Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
Lüge«, brüllte er den zum Teil dicken Wurfgeschossen hinterher. Wieder schnappte er sich eines der Folianten und warf es den anderen nach.
»Sie haben uns belogen und betrogen. Von wegen, es gibt nur ein Leben.« Seine Stimme nahm einen tiefen, knurrenden Ton an. Weitere Schriftrollen flatterten herum. »Es gibt nicht nur ein Leben. Es gibt nicht nur eine Welt. Er zeigte mir es.«
Belothar, der wie die anderen, den Tumult unschwer überhören konnte, suchte Celena auf. Besorgt forderte er sie auf, dem Treiben des Rotschopfs ein Ende zu machen. In Windeseile war sie aus dem Becken gesprungen und hatte sich leichte Kleidung übergezogen. Nun stand sie inmitten eines Berges aus Pergamenten, Lederumschlägen und Bücherteilen. Eine Schriftrolle flatterte an ihr vorbei.
»Was hat er gezeigt«, versuchte sie im beruhigenden Ton ihren Geliebten anzureden, während sie ihre nackten Füße durch den Bücherhaufen koordinierte. Lutek blickte sie mit rotgeränderten Augen an.
»Er zeigte mir andere Welten. Zuerst verstand ich es nicht, bis ich begriff. Wir lagen mit allem falsch. Sie …« er deutete auf die Schriften und meinte damit die Hochrangigen Erhabenen. »Sie lagen falsch oder wussten sogar davon und haben die Menschen bewusst hinters Licht geführt.« Er sog tief die Luft ein.
»Panera ist eine Welt von unzählig Vielen. Sie schweben und kreisen zwischen den Sternen in der Finsternis. Es ist schwer zu beschreiben, wenn man es nicht mit eigenen Augen sieht.«
Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. »Alles was die Häuser des Schöpfers lehren, ist gelogen. Mein ganzer Glaube bis dahin, ist eine einzige Lüge«, tobte Lutek außer sich vor Zorn.
»War es tatsächlich für dich eine Lüge?«, fragte Celena. »War es nicht so, dass du für dich selbst anders glaubtest, als das, was die Erhabenen erzählten. Ich erinnere mich, dass du, bevor du das wusstest, was du jetzt weißt, sagtest, dass der Schöpfer uns nicht verlassen hatte. Und du sagtest, wir wären nicht alleine.«
»Kennst du die Wahrheit über Karmaste?«, schrie Lutek ihr mit erzürnter Stimme entgegen. Sein Antlitz gerötet, in den Augen der Glanz von Tränen. »Es war nicht ihr General, der sie verraten hatte. Sie hat den Göttlichen verraten, als er sie zu sich nahm. Seine Liebe zu ihr war zu groß. Karmaste zerbrach daran und wandte sich gegen ihn. Sie war niemals an seiner Seite. Das Schlimmste, ich hatte an die Braut des Schöpfers geglaubt.«
Celena hatte aufmerksam zugehört und suchte bedächtig die richtigen Worte an Lutek.
»Wir wissen nicht, was aus ihr geworden ist. Es ist keine Lüge, wenn du an die Frau glaubst, was sie war, bevor sie sich abwandte. Denn einst trat sie für ihn ein.«
»Was ist der Glaube wert, der auf Lügen aufgebaut ist?«, fragte Lutek unbeeindruckt von dem, was Celena sagte.
»Komm!«, sagte sie, ohne Antwort darauf zu geben.
»Das Wasser im Becken ist bestimmt noch warm. Es wird dich beruhigen. Wir können dort weiterreden.«
Sie nahm ihren Geliebten an der Hand, zog ihn durch den Bücherhaufen aus dem Gang hinaus und dirigierte ihn in den Waschraum. Ohne Worte zog sie ihn aus und bugsierte den nackten ansehnlichen Mann in das Wasserbecken hinein. Lutek wurde schnell in dem warmen umsäuselnde Wasser ruhiger. Celena kniete am Rand des Beckens, schöpfte das Wasser in einem Gefäß und goss es ihm langsam über Rücken und Bauch.
»Er will das wir glauben«, beantwortete sie endlich die Frage Luteks.
Der junge Mann im Wasser vor ihr presste die Lippen aufeinander.
»Woran sollen wir glauben, wenn alles andere Lüge ist?«, flüsterte er mit krächzender Stimme.
»Einander! An uns.«
Lutek nickte. »Ähnliches sagte er auch. Wir sollten die Liebe nicht in einem Gott suchen, sondern in den Nächsten neben uns.«
»Genau! Das ist es, an was wir glauben sollen. Die Liebe zum Nächsten.«
Luteks Züge nahmen einen milderen Ausdruck. Er dankte ihr mit einem matten Lächeln. »Und es ist gleich, was wir sind. Wir haben uns entschlossen zusammen zu sein«, meinte er.
»Du meinst, es ist nicht unser Schicksal, das uns auferlegt wurde? Wir haben uns das Schicksal selbst ausgesucht?« Sie schüttelte den Kopf. »Ist es nicht eher so, dass wir den freien Willen haben, den Weg des Schicksals, welches uns bestimmt ist, auszusuchen?«
»Liebes. Ich sagte einmal zu dir, du bist das Geschenk des Göttlichen. Erinnerst du dich?«
»Sicher erinnere ich mich.« Celena blinzelte.
»Vielleicht waren es mehr als nur
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