strom aus wimmelnden Kreaturen an ihnen vorbei, in deren gestaltloser Masse das geschlagene Holz zu treiben schien wie in einem Fluss.
    Barat hatte schlichtweg die Neugier gepackt. Natürlich war auch ihm nicht ganz wohl dabei, sich in einer solch unüberschaubaren Zahl vollkommen unbekannter Lebewesen zu bewegen. Er hatte viel gesehen in seiner Zeit bei der Armee, und so manches war absonderlich oder gar abstoßend gewesen. Während sich viele seiner Kameraden jedoch kaum für die Welt außerhalb des Heerlagers interessiert hatten, war Barat stets von den fremden Ländern, durch die sie marschiert waren, und ebenso sehr von deren Bewohnern fasziniert gewesen. Oft hatte er es bedauert, nicht mehr Zeit außerhalb seines Zuges verbringen zu können, aber auch in diesem Fall hatte er einen Rat seines Kommandanten beherzigt: »Beginne nie, dich für das zu interessieren, was du bekämpfst!« Letztendlich war er immer nur in all jene unbekannten Länder gekommen, um Krieg zu führen, wodurch er den Bewohnern allenfalls als Feind auf dem Schlachtfeld gegenübergestanden hatte. Und weil er schon so viele Regionen der Ostlande auf diese unerfreuliche Weise kennen gelernt hatte, war es nun an der Zeit, die Welt auf andere Art zu erfahren. Diesmal war er nicht als Soldat gekommen, nicht als Zerstörer oder Eroberer. Diesmal war er nur ein Forschungsreisender – so wollte er sich zumindest gerne sehen. Er würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, einen raschen Blick unter den Schleier der Geheimnisse dieser Welt zu werfen.
    Nach etwa einer Stunde waren Barat und Rai schließlich alleine auf dem Waldweg unterwegs, der sie stetig tiefer in das versteckte Tal hineinführte. Nachdem es lange Zeit so ausgesehen hatte, als würde der Zug der wieselflinken Holzträger nie ein Ende nehmen, kehrte nun, da der letzte Wurzelbalg auf dem gewundenen Pfad aus ihrem Blickfeld verschwunden war, wieder bewegungslose Stille ein zwischen den hoch aufgeschossenen Stämmen der allgegenwärtigen Bäume.
    Die Freunde gingen schweigsam nebeneinanderher, jeder Gefangener seiner eigenen Gedanken. Der Weg verlief nun ständig bergauf, und irgendwo zu ihrer Rechten gurgelte noch immer der Fluss in seinem tief gefurchten Bett. Es war schwer zu beurteilen, wie lange sie so wanderten, denn von den hohen Baumkronen über ihren Köpfen schien Zeit und Sonnenlicht gleichermaßen abgeschirmt zu werden. Zu diesem Ort des Zwielichts drang die umgebende Welt nicht vor. Schließlich, nach einer

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