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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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Stadt. Sie saßen im oberen Zimmer seines kleinen Hauses; es überragte seine Nachbarn ein wenig, und so konnte man nach Westen über die Dächer zum Fluß und zum Tal und nach Osten bis zu den gelben Felsenklippen schauen, die den Horizont begrenzten. Er fragte sich, wie sicher er hier war. Er hatte keine Todesdrohungen mehr bekommen, vielleicht weil die, von denen sie kamen, glaubten, ihm genug Angst eingejagt zu haben. Andererseits mußte er Geld verdienen und würde dazu seine Deckung bald verlassen müssen.
    »Je früher, desto besser«, lachte Aset. »Dann kannst du dir diesen Bart abschneiden. Du siehst aus wie ein Hethiter!«

    Die Tage vergingen im Fluge, während die Südliche Hauptstadt den Empfang ihres neuen Herrschers vorbereitete - des ersten, der seit dem Tod des Nebmare Amenophis III. achtzehn Jahre zuvor hier residieren würde. Zweitausend Jahre lang hatte das Schwarze Land solchen Aufruhr nicht gekannt, und die Menschen in den Städten waren besorgt. Auf dem Land hatte sich nichts geändert, und vielen dort war gar nichts aufgefallen. In diesem Land waren die Jahre wie anderswo Tage. Im Westen und Osten von Wüsten, im Norden und Osten von Meeren, im Süden aber von unerforschten, grenzenlosen Wäldern im Zentrum der Welt gehalten, sonnte das Schwarze Land sich noch immer in dem Wissen zwei Jahrtausende langer unangefochtener und unerschütterter Macht. Selbst die schändliche Regentschaft des verrückten Königs Echnaton, die dem Land Schmach und den Verlust des Nordreiches gebracht hatte, war für das Herzland nicht lebensbedrohlich gewesen. Jetzt gab es ein neues Edikt. Haremheb hatte im Namen des neuen Königs verboten, den Namen Echnatons auszusprechen. Überall waren die Steinmetze dabei, den Namenszug aus den Monumenten herauszukratzen.
    Inmitten all dessen aber hatte Huy wenig Gelegenheit, sich der Trauer hinzugeben, die er wohl hätte empfinden können, weil die Ideale, die er unterstützt und an die er geglaubt hatte, verschwanden. Er mußte sich darauf konzentrieren, hier und jetzt zu überleben, so sehr er sich vielleicht nach einem neuen Land sehnte, wo die Saat des aufgeklärten Denkens, das sein alter König gepflegt hatte, wachsen konnte. Statt dessen beschäftigte er sich mit Rechmire, der anscheinend nichts anderes im Sinn hatte als die Tempelarbeiten.
    Er sah Aset seltener; sie fehlte ihm, und er hoffte, daß auch sie ihn vermißte. Aber um ihrer eigenen Sicherheit willen bestand er darauf, daß sie sich nur selten trafen. Manchmal jedoch kam sie unverhofft, und dann war er froh.
    »Es gibt Neuigkeiten«, sagte sie. Es war dringend. Sie hatten einander kaum begrüßt. »Es geht um Mutnofret.«
    Huy war sofort in Alarmbereitschaft. »Ist sie tot?«
    »Nein, aber sie wurde bedroht.«
    »Sie konnte wohl kaum weitermachen wie bisher, ohne bedroht zu werden. Wie hast du es erfahren?«
    »Von Amotju.«
    »Amotju?«
    »Ja. Er will, daß du ihm wieder hilfst.«
    »Aber du hast ihm nicht gesagt, wo ich bin?«
    »Nein.« Seit Huy sich versteckt hatte, wußte nur noch Aset, wo er sich aufhielt. »Es tut ihm leid, daß er dich verärgert hat - jetzt, wo er dich braucht, um Mutnofret zu helfen. Natürlich glaubt er, daß du noch in der Stadt bist -besser gesagt, er hofft es.«
    »Wenn ihm so viel an Mutnofrets Sicherheit lag, warum hat er sich dann mit ihr in der Öffentlichkeit sehen lassen?«
    »Vielleicht ist das eine Frage, die du ihr stellen kannst.«
    »Was meinst du damit?«
    Aset öffnete einen kleinen Leinenbeutel an ihrer Hüfte und holte einen steinernen Skarabäus hervor - eine schlichte, roh aus Kalkstein geschnittene Figur. Sie reichte sie ihm, und er atmete geräuschvoll ein, als er die einfache Inschrift sah.
    »Das ist der zweite, den sie bekommen hat«, sagte Aset. »Sie war es, die um deine Hilfe gebeten hat.«
    »Sonst ist nichts gekommen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wo ist sie?«
    »In ihrem Haus. Sie will dich sehen.«
    Huy sah Aset an. Sie mied seinen Blick, und er konnte ihre Miene nicht deuten.

    Mutnofret empfing ihn im selben Raum wie beim ersten Mal. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, das bis auf die Füße fiel und um die Taille von einem geflochtenen bunten Lederband mit Silberschnalle zusammengerafft wurde. Huy fiel auf, daß die Schnalle nicht aus Gold, sondern aus Silber war. Nichts Vulgäres für Mutnofret.
    Sie begrüßte ihn freundlich und unterließ, trotz ihrer Sorgen, keine der gesellschaftlichen Artigkeiten, die sie gelernt hatte; sie bot ihm

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