Vermächtnis
bevölkerten, gerodeten Hochlandtäler lebte, exportierte an die Hochlandbewohner die Federn von Paradiesvögeln, die in den Wäldern der Daribi häufig vorkamen, und erhielt im Gegenzug Salz sowie polierte Steinäxte. Pygmäengruppen aus afrikanischen Regenwäldern exportieren Waldprodukte wie Honig, Wildfleisch und Pilze zu den Bantu-Bauern in ihrer Nachbarschaft und importieren von diesen, wie bereits erwähnt, Lebensmittel aus den Gärten, Gefäße, Eisengegenstände, Tabak und Alkohol. Die Inselbewohner in der Vitiaz-Straße exportieren Schweinezähne, Hunde, Sago, Betelnüsse, Matten, Perlen, Obsidian und roten Ocker auf das Festland und bekommen von dort Schweine, Hundezähne, Taro, Tabak, Gefäße, Netzbeutel, Bogen und Pfeile sowie schwarze Farbe. Im Handel zwischen den Inuit an der Küste und im Landesinneren von Nordalaska haben die Küstenbewohner Produkte von Meeressäugern wie Robbenfett als Brennstoff und Lebensmittel, Robben- und Walrosshäute, Waltran und Walross-Elfenbein anzubieten, außerdem Strand-Treibholz und selbst hergestellte Holzgefäße sowie Töpferwaren und Taschen. Die Bewohner des Landesinneren lieferten die Häute, Beine und Geweihe von Rentieren, Pelze von Wölfen und anderen Landsäugetieren, Harz als Dichtmaterial sowie Pemmikan und Beeren.
Wer handelt womit?
An den Beispielen für Handelswaren wird eine Gesetzmäßigkeit deutlich, die wir in unserer modernen Gesellschaft für selbstverständlich halten, weil sie nahezu für den gesamten Handel gilt: Jeder Partner steuert Gegenstände bei, die er besitzt oder leicht herstellen kann, während sie dem anderen fehlen. Sowohl Rohstoffe als auch die Fähigkeit, Fertigprodukte herzustellen, sind auf der Welt ungleichmäßig verteilt. Die Vereinigten Staaten sind beispielsweise der weltweit führende Exporteur unverarbeiteter Lebensmittel und fertiger Flugzeuge, denn wir können sowohl mehr Lebensmittel anbauen als auch mehr Flugzeuge bauen, als wir selbst brauchen. Wir importieren aber Öl, denn davon produzieren wir selbst nicht genug für unseren Bedarf, während die Erzeugung in anderen Staaten (beispielsweise in Saudi-Arabien) größer ist als der eigene Bedarf. Ein solches Ungleichgewicht von Rohstoffen und Fähigkeiten ist vielfach, aber nicht immer, auch für den traditionellen Handel charakteristisch.
Was die ungleichmäßig verteilten Rohstoffe angeht, so findet man immer wieder die gleiche Gesetzmäßigkeit: Benachbarte Völker, die unterschiedliche Lebensräume bewohnen, liefern sich gegenseitig die Rohstoffe, die nur oder zumindest in größerer Menge im Lebensraum des Exporteurs vorhanden sind. In vielen Fällen geht es dabei um den Handel zwischen den Bewohnern an der Küste und im Landesinneren. In solchen Fällen gilt immer das, was ich im vorletzten Absatz am Beispiel der Inuit in Alaska beschrieben habe: Die Küstenbewohner haben den bevorzugten oder ausschließlichen Zugang zu Ressourcen im Meer oder an der Küste, beispielsweise zu Meeressäugern, Fischen und Muschelschalen, die Menschen im Landesinneren verfügen bevorzugt oder ausschließlich über landgebundene Ressourcen wie Wild, Gärten und Wälder.
Eine weitere häufige Gesetzmäßigkeit betrifft den Handel mit lokalen Rohstoffen, die aber nicht an bestimmte Lebensräume gebunden sind wie insbesondere Salz und Steine. Die Dani von Dugum bezogen ihr gesamtes Salz aus dem Salzsee von Iluekaima, und die Steine für ihre Äxte stammten ausschließlich aus einem einzigen Steinbruch im Nogolo-Becken. Die wichtigste Quelle für Obsidian (ein vulkanisches Glas, aus dem man die schärfsten Steinwerkzeuge herstellen kann), lag für große Teile des südwestlichen Pazifikraumes in den Steinbrüchen bei Talasea auf der Insel Neubritannien. Obsidian aus Talasea wurde in einem Einzugsbereich von mehr als 6000 Kilometern gehandelt, von Borneo 3200 Kilometer westlich von Talasea bis zu den 3200 Kilometer östlich gelegenen Fidschi-Inseln.
Das letzte gemeinsame Prinzip des Handels mit unterschiedlichen Rohstoffen gilt für benachbarte Gruppen, die ihren Lebensunterhalt auf unterschiedliche Weise sichern und deshalb Zugang zu unterschiedlichen Materialien haben. In vielen Regionen auf der ganzen Welt handeln Jäger und Sammler mit Fleisch, Honig, Harz und anderen Waldprodukten, die sie gesammelt haben und bei den Bauern der nahe gelegenen Dörfer gegen das dort angebaute Getreide eintauschen. Beispiele sind die Bisonjäger und Pueblo-Bauern im Südwesten der Vereinigten
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