Vermächtnis
angesetzt …«
Allan Holmberg (Nomads of the Long Bow, S. 89 )
: »Die Mengen, die [von den Siriono-Indianern in Bolivien] gegessen werden, wenn sich die Gelegenheit bietet, sind beträchtlich. Es ist nicht ungewöhnlich, dass vier Personen bei einer einzigen Mahlzeit ein ganzes, 27 Kilo schweres Warzenschwein vertilgen. Wenn Fleisch reichlich vorhanden ist, verzehrt ein Mann in 24 Stunden bis zu 13 Kilo. Einmal aßen zwei Männer in meiner Gegenwart an einem einzigen Tag sechs Klammeraffen, die jeweils viereinhalb bis sieben Kilo wogen, und abends beklagten sie sich noch, sie hätten Hunger.«
Livio Ciprino (The Andaman islanders, S. 54 )
: »Sich zu reinigen, bedeutet für die Onge [auf den Andamanen im Indischen Ozean], dass man sich anmalt, um böse Geister abzuwehren und, so sagen sie, um den Geruch des Schweinefetts nach den ungeheuren Orgien zu beseitigen, die auf eine besonders gute Jagd folgen. Dann ist der Gestank sogar ihnen zu viel. Auf diese Orgien, von denen sie tagelang widerwärtige Verdauungsstörungen bekommen, folgt eine anscheinend instinktive Umstellung der Ernährung auf rohes oder gekochtes Gemüse. Zwischen 1952 und 1954 war ich dreimal bei solchen feierlichen Schweine- und Honigorgien anwesend. Die Onge aßen fast bis sie platzten, und dann, als sie sich kaum noch bewegen konnten, reinigten sie sich mit einer großen Malaktion.«
Ebenda, S. 117
: »Wenn die Flut zurückgeht, fängt man die Schwärme [der Sardinen] an den Riffen, die sich rund um die Insel ins Meer erstrecken. Die Onge lassen alles stehen und liegen, um mit den Kanus von einem Tümpel zum nächsten zu fahren und die Boote bis zum Überlaufen zu füllen. Das Wasser ist mit Fischen nahezu gesättigt, und die Onge machen immer weiter, bis sie nichts mehr haben, in das sie die Fische füllen könnten. So etwas wie dieses riesige Gemetzel habe ich sonst nirgendwo auf der Welt gesehen. Auf den Andamanen sind die Sardinen ungewöhnlich groß; manche wiegen ein halbes Kilo oder mehr … Männer, Frauen und Kinder arbeiten fieberhaft, wühlen mit den Händen in der Masse aus Fischen, so dass sie noch tagelang danach riechen … Alle kochen und essen zur gleichen Zeit, bis sie (vorübergehend) nicht mehr weiteressen können; der übrige Fang wird auf improvisierte Gestelle gelegt, unter denen Feuer aus grünem Holz viel Rauch erzeugen. Ein paar Tage später, wenn alles weg ist, beginnt die Fischerei aufs Neue. So geht es wochenlang weiter, bis die Fischschwärme an den Inseln vorüber sind.«
Unter solchen traditionellen Bedingungen mit Mangel und Überfluss waren Personen mit einem sparsamen Genotyp im Vorteil: Ihr Organismus konnte in Zeiten des Überflusses mehr Fett speichern, verbrannte in mageren Zeiten weniger Kalorien und konnte deshalb Hungerperioden besser überleben. Bis vor sehr kurzer Zeit müssen unsere moderne Angst vor Übergewicht und Diätkliniken den meisten Menschen lächerlich vorgekommen sein, sind sie doch das genaue Gegenteil dessen, was traditionell sinnvoll war. Die Gene, die uns heute anfällig für Diabetes machen, dürften uns früher geholfen haben, Hungersnöte zu überleben. Ganz ähnlich verhält es sich mit unserem »Geschmack« für süße oder fettige Lebensmittel und Salz: Er disponiert uns heute, wo wir solche Geschmackswünsche so leicht befriedigen können, zum Diabetes und Bluthochdruck, früher jedoch war er ein Leitfaden für die Suche nach kostbaren, seltenen Nahrungsmitteln. Wie beim Bluthochdruck, so fällt auch hier die evolutionäre Ironie auf. Für diejenigen unter uns, deren Vorfahren den Hunger in den Savannen Afrikas über Jahrtausende am besten überlebten, besteht heute die größte Gefahr, im Zusammenhang mit dem Lebensmittelüberfluss an Diabetes zu sterben.
Die von Mangel und Überfluss geprägte Lebensweise, der traditionell alle Bevölkerungsgruppen folgten, führte zur natürlichen Selektion von Genen für einen sparsamen Genotyp, der uns unter solchen Umständen gute Dienste leistete, heute aber bei praktisch allen Bevölkerungsgruppen unter den modernen westlichen Bedingungen eines ununterbrochenen Lebensmittelüberflusses für eine Neigung zu Diabetes sorgt. Aber warum erreicht die Diabeteshäufigkeit vor dem Hintergrund dieser Überlegung gerade bei Pima-Indianern und den Bewohnern von Nauru solche Rekordwerte? Nach meiner Vermutung liegt es daran, dass sie noch in der jüngeren Vergangenheit einer rekordverdächtig starken Selektion auf
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