Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
Gehirn bis zu den Zähnen alles enthalten war. Es war weder blutig noch tropfte Sekret davon ab. Es bestand in Wahrheit lediglich aus einem Material, das leicht für Nachbildungen zu gebrauchen war und darauf hatte man in Details die Organe eingezeichnet. Gleich daneben lag ein Berg von Büchern, Folianten und haufenweise Pergamentrollen. Einige waren auf dem Tisch ausgebreitet und auf ihnen war der menschliche Körper in jeglicher Form und Haltung aufgezeichnet. Auf anderen erkannte man aufgezeichnete Formeln und Figuren an dessen Rändern Zaubersprüche notiert waren.
»Was ist das alles hier?«, fragte Belothar zwischen Erstaunen und Entsetzen hin und her gerissen.
»Es wird euch nicht gefallen«, lächelte Deirdre. »Wenn mich nicht alles täuscht, würdet ihr meinen Bruder und mich Blutmagier nennen.«
»Ja! In der Tat!«
»Dann sind wir uns in der Hinsicht einig. Wobei ich sagen muss, dass ihr keinerlei Ahnung von Magie habt. Und noch weniger wisst ihr davon, worum es bei der Magie wirklich geht«, bekundete die Ladenbesitzerin, bevor Belothar sich überhaupt äußern konnte.
»Magie fordert unsere Kräfte und schwächt uns ebenso wie ein schneller Lauf durch den Wald oder das Hauen und Stechen eines Schwertkampfes«, fuhr sie mit ihrer Belehrung fort.
Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und musterte den jungen König.
»Die Energie ist ein Werkzeug und jedes Lebewesen trägt es in sich. Blutmagie wird daher als Kraft von völlig verzehrend Magieform angesehen. Aber es gibt andere, die sich auf das Blut selbst konzentrieren können.«
»Ich sehe darin kein Unterschied.«
»Ich meine das Blut in uns, im menschlichen Körper. Wir untersuchen ihn. Wir forschen nach seinen Stärken und Schwächen. Wir studieren die Organe, die Funktion, wie wir atmen und das wichtigste den Blutkreislauf.«
»Was ist das nun wieder?«
»Das Blut, das in uns fließt, wird vom Herzen in die Adern gepumpt. Immer wieder und immer wieder. Wie, wenn ihr beständig im Kreis lauft.« Sie verschnaufte kurz in ihrer Lehrstunde. »Solche Studien wie ihr sie hier seht, sind von den Häusern der Schöpfung verboten. Aus diesem Grund wissen nur wenige davon.«
»Ich danke für die ausführliche Berichtserstattung, würde jedoch gerne zu unserem Anliegen zurückkommen«, unterbrach Belothar freundlich.
»Der Zwerg hatte mit eurem Bruder über eine Sache gesprochen. Jasthar wollte herausfinden, wie man ins Jenseits gelangt, ohne zu träumen oder zu schlafen.«
»Ich muss in den Schriften meines Bruders nachschauen. Er ist mit diesen Dingen, was die Seele betrifft besser bewandert. Das ist zu dumm, das er nicht hier ist.«
Sie wühlte den Berg von Schriftrollen durch und hob ihr Haupt kopfschüttelnd an.
»Wenn ich nur wüsste wo er steckt, könnte er mit euch reden. Seit Tagen habe ich ihn nicht zu Gesicht bekommen.«
»Das hörte sich nicht gut an.«
Belothar und Sebyll tauschten sich Blicke aus. Beide ahnten dasselbe. Ein Dämon, der Interesse an dem Zwerg hatte, aufgrund seiner Suche nach der Möglichkeit ins Jenseits zu gelangen, konnte durchaus auch an dem Magier interessiert sein.
* * *
Seit Tagen folgten sie der Spur Terzios, der scheinbar ohne Ziel kreuz und quer durchs Land zog. Zuletzt hatte sie zu Burg Rotstein geführt. Dort teilte man Jeamy mit, das er mit seiner Gruppe weitergezogen war. Der Weg, den sie genommen hatten, war mehr ein steiniger Pfad. Völlig ungeeignet für ihre Pferde. Er schlängelte sich durch eine von purer Wildnis umgebene Berglandschaft in stetiger Richtung des Gebirges, das am Horizont zu erkennen war.
Der trübe Himmel verweigerte der Sonne den Zutritt auf die Erde und gab dem Wald, der die Reiter umgab, eine düstere Dunkelheit.
Jeamy, die voranritt, hob unerwartet ihre Hand, sodass ihre Schar stehen blieb. Vor sich, unweit im Dickicht schimmerten grünleuchtende Augen. Schemenhaft sah die Hüterin die dazugehörige Gestalt eines Tieres, welches sich langsam rückwärts bewegte.
Es glich dem eines Wolfes, der in die Dunkelheit zurückwich, um wenige Augenblicke später zwischen den Kiefernbäumen aufzutauchen. Sein Körper schob sich weiter aus dem Schatten heraus und entpuppte sich als weitaus größer als die Wölfe, die bekannt waren. Dieser war gigantisch und sein Fell schneeweiß.
Mit starrem Blick auf Jeamy verharrte er abwartend.
Dagos, ein gestandener Mann im mittleren Alter und kantigen Zügen, die von einer langen Narbe bis zum Haaransatz zerteilt wurde, schwang sich von seinem Pferd
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