Vermählt mit einem Fremden
Harriette mit durchbohrendem Blick. „Miss Lydyard, wir haben Grund zu der Annahme, dass erst vor Kurzem in dieser Bucht ein Boot mit illegaler Ladung anlegte. Die Fracht war im Handumdrehen verschwunden, doch ich bin überzeugt, dass sie hier auf Ihrem Besitz gelagert wird. Ich verlange Ihre Erlaubnis zu einer Hausdurchsuchung.“
Stumm und aufmerksam nippte Lucius an seinem Glas. Also war Harriette allein schon wegen ihres Namens verdächtig. Was würde sie tun? Sie schaute ein wenig verdutzt drein und entzückend weiblich und hilflos. Sein Puls beschleunigte sich. Kam sie damit durch? Vorerst würde er sie gewähren lassen.
„Schmuggelware, hier? Ich kann es nicht glauben, Sir“, erwiderte sie, stand auf und streckte dem Offizier in anmutigster Haltung ihre Hand entgegen.
Ohne grob unhöflich zu sein, konnte der junge Mann sich der Begrüßung nicht entziehen, also ergriff er die Hand, neigte jedoch nur knapp den Kopf. „Es wäre nicht das erste Mal. Die Einwohner von Old Wincomlee stehen im Ruf der Schmuggelei.“
„Was mir nicht unbekannt ist, Captain Rodmell.“ Verblüffend fügsam und unwiderstehlich weiblich. „Welcher Fischer bessert sein Einkommen nicht hier und da mit dem Verkauf eines Fässchens Cognac auf?“
„Was Sie, Miss Lydyard, scheint’s dulden.“
„Das mag sein, aus Mitleid mit ihrer Armut, doch bin ich kein Mitwisser.“
„Und vermutlich wissen Sie auch nichts über einen gewissen Captain Harry Lydyard?“, fragte er höhnisch. „Übrigens geht es auch nicht um hier und da ein Fässchen! Ich spreche hier von Schmuggel in großem Stil!“
Wie zutiefst betroffen, drückte Harriette ein zartes Spitzentuch an ihre Lippen. „Ich weiß nichts, das Ihnen bei der Suche nach diesen Missetätern helfen könnte. Wie erschreckend, dass Derartiges so nahe meinem Heim vorgehen soll! Und zu meinem Bedauern kenne ich auch die Identität dieses Captain Lydyard nicht. Meiner Familie gehört er nicht an! Eher ist es ein Schuft aus dem Dorf, der sich meines Namens bedient. Eine Unverschämtheit! Ich rate Ihnen, wenden Sie sich deswegen an meinen Bruder. Wie Sie wissen, ist er Friedensrichter. Er wird Sie unterstützen.“
Unverdrossen verfolgte Captain Rodmell sein Ziel. „Und Ihnen ist wohl auch nicht bekannt, dass dieses Haus hier genutzt wird, um unverzollte Ware vor dem Steueramt zu verbergen?“
„Ganz gewiss nicht, Captain, Mit solch unerhörtem Handel hat Lydyard’s Pride nichts zu schaffen. Ich verwehre mich gegen solche Verdächtigungen.“
„Aus der Turmkammer wird des Nachts nicht signalisiert, wenn ein Schmuggeltörn ansteht?“
„Nein! Und wenn es so wäre, geschähe es nicht mit meinem Wissen. Mit derartigen Umtrieben habe ich nichts zu tun! Wie können Sie es wagen!“
„Aber es ist Ihr Haus, Madam, oder? Was Sie der Mittäterschaft schuldig machen könnte.“
Lucius hatte mit wachsender Bewunderung zugeschaut. Sie hielt sich gut, doch er fand, dass es nun an der Zeit war, einzuschreiten und seinen Namen in die Waagschale zu werfen. Ruhig stellte er sein Glas ab und erhob sich, womit er endlich die Aufmerksamkeit des Captains auf sich lenkte.
„Ich glaube, hier muss etwas klargestellt werden“, warf er in hochnäsigem, gereiztem Tonfall hin. „Das Haus gehört mir, Captain.“
Der Captain, der nur einen blasierten, geistlosen Dandy vor sich sah, schenkte ihm einen verächtlichen Blick. „Und Sie sind wer, Sir? Kein Einwohner von Old Wincomlee, nehme ich an?“
Mit steifer Würde und deutlichem Missfallen erwiderte Lucius: „Ich bin der Earl of Venmore. Da Miss Lydyard mir heute angetraut wurde, ist ihr Besitz nun der meine. Und Sie, Captain, stören unseren Hochzeitstag mit Ihren unsinnigen Vorwürfen, für die Sie, wie mir scheint, keinerlei Beweise haben.“
„Ich bitte um Vergebung, Mylord“, erklärte der Captain ein wenig unbehaglich, doch ungebrochen. „Es gibt Gerüchte … Mir obliegt die Pflicht nachzuforschen, da eine ganze Schiffsladung heute Abend vor unseren Nasen verschwand.“
„Sicher, ich fühle mit Ihnen, doch ich habe mit Schmuggelei nichts zu schaffen. Wenn Sie und Ihre Männer uns also freundlicherweise allein lassen würden …“
Doch der Captain stellte sich quer. „Ich bin nicht zufrieden.“
In diesem Moment mischte Harriette sich ein. „Vielleicht möchte der Captain unsere Kellergewölbe durchsuchen lassen? Und das Turmzimmer?“
Mit nur schwer verhülltem Entsetzen sah Lucius sie an. Was dachte sie sich nur? „Das wird
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