Vermächtnis
tugendhaft beseitigt. Die nächsten zwölf Prozent des Salzes sind von Natur aus in frischen Lebensmitteln enthalten. Bei den restlichen 76 Prozent dagegen handelt es sich um »verstecktes Salz«: Es wurde von anderen bereits den Lebensmitteln zugefügt, die wir kaufen – den verarbeiteten Lebensmitteln oder dem Essen im Restaurant, denen der Hersteller oder der Koch das Salz zugesetzt haben. Deshalb haben Amerikaner und Europäer (einschließlich meiner selbst) keine Ahnung, wie viel Salz sie tatsächlich zu sich nehmen, es sei denn, sie sammeln 24 Stunden lang ihren Urin. Auf den Salzstreuer zu verzichten, reicht nicht aus, um die Salzaufnahme drastisch zu vermindern: Man muss sich auch über die Lebensmittel informieren, die man kauft, und über die Restaurants, in denen man essen geht.
Verarbeitete Lebensmittel enthalten bedeutend größere Salzmengen als die entsprechenden, naturbelassenen Produkte. Im Vergleich zu frischem, ungesalzenem, gedämpftem Lachs beispielsweise enthält Lachs aus der Dose je Kilo die fünffache Salzmenge, und wenn man Räucherlachs im Laden kauft, ist darin zwölfmal so viel Salz enthalten. Die typische Fastfood-Mahlzeit – ein Cheeseburger mit Pommes frites zum Mitnehmen – enthält ungefähr drei Gramm Salz (ein Drittel der Menge, die ein Amerikaner im Durchschnitt am Tag aufnimmt), und hat damit den 13 fachen Salzgehalt eines ansonsten ähnlichen, selbst zubereiteten, ungesalzenen Hacksteaks mit Bratkartoffeln. Weitere verarbeitete Lebensmittel mit besonders hohem Salzgehalt sind Corned Beef in Dosen, verarbeiteter Käse und geröstete Erdnüsse. Was für mich überraschend war: Die größte Quelle für Salz in der Nahrung sind in den Vereinigten Staaten und Großbritannien die Getreideprodukte – Brot, andere Backwaren und Frühstückscerealien, also Lebensmittel, die wir in der Regel nicht für sonderlich salzig halten.
Warum setzen die Lebensmittelhersteller ihren Produkten so viel Salz zu? Unter anderem liegt es daran, dass man auf diese Weise billige, ansonsten ungenießbare Lebensmittel nahezu zum Nulltarif essbar machen kann. Ein weiterer Grund liegt darin, dass Fleisch, dem man mehr Salz zusetzt, auch mehr Wasser bindet, so dass man das Produktgewicht auf billige Weise durch gebundenes Wasser um 20 Prozent steigern kann. Der Hersteller braucht also weniger Fleisch einzusetzen und erhält für ein »Kilo« Fleisch den gleichen Preis, obwohl dieses in Wirklichkeit nur aus 83 Prozent des ursprünglichen Fleisches und 17 Prozent gebundenem Wasser besteht. Drittens bestimmt Salz auch wesentlich über den Durst mit: Je mehr Salz man verzehrt, desto mehr Flüssigkeit nimmt man zu sich, aber Amerikaner und Europäer trinken vor allem Limonaden und Wasser aus Flaschen, und viele dieser Produkte werden von denselben Unternehmen vertrieben, die uns auch die Durst erzeugenden salzigen Knabbereien und verarbeiteten Lebensmittel verkaufen. Und schließlich sind die Verbraucher mittlerweile süchtig nach Salz, so dass sie salzige Lebensmittel gegenüber ungesalzenen bevorzugen.
Betrachtet man die Herkunft des aufgenommenen Salzes in Ost- und Südasien sowie in vielen Entwicklungsländern, ergibt sich ein anderes Bild: Hier stammt das Salz zum größten Teil nicht aus verarbeiteten Lebensmitteln oder Restaurantgerichten, sondern es wird dem Essen im Haushalt der Verbraucher zugesetzt. In China beispielsweise werden 72 Prozent des konsumierten Salzes während des Kochens oder am Tisch zugegeben, und weitere acht Prozent stammen aus salziger Sojasoße. In Japan handelt es sich bei den Hauptquellen des aufgenommenen Salzes um Sojasoße ( 20 Prozent), salzige Miso-Suppe ( 10 Prozent), gesalzenes Gemüse und Obst ( 10 Prozent), frischen und gesalzenen Fisch ( 10 Prozent), und das Salz, das in Restaurants, Fastfood-Läden und zu Hause zugegeben wird ( 10 Prozent). Das ist der Grund, warum der Pro-Kopf-Salzverbrauch in vielen asiatischen Ländern bei über zwölf Gramm am Tag liegt. In Entwicklungsländern kommt zu dem Salz, das beim Kochen zugegeben wird, noch das Salz aus Saucen, Gewürzmischungen und eingelegten Lebensmitteln hinzu.
Die hohen Kosten für die Volkswirtschaft, die Bluthochdruck, Schlaganfall und andere mit Salz in Verbindung stehende Krankheiten in Form von Arzt- und Krankenhauskosten sowie durch den Verlust von Arbeitskräften verursachen, waren mittlerweile für manche Regierungen ein Anlass, ihren Bürgern mit langfristig angelegten,
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