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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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dich mir nicht? Wenn ich schon nichts anderes sein kann, möchte ich dir wenigstens ein Freund sein.«
    Artons Mundwinkel umspielte ein sanftes Lächeln. »Ich habe noch nie einen Freund gebraucht, warum sollte es mich jetzt danach verlangen?«
    »Jeder Mensch braucht einen Freund, auch du! Aber ich will mich dir nicht aufdrängen.« Sie zog ihre Hand weg.
    »Ich wollte dich nicht kränken!« Arton ergriff vorsichtig von Neuem ihre Hand. »Du bist stolz, das gefällt mir so an dir. Ich wollte damit nur sagen, dass ich es nicht gewohnt bin, jemandem zu vertrauen.«
    »Du meinst, du hast Angst, dich jemandem zu öffnen, weil du befürchtest, verraten zu werden. Aber ich werde dich niemals im Stich lassen, wenn du mir vertraust! Ich schwöre es bei allen Göttern, auch wenn du nicht an sie glaubst!« Sie sah ihm eindringlich in die Augen. Arton erwiderte ihren Blick. Es war wie in dem Moment nach ihrem Kampf am Tag zuvor. Die Welt versank um sie herum. Es war nichts mehr wichtig, außer ihnen beiden. Es gab nichts, was zwischen ihnen stand. Die Magie dieser Nacht begann, sie zu umschlingen wie ein unsichtbares Band. Ihre Geschicke wurden untrennbar miteinander verwoben.
    »Wenn ich dich so sehe, könnte ich sogar an die Existenz einer gütigen Göttin glauben.« Arton wunderte sich längst nicht mehr über seine eigenen Worte, die ihm noch vor wenigen Stunden unaussprechlich erschienen wären. Er betrachtete Tarana. Licht und Schatten spielten über ihre feinen Gesichtszüge. Ihre Haare fielen wie glänzendes Seidentuch auf das Bärenfell herab, das sie über die Schultern gelegt hatte. Ihre Augen spiegelten wie das weite Meer den Mond wider. Halb schüchtern, halb verspielt senkte sie ihren Blick. Ihr enges weißes Kleid spannte sich bei jedem Atemzug verführerisch, wobei es mehr betonte als verbarg. Sie strich ihr Haar zurück, sodass das Mondlicht silbrig die Linie ihres entblößten Nackens nachzeichnete. Arton schoss ein Prickeln durch jede Faser seines Körpers. Es wurde ihm zum ersten Mal bewusst, wie schön sie war. Es schien, als wäre die Göttin Bajula selbst zum Beweis ihrer Existenz vor ihm erschienen.
    »Weißt du«, flüsterte sie, mit dem Blick auf das Wasser gerichtet, »wie man bei den Istanoit die Liebe nennt?«
    Arton schüttelte den Kopf.
    »Es heißt, immer wenn zwei Liebende zueinander finden, dann erfüllt es die Göttin mit Freude, denn die Liebe ist ihr größtes Geschenk an die Menschen. Deshalb ist unser Wort für die Liebe ›Atenua Baja‹, was übersetzt ›Das Lächeln der Göttin‹ bedeutet.«
    Als sie ihn wieder anblickte, waren sich ihre Gesichter plötzlich ganz nah. Die Luft zwischen ihnen schien zu knistern, und diese Spannung entlud sich, als sich ihre Lippen berührten. Sie hatten gefunden, was manche Menschen ihr ganzes Leben lang suchten. Sie waren sich plötzlich so vertraut, als hätten sie sich schon immer derart nahe gestanden. Das Wunder dieser Nacht vereinte sie, und an irgendeinem fernen Ort lächelte die Göttin.

    Arton erwachte mit dem berauschenden Duft von Taranas natürlicher Wildheit in der Nase. Sein Gesicht lag ganz nah bei ihrem, und er nahm noch einmal ihren vertrauten und doch noch so fremden Geruch in sich auf. Erst dann öffnete er die Augen, um in das fahle Licht des neuen Tages zu blinzeln. Die Sonne stand schon ein gutes Stück über dem Horizont, war jedoch hinter den Nebelschwaden, die sich über das Meer die Küste hinauftasteten, nur als eine diffuse, helle Scheibe zu erkennen. Arton fröstelte. Er zog das Bärenfell über sich und Tarana und genoss die Wärme, die sie ausstrahlte. Sie atmete regelmäßig. Arton fand sie jetzt bei Tag betrachtet, wie sie so in absoluter Unschuld und Verletzlichkeit dalag, noch schöner als jemals zuvor. Ein neues Gefühl erfüllte ihn, wärmer als die Strahlen der Sonne, süßer als Honig, ein Gefühl, das er noch nie in seinem Leben in dieser Vollkommenheit hatte empfinden dürfen: Er war glücklich. Nichts, keine seiner bisherigen Pläne und Hoffnungen, schien ihm nun mehr wichtig, außer mit Tarana zusammen zu sein. Es war ihm in diesem Moment völlig unverständlich, warum er mit solcher Besessenheit einem Schwert nachjagte, das ihm nicht zustand, nur um damit sein Verlangen nach Ruhm und Anerkennung zu stillen. Allein, es war nur ein flüchtiger Augenblick, in dem Arton so dachte. Es war ein Augenblick, in dem er in sein tiefstes Inneres blickte, wo die Liebe zu Tarana kristallklar wie ein Tautropfen funkelte.

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