Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
besten Willen nicht vorstellen, warum Tarana ihm in irgendeiner Weise Zuneigung entgegenbringen sollte. Was er allerdings um alles in der Welt verhindern wollte, war, dass jemand erkannte, welche Gefühle er für Tarana hegte. Um zu verbergen, wie es wirklich um ihn stand, musste er nun besonders hart zu der Kriegerin sein.
»Also gut.« Er zog sein aufwendig gearbeitetes Schwert, das Maralon schon im Krieg getragen hatte. »So sei es! Zeig, ob du es wert bist, dich mit mir zu messen.«
Tarana ergriff ebenfalls ihr Schwert, das ungleich schlichter war als das Artons, während über ihr Gesicht ein Wechselspiel der Gefühle zog. Scham, Zorn, Verunsicherung, Hoffnung und Angst konnte man darin lesen. Doch all das verblasste rasch, als sie dem kräftigen Krieger nun mit einem entschlossenen Schritt entgegentrat. Nur noch gespannte Konzentration blieb auf ihrem Gesicht zurück.
Arton senkte sein Schwert ein wenig, um ihr zu zeigen, dass er ihr die erste Attacke überließ. Die beiden Kämpfer umgab erwartungsvolles Schweigen. Dann wurde die Ruhe durch das Zischen des ersten Hiebs durchschnitten. Klingend trafen die Waffen aufeinander. Taranas Schlag war wohlplatziert, doch Arton wehrte ihn fast beiläufig mit einer Drehung zur Seite ab. Er ließ Tarana noch einige ähnliche Angriffe führen, die er alle ebenso leicht abfing wie den ersten. Nach einer Weile, Arton war noch keinen Schritt zurückgewichen, erwiderte er einen ihrer Schläge mit solcher Wucht, dass sie zwei Schritte nach hinten stolperte. Nun ergriff Arton die Initiative und begann, Tarana mit wuchtigen Schlägen vor sich herzutreiben. Tarana versuchte sich, so gut es ging, zu wehren, doch Artons Kraft war sie einfach nicht gewachsen. Bald war sie völlig erschöpft, ging bei dem einen oder anderen Hieb in die Knie, während die Zuschauer inzwischen halblaut riefen, dass Arton den Kampf doch endlich beenden sollte. Aber Arton wusste, dass er heute gegenüber Tarana gnadenlos sein musste, wenn er zeigen wollte, dass er keine anderen Empfindungen für sie hatte als die eines Meisters für seine Schülerin. Dabei tat es ihm im Herzen weh, sie auf solche Weise in Bedrängnis bringen zu müssen, aber dies war nicht der richtige Augenblick, um auf sein Herz zu hören. Nicht mehr lange und er würde sie besiegen.
Doch er hatte sich getäuscht, wenn er glaubte, Tarana würde sich so einfach zu Boden kämpfen lassen und aufgeben. Verbissen focht sie und versuchte, die Wucht seiner Hiebe durch ihre Gewandtheit auszugleichen. Der Kampf dauerte schon länger, als es Arton lieb war. Immer wieder erhob sich seine Gegnerin, wenn sie schon auf den Knien war, und es gelang ihm nicht, sie zu entwaffnen. Manchmal täuschte sie ihn sogar mit einer Finte oder wich einem Schlag so geschickt aus, dass er ins Gras hieb und beinahe stolperte. Es war wie ein exotischer Tanz, dessen zerstörerische Eleganz sowohl die Kämpfenden wie auch die Zuschauer völlig in ihren Bann schlug.
Die Sonne stand bereits knapp über dem Dach der Kriegerschule, als es so aussah, als könne sich Tarana nicht länger aufrecht halten. Nach einem gewaltigen Schlag Artons ging sie in die Knie und vermochte nicht mehr aufzustehen. Sie wehrte sich nur noch schwach, als Arton von oben her weiter auf sie einschlug. Arton war nicht etwa wütend auf Tarana, sondern er musste es jetzt einfach zu Ende bringen, um seine Ehre zu wahren. Tatsächlich war seine Bewunderung für Tarana mit jedem Augenblick, den sie auf den Beinen blieb, ständig gewachsen. Mit einer schnellen Drehbewegung seiner Klinge hebelte er endlich der knienden Tarana das Schwert aus der Hand. Sie fiel schwer keuchend vor ihm auf den Rasen.
Normalerweise hätte er ihr nun sein Schwert an die Kehle gesetzt, um zu zeigen, dass er den Kampf mit ihrem Tod beenden könnte. Aber in ihm brodelten so viele widerstreitende Gefühle – Ärger, Bewunderung, Beschämung, Stolz –, dass er ganz gegen seine Gewohnheit, ohne zu überlegen, sein Schwert zu Boden gleiten ließ und selbst schwer atmend der völlig erschöpften Tarana seine Hand reichte. Sie bückte zu ihm auf und ergriff vorsichtig die ihr gebotene Stütze. Aber mit einer Gewandtheit, die ihr keiner der Umstehenden mehr zugetraut hätte, drehte sie sich am Boden, zog Arton an seinem Arm nach vorn und schlug ihm mit dem Bein die Füße unter dem Körper weg. Arton kippte vornüber wie eine gefällte Eiche. Tarana packte in derselben Sekunde sein Schwert. Arton rollte sich ungeschickt ab, und
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