Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
aufklaffende Brust gesunken. Der Schnitt führte bis zum Schritt. Teile der Innereien hingen aus der nunmehr offenen Bauchhöhle wie kuriose Stücke herab. Unter ihm lag der Rest der Eingeweide als blutig fleischiger und wabbeliger Haufen.
»Beim Schöpfer« wiederholte Belothar schockbeladen.
»Was immer für den Sieg nötig ist«, raunte Terzios daraufhin.
»Das? Das hat nichts mit Sieg zu tun« erboste sich der König.
»Wie man es nimmt! Die einen trachten nach dem Sieg der Vernichtung des Feindes, die anderen suchen den Sieg zur größeren Macht. Morco hat sich für das Letztere entschieden.«
Sich dazu zwingend, schritt Belothar unterhalb des Gehängten Magiers. Angewidert und halb würgend blickte er nach oben in das Gesicht des alten Magiers. Wo einst die Augen waren, sahen ihn klagende Höhlen an. Sie hatten ihm die Augen ausgestochen. Selbst davor hatten die Täter keinen Skrupel. Es schüttelte ihn unweigerlich.
Sofort ließ er seinen Blick in eine andere Richtung schweifen.
Die Augen blieben auf dem Arbeitstisch haften.
Hatte Celena nicht darüber berichtet, dass unzählige Fläschchen und alchemistische Gegenstände auf diesem Tisch herumstanden? Folianten und Notizen hatte sie ebenfalls erwähnt. Nichts davon war zu sehen.
Sie hatten alles mitgenommen. Er wandte sich zu Terzios um, den blutigen Anblick ignorierend.
»Ihr und Celena sprachen von einem Heilmittel, richtig?«
»Das stimmt. So wie es aussieht, haben sie es mitgenommen. Ich frage mich was sie damit vorhaben, wenn sie eigentlich ihr Machtpotenzial beibehalten wollen?«
»Das ist doch offenkundig«, mischte sich Kelthran ein. »Eine erpresserische Waffe gegen andere San-Hüter, um sie sich für ihren Zweck gefügig zu machen.«
»In eurer Überlegung spricht was Wahres. Letztendlich können wir nur vermuten. Wir wissen nichts über ihre Gründe«, meinte Terzios.
Belothar begann, unruhig hin und her zu schreiten. In seinem Gesichtsausdruck breitete sich ungewöhnliche Leere aus.
Als König war er gezwungen, etwas zu tun. Nur was? Diesen Morco jagen? Vermutlich ein sinnloses Unterfangen, sollte, wie Terzios berichtete, er tatsächlich in der Lage sein, die Horsocks herbei zurufen. Sie wären zu viert kaum in der Lage diese Übermacht zu überstehen. Die Hilfe seiner Armee wäre eine Möglichkeit gegen die Hüter vorzugehen. Der Umstand, dass er als König ebenfalls ein San-Hüter war, würde allerdings zu einem Bürgerkrieg ausarten. Einem Krieg, in dem sich jeder gegen jeden wandte.
»Ich bin mir unschlüssig darüber, was wir unternehmen sollen, Terzios.«
»Wir sollten wie gehabt zur Burg Rotstein. Dort können wir mit Celena weitere Entscheidungen besprechen. Anderseits, wenn ihr an einen Angriff denkt. Es gibt eine Möglichkeit.«
»Meint ihr die Assassinengilde?«, fragte Belothar unsicher über diesen Gedanken.
»Nein! Einen Trumpf hab ich ebenfalls in Händen. Es gibt eine alte Freundin, die mir noch einen Gefallen schuldet.«
* * *
Diesmal war es nicht schwer, die Bruderschaft davon zu überzeugen, die befreiten Gefangenen in ihr Dorf zurückzubegleiten. Die übrigen Dorfbewohner waren vom Glück regelrecht übergeschäumt. Man sah ihnen die Erleichterung an, dass es jemand endlich wagte, in dem verhassten Landhaus aufzuräumen. Celena fühlte, wie ihr Hass langsam in Freude umschlug.
Sebyll, noch immer in ihrer wahren Gestalt des Grypos, versteckte sich derweil im anliegenden Wald zwischen den Bäumen. Selbst wenn die Bewohner dankbar für ihre Rettung waren, brauchte niemand von ihrer Existenz erfahren.
Nachdem Celena sich vergewissert hatte, das die Flüsternden Brüder ihre Anweisung gewissenhaft durchgeführt hatten, begab sie sich zu Sebyll und Lutek. Zusammen warteten sie auf die Nacht.
Lutek schlief mittlerweile neben ihr.
Auf einem Grashalm kauend, starrte Celena grübelnd zu dem Anwesen hinüber, welches zwischen den Bäumen zu sehen war.
Dieser Hüter, der sich Morco nannte, war ein menschliches Monster. Das für den Orden bedeutungsvolle Motto konnte keine Entschuldigung sein, für das was er und seine Männer taten. Und doch … ihr Pflichtbewusstsein basierend darauf, hatte sie blind werden lassen. Sie griffen zu jedem erdenklichen Mittel. Selbst wenn Unschuldige zu Tode kamen, sprachen sie immer davon, es für den Sieg zu tun.
Celena schüttelte unwillig ihr Haupt.
Nichts rechtfertigt solche Maßnahmen, egal wie die Dinge standen. Kämpften sie nicht eigentlich gegen ihre eigene Furcht? Zerstörte man nicht die
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