Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
Menschen und Zwerge. Denn das, was ihr jetzt seid, besonders Lutek, der ein Kind des Schöpfers ist, kann die derzeitige Weltordnung zerstören.«
Feine Schneeflocken fielen in diesem Moment herab. Die osgosainische Hüterin blinzelte hinaufschauend in das Gestöber hinein.
»Ich bin nicht das einzige Kind in dieser Runde. Celena ist ebenfalls eines der Kinder«, murmelte Lutek bedrückt und wandte seinen Blick von seiner Liebsten ab. Er schabte unsicher mit seinen Stiefeln, während er zu Boden blickte. Völlige Stille herrschte unmittelbar rundherum.
Wie einst Lutek, der sie geschupst hatte, drängte sie diesen gegen einen großen Steinblock, welcher sich hinter dem Rotschopf befand. Sie stellte sich vor ihm, stützte ihre Hände gegen den Stein und keilte ihn somit zwischen ihren Armen ein.
»Was hast du gerade von dir gegeben?«, raunzte sie ihn an.
Ihr Gesicht nahe dem seinen. Unsicher, ob er ihn ihre Augen blicken sollte, wandte er sein Gesicht ab. Er schluckte, doch seine Augen wurden glänzend nass.
»Du bist eines seiner Kinder. Hast du ihm nicht zugehört? Er sagte es«, flüstertet er.
Celena s Blick ging ins Leere. Sie löste sich von dem Stein und gab Lutek frei, blieb jedoch weiter vor ihm stehen. In ihrem Gehirn wirbelte es und langsam kam ihr die Erkenntnis, dass die Ereignisse zusammenhängend einen Sinn ergaben. Und da gab es etwas anderes, was ihr dämmerte. »Dann sind wir …« Sie schluckte die Worte hinunter.
»Wir sind Bruder und Schwester«, beendetet Lutek den Satz.
Ein Seufzen klang aus der Runde hinter ihnen heraus. Belothar verschränkte unmittelbar seine Hände hinter dem Kopf und wandte sich ab.
»Abartiger kann es nicht gehen, oder?«, knurrte er unwirsch.
»Seid still« fauchte Celena zu ihm hinüber.
Kommentare solcher Art waren für sie gerade in diesem Moment ziemlich unpassend.
»Wie ihr wünscht. Ich stehe hier drüben, solltet ihr mich brauchen« sagte er auf seine tollpatschige sarkastische Art und blickte ins Tal hinein.
Celena fixierte mit forschenden Blick die hellblauen Augen ihres Gefährten. Sie fand nicht die Spur einer Unwahrheit. Alles, was er gesagt hatte, war wahr. Ihre Augen blieben auf seinen haften. Ihm stieg peinlich berührt von intimer Entblößung vor den anderen, die Röte in sein Gesicht.
»Unserer Seelen«, begann er flüsternd. »Sie waren einmal eins, bevor er sie teilte. Sie lebten seitdem in Kindern von unterschiedlichen leiblichen Eltern. So erzählte er es mir. Unserer Seelen sind … sind Gefährte, Geliebte aber auch Geschwister. Die Geschichte, die ich dir erzählte ist, wahr.«
Sie ließ schweigend von ihm ab. Auf ihrer Stirn standen tiefe Furchen. Was sollte noch alles geschehen? Allein diese eine Erkenntnis würde für immer alles ändern. Es war einem Hammer gleich, der mit tosendem Schlag von einem Moment auf den anderen, ihre feste Überzeugung zerschlug. Zwei Kinder waren gefunden und sie selbst war eines von ihnen. Über das Weitere gab es für sie genug Zeit nachzudenken, während sie reisten. Es war an der Zeit von diesem Berg zu verschwinden, dachte sie.
Ohne auf weiteres Drachengezücht, die Lutek Derkoys nannte, zu stoßen, konnten sie das Tal mit dem Tempel und der Gruft Karmastes verlassen. Der lange Rückmarsch nach Rotstein verlief meist stumm und schweigend. Jeder für sich war voller Gedanken und hatte einen Berg von Fragen, deren Antworten möglicherweise nie erfolgen würden.
Kapitel 10
Angestrahlt von den Flammen der Fackeln und Feuerschalen auf den Mauergängen wirkte die Burg in der Dunkelheit wie eine mysteriöse Erscheinung. Selbst im Innern drückte dieser mystische Eindruck, der als unsichtbarer Geist durch die Ritzen des Gemäuers zu kriechen schien, eine schwermütige Stille hervor.
Celena hatte den Raum mit dem Wasserbecken in Beschlag genommen. Ein Bad, so dachte sie, würde ihr sicherlich gut tun. In der Wärme des Wassers liegend, das ihren nackten Körper umspülte, versuchte die junge Frau diesen Augenblick zu genießen. Es gelang ihr nicht. Wieder und wieder kehrten Gedanken zu ihr zurück, die sie ins Grübeln brachte.
Lutek hatte nach der Ankunft in Burg Rotstein, die Bibliothek aufgesucht. Tag und Nacht verbrachte er mittlerweile dort und las eine Schrift der Schöpferhäuser nach der anderen. Bis ihn der gärende Wutausbruch einholte. Vor Zorn bebend, schleuderte er die gelesenen Bände, Bücher, Folianten und Schriftrollen durch den großen Raum.
»Alles, alles, was sie schrieben ist, eine
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