Vermächtnis
ansonsten guter Gesundheit mit 90 Jahren bei einem Autounfall ums Leben.
Kurzfristig steigt der Blutdruck, wenn man Angst hat, und auch bei starker körperlicher Anstrengung. Auf lange Sicht dagegen steigt er durch andere Faktoren an, insbesondere (aus Gründen, von denen noch die Rede sein wird) durch Salzkonsum und (bei uns in den westlich geprägten Gesellschaften, nicht aber bei traditionellen Völkern) mit dem Alter. Zum ersten Mal fiel der Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Bluthochdruck schon vor über 3000 Jahren auf; damals schrieb der chinesische Arzt Huang Ti Nei Ching Su Wein: »Wenn also große Salzmengen aufgenommen werden, wird der Puls steif und hart.« Kürzlich machte man Experimente mit Schimpansen, unseren nächsten Verwandten im Tierreich, die in Gefangenschaft lebten: Wenn sie eine »Purina Monkey Chow Diet« erhielten, die ihnen 6 bis 12 Gramm Salz pro Tag liefert (wie die westlich geprägte Ernährung der meisten modernen Menschen), lag ihr Blutdruck bei erfreulich gesunden 120 zu 50 , er stieg aber (ebenfalls wie bei modernen Menschen mit westlicher Ernährung) mit dem Alter an. Nach einem Jahr und sieben Monaten mit einer salzreichen Ernährung (rund 25 Gramm pro Tag) war der Blutdruck der Schimpansen auf rund 155 zu 60 angestiegen; damit litten sie, zumindest was den systolischen Wert anging, nach menschlichen Maßstäben an Bluthochdruck.
Dass der Salzkonsum bei uns Menschen Einfluss auf den Blutdruck hat, ist klar, zumindest was die Extreme einer sehr niedrigen und sehr hohen Salzaufnahme angeht. Im Rahmen des internationalen Projekts INTERSALT wurden Salzaufnahme und Blutdruck in den 1980 er Jahren mit Hilfe einer einheitlichen Methodik bei 52 Bevölkerungsgruppen aus der ganzen Welt gemessen. Die bereits erwähnte Gruppe mit der weltweit niedrigsten Salzaufnahme, die Yanomamo-Indianer in Brasilien, hatte mit erstaunlichen 96 zu 61 auch den weltweit niedrigsten durchschnittlichen Blutdruck. Die beiden Gruppen mit dem zweit- und drittniedrigsten Salzverbrauch, die brasilianischen Xingu-Indianer und die Bewohner des Asaro-Tals im Hochland von Papua-Neuguinea, lagen auch beim Blutdruck an zweit- und drittniedrigster Stelle ( 100 zu 62 und 108 zu 63 ). Diese drei Gruppen und mehrere andere Populationen aus der ganzen Welt mit traditioneller Lebensweise und niedrigem Salzkonsum zeigen ganz im Gegensatz zu den US -Amerikanern und allen anderen westlich geprägten Bevölkerungsgruppen auch mit zunehmendem Alter keinen Anstieg des Blutdrucks.
Das andere Extrem ist Japan: Es gilt unter Ärzten als »Land der Gehirnschläge«, weil tödliche Schlaganfälle dort fünfmal häufiger sind als in den Vereinigten Staaten und die führende Todesursache darstellen; auch hier besteht ein Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und dem berüchtigt salzigen Essen. Innerhalb Japans erreichen diese Faktoren ihren Höchststand in der Präfektur Akita im Norden des Landes, die für ihren schmackhaften Reis bekannt ist; die Bauern würzen ihn mit Salz, spülen ihn mit salziger Miso-Suppe hinunter und essen zwischen den Mahlzeiten salzig eingelegtes Gemüse. Von 300 untersuchten Erwachsenen aus Akita nahm keiner weniger als fünf Gramm Salz pro Tag zu sich (den Verbrauch von drei Monaten für einen Yanomamo-Indianer), der Durchschnittswert lag bei 27 Gramm, und der größte Salzliebhaber nahm unglaubliche 61 Gramm am Tag zu sich – genug, um das übliche 500 -Gramm-Paket aus dem Supermarkt in etwas mehr als einer Woche zu leeren. Der Rekordhalter aus Akita nahm an einem Tag so viel Salz zu sich wie ein durchschnittlicher Yanomamo-Indianer in drei Jahren und drei Monaten. Der durchschnittliche Blutdruck der 50 -Jährigen lag in Akita bei 151 zu 93 , das heißt, Bluthochdruck war der Normalfall. Wie nicht anders zu erwarten, lag die schlaganfallbedingte Sterblichkeit in Akita doppelt so hoch wie im japanischen Durchschnitt; in manchen Dörfern der Region starben 99 Prozent der Bevölkerung vor dem 70 . Lebensjahr.
Es sprechen also überzeugende Belege dafür, dass extreme Unterschiede im Salzkonsum auch große Auswirkungen auf den Blutdruck haben: Eine sehr niedrige Salzaufnahme führt zu sehr niedrigem Blutdruck, und eine sehr hohe Salzaufnahme hat sehr hohen Blutdruck zur Folge. Die meisten von uns ernähren sich aber weder so extrem wie die Yanomamo noch so extrem wie die Bauern von Akita. Viel wichtiger ist also für uns die Frage, ob auch mäßige Unterschiede im Salzkonsum, die in der
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