Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
besonders hatte er ein Auge auf seine Kinder. Morco seufzte.
»Es wäre einfacher gewesen«, murmelte er.
Doch nach reiflicher Überlegung musste er zugeben, dass die Befreiung seine Vorteile hatte. Sein Neffe an der Seite seiner selbst ernannten Beschützerin war mehr wert als ein zerstörter Lutek. Ein Reines, von Liebe erstrahltes Herz machte die Seele viel wertvoller und mächtiger, für das, was er mit ihr vorhatte.
Er bedachte traurig die getöteten Männer seiner Einheit, die im Kampf um die Befreiung Luteks fielen. Sie waren unumgänglich die Opfer für den Sieg. Genau das waren die Worte in der Satzung des Ordens. So sollte es sein und er neigte dazu, dem zu folgen. Nur der Sieg zählte. Was oder wer dafür geopfert wurde, ließ sich dahin gehend nicht vermeiden. Doch er fühlte wie jedes Leben, welches er über diese Order hinweg zerstörte, mehr und mehr seine Menschlichkeit dahinschwinden ließ.
Sein Blick blieb auf das Fläschchen mit dem Heilmittel haften, das er bei Adelus gefunden hatte. Er nickte zufrieden.
Ein zusätzlicher Anreiz, um ihn aufzusuchen. Es galt einfach nur warten, bis sie kamen. Wie es auch enden mochte, er erreichte so oder so sein Ziel. Das war gewiss, denn sie hatten nicht die geringste Ahnung. Sie hatten nicht den kleinsten Ansatz, welcher ihnen andeuten konnte, um was es tatsächlich ging.
Morco hielt in seinen Gedankengängen inne.
Es gab etwas, was ihn in diesem Moment bewusst wurde.
Seine Miene verdüsterte sich.
Morena. Sein Kind war ein Teil seines Planes und ihm kamen plötzlich Bedenken, was sie anging. Sie war unberechenbar. Folgte seine Tochter einer Schuld, weil man ihr einst half, die alte Hexe Thiamet aus ihrem Leben zu tilgen? »Möglich«, knurrte Morco in sich hinein.
Es konnte aber mehr dahinter stecken, was er nicht erkennen konnte. Noch nicht. Er legte das Fernsichtgebilde zurück und wandte sich um.
»Wir werden sehen«, brummelte er erneut. »Allzu lange wird es nicht mehr dauern. Sie mussten es verstehen. Konnten sie es verstehen?«
* * *
Der Irrsinn des geschäftigen Treibens auf dem Markt Thelerms wurde von dem Geschrei der Standbesitzer untermalt. Gedränge an den Ständen und die schweißbeladenen Ausdünste, die sich in der Nase festsetzten, war nichts für jene, die den Geruch der Wildnis mochten.
Kindergeplärre und das vielstimmige Gemurmel der Gespräche von Besuchern versuchten, den Lärmpegel der Marktschreier zu übertönen. Eine Strapaze für so manche Ohren.
Celena blieb an dem einen oder anderen Stand stehen, an dem sie besonders hübsche Dinge sah. Selbst Sebyll sah sich hier und da Brauchbares an. Lutek, Belothar und Terzios hatten die Schmiedestände in Visier. Kelthran hielt sich mürrisch von dem Gedränge fern, während Thorgrim Ausschau nach einer Taverne voller Bier hielt.
Das eigentliche Ziel der Gruppe war jedoch die unmittelbare Nähe des Piers, zu dem sie langsam hinschlenderten. In den Briefen Jasthars konnten sie nachlesen, dass sich der ominöse Zwerg tatsächlich irgendwo im Hafenviertel Thelerms aufhielt.
Zu Thorgrims Freude betraten sie für weitere Informationen eine Taverne. Der Innenraum war schmutzig und verkommen. Die Gerüche, die ihnen entgegenströmten, waren nicht vergleichbar mit denen auf dem Markt. Einzelne des hölzernen Mobiliars sahen aus, als ob sie jeden Moment zusammenbrachen.
Manche der Gestalten, die mehr oder weniger ihr ganzes Leben hier verbrachten, saßen wie festgewurzelt auf ihren Stühlen. Am Tresen stand ein dickbäuchiger, schmieriger Mann, der sich Wirt nannte und in einer freien Ecke ertönten die schrägen Töne eines Barden.
»Sehr stimmungsvoll«, blökte Terzios angewidert. Er hatte darauf bestanden, das Belothar nicht in diese Spelunke eintrat. Ein König an diesem Ort ziemte sich nicht.
»Ich kümmere mich um den Wirt«, gab er bekannt. »Ihr könnt euch in der Zwischenzeit umschauen und den Gesprächen der anderen zuhören.«
»Sehr gut!«, merkte Lutek an, dem seine Miene verdeutlichte, dass er sich nicht hier wohlfühlte. »Eine meiner leichtesten Übungen.«
Mit Celena steuerte er geradewegs auf einen noch stabil aussehenden Tisch zu. Begleitet von Thorgrims grölender Ruf nach Bier, setzten sie sich vorsichtig auf die dazugehörenden Stühle.
»Ich möchte von dir etwas wissen, Celena«, sagte Lutek geradeheraus, die Gelegenheit ergreifend. Die Angesprochene hob eine Braue und signalisierte ungeteilte Aufmerksamkeit ihrem Geliebten gegenüber.
»Isande! Hast du … hast du
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