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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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Vaters stellen.
    Als er aber am nächsten Morgen aufwachte, sah er etwas, das sein Herz zutiefst erschreckte. Am Fensterrahmen seines Zimmers hing in einem kleinen geflochtenen Käfig ein Ichneumon, jener kleine Fresser-der-Krokodileier, den er von Kindheit an als seinen persönlichen Gott verehrte. Der winzige Mungo war unverletzt, drehte und wandte sich aber verzweifelt in der Enge seines kleinen Gefängnisses und wurde immer unruhiger, weil der Käfig durch seine Bewegungen in der Luft schaukelte und er auf dem Korbgeflecht des Bodens keinen rechten Halt fand.
    Um den Hals und um die rechte Vorderpfote des Tieres waren rote Leintuchstreifen lose geknotet. Was das zu bedeuten hatte, war klar. Amotju zwang sich, tief und regelmäßig zu atmen, um seine Angst im Zaum zu halten und sein rasendes Herz zu beruhigen; er schnitt den Käfig ab und nachdem er dem Tier vorsichtig die Leinenstreifen abgenommen hatte - Anbetung schützt nicht vor Bissen -, trug er es zum Fluß hinunter und ließ es dort laufen, wobei er darauf achtete, daß niemand ihn sah. Danach teilte er seinem Flaushalt mit, daß er noch am selben Tag abreisen und das Kommando über die Pracht-des-Amun übernehmen werde. Nur wenige Leute wußten von seinem selbsterwählten Gott und wie sie ihn darüber treffen konnten. Wenn diese Leute mächtig genug waren, eine Warnung ins Herz seines Hauses zu tragen, dann waren Vorsicht und Respekt angebracht. Amotjus Instinkt befahl ihm, für eine Weile zu verschwinden, aber es würde ein strategischer Rückzug werden. Egal, wer es auch war, dessen Feindschaft er auf sich gezogen hatte, er mußte ans Licht getrieben und bekämpft werden. Amotju dachte nicht daran, zu weichen. Auf der Flußfahrt hatte er entschieden, sich Zeit zum Nachdenken zu nehmen und zu überlegen, wen von seinen Freunden er um Hilfe bitten könnte. Daß er in der Stadt des Horizonts angelegt hatte, war kein reiner Zufall gewesen. Er hatte Huy nicht vergessen; schon als Kind, als sie beide denselben Lehrer gehabt hatten - Huys Vater und der alte Ramose waren Freunde gewesen und hatten Schwestern geheiratet -, war der kleine zukünftige Schreiber ein Problemloser gewesen. Den Gerüchten nach zu urteilen, hatte diese Neigung im Laufe der Jahre nicht nachgelassen. Amotjus Informanten hatten ihm berichtet, daß Huy des öfteren unbewußt, aber alles andere als überraschend die Wut seiner Vorgesetzten geweckt hatte, weil er falsche oder ungerechte Entscheidungen nicht fraglos akzeptieren konnte. Nur weil er äußerst diskret und umsichtig an einigen Fäden gezogen hatte, war es ihm gelungen, seinen Freund vor dem Verbannungsurteil zu bewahren, das gleich nach dem Tod des Pharao Semenchkare empfohlen worden war.
    »Wer, glaubst du, ist hinter dir her?« Huy hatte so viel von der Geschichte gehört, wie Amotju bereit war, ihm zu erzählen, und dabei hatte er beobachtet, wie das Westufer des Flusses vorüberzog und kleine Knäuel weißer Dörfer und Palmenhaine den grünen Streifen unterbrachen. Jetzt wandte er sich seinem Freund zu. Es war Mittag, und sie saßen mittschiffs unter einer Plane. Von den Steuerleuten abgesehen, hatte sich die Mannschaft vor der Sonne verkrochen. Der Wind hatte nachgelassen, das Segel flatterte mißmutig, und die Barke kam nur langsam gegen die Strömung voran.
    »Die Grabräuber wohl kaum. Ich glaube, sie haben nicht mal gemerkt, daß wir da waren.«
    »Aber es muß einen Zusammenhang geben. Hast du irgend jemanden gesehen, nachdem du aus dem Tal zurückgekommen warst und bevor du zu Bett gingst?«
    »Nein.«
    Huy war das winzige Zögern in der Antwort seines Freundes nicht entgangen. »Ich baue auf unsere lange Bekanntschaft: Bist du allein ins Bett gegangen?«
    »Ja.«
    »Ist das nicht ungewöhnlich?«
    »Nein. Meine Frau und ich haben nichts mehr miteinander zu tun. Sie führt den Haushalt, beaufsichtigt die Geschäftskonten und ist glücklich dabei. Und ich brauche nicht jede Nacht eine Konkubine. Wenn ich es getan hätte, dann hätte ich sie vor dem Schlafengehen weggeschickt.«
    »Laß mich einen Moment nachdenken.« Huy wandte den Blick wieder dem Flußufer zu; er tat es langsam, um den Freund nicht zu kränken. Seine Gedanken galten ihm selbst.
    Er bekam hier eine Arbeit angeboten, und sein Herz war dankbar für diese Anstellung, wie eine durstige Gazelle in der Wüste dankbar ist für das Wasserloch in einer Oase. Aber es war ein seltsamer Auftrag.
    Er sah ein, daß es nichts für die Medjays war; deren untere

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