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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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er. Sie schien die Grausamkeit sogar zu genießen, wenn sie sich ihm unterwarf, wie er es verlangte. Warum also hatte er Angst vor ihr? Warum zügelte er sich? War es nur die Angst, sie zu verlieren? Heute abend hätte er sich fast der Frage gestellt, die er schon so lange vermied: Warum konnte er sich ihr nur auf diese Weise nähern
    - ihr und allen anderen Frauen? Mit diesem kleinen Spiel von Herrschaft und Unterwerfung, das sie spielten...Er wußte, daß er noch kein Gespräch mit ihr geführt hatte und sie -abgesehen vom Sex - kaum kannte. Nie hatte er versucht, ihre Gedanken zu ergründen -und stets hatte er, wenn er überhaupt darüber nachdachte, behauptet, daß sie ihn nicht interessierten. Jetzt fühlte er wider Willen in seinem Herzen den Verdacht, er könne vielleicht Angst haben vor dem, was er erfahren könnte - über Mutnofret und über sich selbst.
    Und noch ein Verdacht unterhöhlte sein gewohntes streitbares Selbstbewußtsein: der, daß er sie verliere. Bei jeder Begegnung wirkte sie mehr und mehr in sich selbst zurückgezogen; es kam vor, daß sie ihn nicht anschaute, so als gäbe es ihn gar nicht. In solchen Situationen mußte er ihr noch größere Schmerzen zufügen, konnte aber dennoch nicht zu ihr durchdringen. Das Gefühl, das dabei in seinem Herzen erwachte, war Rechmire unerträglich. Es war ein ungewohntes Gefühl und eines, das er sich unmöglich eingestehen konnte. Wenn er ihm einen Namen hätte geben müssen - was er nie tun würde —, hätte er es Verzweiflung genannt. Was war der Name für die Angst davor, sie zu verlieren? Liebe?
    Er durfte sich solche halbvollendeten Fragen in seinem Herzen nicht eingestehen. Sein Herz war von Kindheit an gewohnt, Angriff als beste Form der Verteidigung zu sehen und politische Macht und materiellen Vorteil als besten Schutz vor Spott und Herablassung.
    Jetzt wandte sie sich ihm zu, und er straffte sich erwartungsvoll, obwohl sie ihn immer noch nicht wahrzunehmen schien. Sie war wie eine Gestalt in einem Traum. So stand sie da und begann mit träger Langsamkeit, sich zu entkleiden; feste braune Glieder und breite Schultern kamen unter den Falten jungfräulich weißen Leinens auf eine Weise zum Vorschein, die ebenso aufreizend wie unschuldig wirkte. Sein Blick streichelte die sanfte Kurve ihrer Hinterbacken; seine Kehle wurde trocken, und in seinen Zähnen vibrierte es. Dann trafen sich ihre Blicke, und zum ersten Mal schien sie ihn zu bemerken. Er las in ihren Augen, was er dort lesen wollte: Überraschung und verletzte Unschuld im Wettstreit mit der Erwartung schuldvoller Freuden. Sie war eine gute Schauspielerin. Er stand auf und umklammerte den Stock an seiner Seite.
    Danach legte er sich nie zu ihr. Meistens ging er sofort, denn für Zärtlichkeit war in seinen armseligen Liebesspielen kein Platz. Heute aber blieb er noch. Er wußte natürlich, daß alles ein Spiel und allein der Schmerz echt war, den er ihr zufügte, wenn er die Beherrschung verlor. Jetzt aber waren da diese neuen Gefühle, und Mutnofrets innere Teilnahmslosigkeit beunruhigte ihn. Er spürte ihren Blick auf sich, doch jetzt war es der desinteressierte Blick der Schauspielerin nach der Vorstellung. Sie wollte, daß er ging, damit sie baden, sich umziehen, seinen Geruch und die Erinnerung an ihn von sich abwaschen könnte - bis zum nächsten Mal.
    Diese Dinge hatten ihn nie zuvor gestört, waren ihm nie zuvor in den Sinn gekommen. Die Frage in ihren Augen war unmißverständlich: »Warum bist du noch hier?« Er fühlte, er mußte ihr antworten.
    »Du bist meine offizielle Mätresse. Meine anerkannte«, begann er, wichtigtuerisch nach Worten suchend.
    »Ja.«
    »Es würde meine Ehre und Stellung bedrohen, wenn du mein Vertrauen verrietest.«
    Schweigen. Verwunderung?
    »In einem solchen Fall würde ich Schritte unternehmen müssen, um meine Position zu wahren. Verstehst du?«
    »Ja.« Aber tonlos.
    »Verkehrst du mit anderen Männern?«
    »Auf diese Weise?«
    »Auf diese Weise.« Seine Stimme blieb fest.
    »Nein.«
    Er schaute ihr in die Augen, und nichts spiegelte sich dort wider. Er fühlte einen Schmerz in seinem Herzen und kämpfte weiter dagegen an, aber er wußte, daß der Schmerz siegen würde.
    »Es gibt niemanden außer dir«, sagte sie.
    »Ich bin entschlossen, dich zu behalten. Niemand anders wird dich bekommen.«
    Sie schlug züchtig die Augen nieder; er kam sich erst albern vor und ärgerte sich dann, weil diese Frau, die nicht einmal eine echte Eingeborene des

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