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Vermächtnis

Vermächtnis

Titel: Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Staaten, die Semang-Jäger und Malay-Bauern auf der Malaiischen Halbinsel sowie zahlreiche Verbindungen von Jägern und Bauern in Indien, die jagenden Pygmäen und Bantu-Bauern in Afrika, aber auch die ebenfalls jagenden Agta und die benachbarten Bauern auf den Philippinen, die ich bereits beschrieben habe. Ähnliche Handelsbeziehungen bestehen auch zwischen Viehzüchtern und Bauern in vielen Teilen Asiens und Afrikas sowie in Afrika zwischen Viehzüchtern und Jägern und Sammlern.
    Für den traditionellen Handel spielen wie für seine moderne Form oftmals auch ungleich verteilte Fähigkeiten eine Rolle. Ein Beispiel sind die Bewohner der Insel Mailu vor der Südostküste Neuguineas, die praktisch ein Monopol auf Töpfereiwaren und seetüchtige Kanus hatten. Sie waren Gegenstand der Untersuchungen des Ethnographen Bronislaw Malinowski. Keramik wurde ursprünglich auch von den Bewohnern des nahe gelegenen neuguineischen Festlandes produziert, aber nachdem die Bewohner von Mailu herausgefunden hatten, wie man feinere, dünnere, stilistisch einheitliche Töpfe in Massenproduktion herstellen kann, erlangten sie ein Exportmonopol. Solche Töpfe waren sowohl für ihre Hersteller als auch für deren Kunden von Vorteil. Dünne Gefäße versetzten die Töpfer in die Lage, aus einer gegebenen Menge Ton eine größere Zahl von Töpfen zu produzieren, diese schneller zu trocknen und beim Brennen das Risiko einer Beschädigung zu vermindern. Die Verbraucher bevorzugten die dünnen Töpfe von Mailu, weil man weniger Brennstoff brauchte, um in ihnen zu kochen, und weil der Inhalt schneller siedete. Aus ganz ähnlichen Gründen erlangten die Inselbewohner von Mailu auch ein Monopol auf die Herstellung und den Betrieb hochseetüchtiger Kanus: Deren Bau war komplizierter und erforderte mehr Geschicklichkeit als die Konstruktion der einfacheren Kanus, mit denen die Festlandbewohner sich darauf beschränken mussten, kurze Fahrten in geschützten Küstengewässern zu unternehmen. Ähnlicher Produktionsmonopole erfreuten sich vor 1000  Jahren auch die chinesischen Porzellan- und Papierhersteller, bis die Geheimnisse ihrer Herstellungsmethoden irgendwann verraten oder nachgeahmt wurden. In unserer modernen Zeit mit Industriespionage und Wissenstransfer ist es schwierig geworden, Monopole über längere Zeit aufrechtzuerhalten. Dennoch erfreuten sich die Vereinigten Staaten für kurze Zeit (vier Jahre) eines Monopols auf die Herstellung von Atombomben (die wir nicht exportierten), und heute beherrschen die Vereinigten Staaten zusammen mit Europa den Weltmarkt für sehr große Passagierflugzeuge (die wir durchaus exportieren).
    Die letzte Form des traditionellen Handels hat heute kaum eine Parallele und wurde als »konventionelle Monopole« bezeichnet. Damit meint man den Handel mit einer Ware, die entweder einer der beiden Handelspartner oder beide sich beschaffen oder herstellen könnten, wobei aber eine Seite sich entschlossen hat, sich auf die Versorgung durch den anderen Partner zu verlassen und damit einen Vorwand zur Aufrechterhaltung der Handelsbeziehungen zu schaffen. Zu den Waren, welche die Dani von Dugum aus der Region von Jalemo erhielten, gehörten beispielsweise hölzerne Pfeile mit raffiniert gestalteten Federn und Verzierungen sowie Netzbeutel, mit deren Fäden leuchtende Orchideenfasern verwoben waren. Die Dani selbst stellten einfache, schmucklose Pfeile und Beutel her. Wenn sie einen Pfeil oder einen Beutel aus Jalemo vor sich hatten, konnten sie ihn durchaus nachmachen, denn dies erforderte keine besonders hohen Fähigkeiten im Schnitzen oder Weben. Stattdessen importieren sie aber weiterhin Pfeile und Beutel aus der Region Jalemo, aber auch Materialien aus dem Wald, die es in Jalemo in größerer Menge gibt als im Siedlungsgebiet der Dani. Dass die Dani das »konventionelle Monopol« der Jalemo auf verzierte Pfeile und Beutel anerkennen, ist für beide Seiten von Vorteil, denn es hilft ihnen, den Effekt von Schwankungen in Angebot und Nachfrage gering zu halten. Die Menschen von Jalemo erhalten auf diese Weise auch dann weiterhin Salz von den Dani, wenn der Ertrag an Waldprodukten vorübergehend sinkt, und die Dani können ihr Salz auch dann weiterhin an die Bewohner von Jalemo verkaufen, wenn ihr Bedarf an Waldprodukten vorläufig gedeckt ist.
    Kompliziertere konventionelle Monopole gibt es bei den Yanomamo-Indianern in Brasilien und Venezuela sowie bei den brasilianischen Xingu-Indianern. Jedes Yanomamo-Dorf könnte

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