Vermählung um Mitternacht
dich fragen wirst, ob sie dich je gemocht haben. All die, die dich umworben und unterstützt haben, werden dich wie eine Aussätzige behandeln.«
Sie betrachtete die Zeitung, die schreiende Schlagzeile. »Manche werden das hier bestimmt glauben, aber doch nicht alle.«
»Ein paar Leute werden sicher noch mit dir reden, aber das wird nicht reichen.«
»Ich ...«
Er schnitt ihr mit einer gequälten Geste das Wort ab. »Gott, Lucien, erkläre du es ihr.« Alec drehte sich zum Kaminsims, als bereitete ihm ihr Anblick Schmerzen.
Julia verschränkte die Hände im Schoß. Es war gar nicht so sehr die Vorstellung, man könne sie meiden oder dass die Vereinigung nun ihr Geld verlor, was ihr das Herz so schwer werden ließ. Es war Alecs Gesichtsausdruck.
Lucien seufzte und schaute auf seine Stiefelspitzen. »Ich glaube, Alec will sagen, dass jeder Skandal sein Opfer hat, eine Person, die dafür zahlen muss. Das gilt vor allem für eine Situation wie diese, wo so viele in diesem hässlichen Netz gefangen sind.«
»Sie meinen, ich bin dieses Opfer.«
Lucien nickte. »Wegen des Tons, in dem der Artikel gehalten ist.«
»Aber es stimmt doch überhaupt nicht. Nie würde die Vereinigung ... ich würde nie ...« Seufzend sank sie in sich zusammen. »Das Vermögen ...«
»Ist verloren«, beendete Alec den Satz. »Jetzt überlassen uns die Testamentsvollstrecker das Geld nie und nimmer. Wir dürfen uns da keine Illusionen machen.«
Sie stand auf und lief auf ihn zu. »Wenn ich ihnen erklären würde, wie das alles passiert ist, vielleicht würden sie dann einsehen, dass man wenigstens dir nichts vorwerfen kann.«
»Verdammt, Julia«, knurrte er. »Hast du nicht schon genug angerichtet?«
Nur wurde auch sie wütend. »Du kannst doch nicht einfach so aufgeben, du musst es doch mindestens versuchen! «
Aufgewühlt starrte er sie an. »Wenigstens einer von uns muss der Wahrheit ins Auge blicken.«
Julia reckte das Kinn. »Ich blicke der Wahrheit jeden Tag ins Auge, Alec.«
»Du?« höhnte er mit bitterem Lachen. »Du, die ihre Liebe an einen Mann vergeudet, der diese Gefühle nie erwidern wird? Wenn das deine Wahrheit ist, kannst du sie behalten.«
Wie Geschosse gingen die Worte auf sie nieder, raubten ihr den Atem und drangen ihr mitten ins Herz. Er wusste es. Er wusste, dass sie ihn liebte, und verachtete sie dafür.
Sie ließ die Hand sinken. Sie konnte nichts sagen, konnte kaum noch atmen.
Lucien durchbrach die Stille mit einem leisen Fluch. »Um Himmels willen, Alec.«
Alec ignorierte ihn und stolzierte aus dem Zimmer. Julia hörte noch, wie er nach der Kutsche rief, bevor die Tür hinter ihm zuschlug.
Tränen schossen ihr in die Augen, als der Schock allmählich nachließ, und wilder Schmerz durchzuckte ihr Herz. Sie lehnte sich ans Fenster und schloss die Augen.
Lucien flüsterte ihr zu: »Nicht, Julia. Was er jetzt sagt, meint er nicht so.«
Sie nickte, brachte aber keinen Ton heraus. Kurz darauf hörte sie die Tür zuklappen, und dann war auch Lucien gegangen.
26. KAPITEL
»So schön der Tag heute auch ist, nehme ich doch an, dass wir nicht einfach zum Vergnügen ausfahren«, stellte Lucien fest, der sich am Sitz festhielt, während Alec den Jagdwagen zwischen zwei schwerfälligen Karren hindurchmanövrierte.
»Ich bin einem Mann namens Thomas Everard auf der Spur.«
»Ah, dem Autor des verleumderischen Artikels.« Lucien betrachtete seinen Freund von der Seite. »Und was hast du mit Mr. Everard vor, wenn du ihn erst einmal gefunden hast?«
»Ich reiße ihm das Herz heraus und stopfe ihm damit das Maul. «
»Der Plan hat durchaus seinen Reiz, aber ich glaube kaum, dass er hilfreich ist.«
»Aber ich werde mich danach besser fühlen«, verkündete Alec finster.
»Sicher, aber für Julia könnte dadurch alles noch schlimmer werden.«
Alecs Miene verfinsterte sich.
Lucien seufzte, weil er den störrischen Gesichtsausdruck kannte. »Erlaube mir, dich auf ein paar Punkte hinzuweisen. Der Mann wird einen weiteren Artikel schreiben, es sei denn, du bringst ihn um. Vielleicht irgendetwas über die gewalttätigen Neigungen des Adels, und daneben eine hübsche Karikatur eines zornbebenden Viscount Hunterston, der auf den unschuldigen Autor eindrischt.«
»Mir doch egal, was dieser Holzkopf über mich schreibt«, erklärte Alec zähneknirschend. Vor ihnen reihte sich eine schwere Kutsche in den Verkehr, so dass sie fast im Schritttempo fahren mussten.
Alec fluchte, und Lucien zog eine Zigarre aus der Tasche
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