Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
hatte ich bereits »aus Versehen« das Porzellan umgeschmissen, ein Päckchen Kekse auf Joans schlummernde Gestalt fallen lassen und einen ziemlich geräuschvollen Hustenanfall gehabt. Aber die anderen schliefen immer noch, und Helena weigerte sich standhaft, mich aus dem Wald und in das andere Leben, von dem sie gesprochen hatte, zu führen – oder mir auch nur eine Wegbeschreibung zu geben.
    Einmal hatte ich in der Ferne Gelächter vernommen und versucht, auf eigene Faust loszuziehen, aber der Weg war von Tausenden identischen Kiefern versperrt, und ich kam zu dem Schluss, dass es schlicht idiotisch wäre, mich unter diesen ohnehin ungewöhnlichen Umständen noch ein zweites Mal zu verlaufen.
    »Wie lange schlafen die denn normalerweise?«, fragte ich laut und gelangweilt, in der Hoffnung, sie vielleicht damit aufzuwecken.
    »Sie legen Wert auf mindestens acht Stunden.«
    »Essen sie auch was?«
    »Dreimal täglich, gewöhnlich feste Nahrung. Außerdem führe ich sie zweimal täglich aus, und vor allem Bernard liebt die Leine«, antwortete Helena und lächelte in die Ferne, als erinnerte sie sich plötzlich an etwas. »Und dann gibt es natürlich gelegentlich auch noch die persönliche Körperpflege«, setzte sie abschließend hinzu.
    »Ich meine: Esst ihr hier?« Angeekelt schaute ich mich auf der Lichtung um, und es war mir ganz egal, ob ich damit den jährlichen Campingplatz verunglimpfte. Ich konnte meine Nervosität nicht länger unterdrücken, denn ich hasste es, irgendwo festzusitzen. Nicht umsonst hatte ich mein Leben so eingerichtet, dass ich kommen und gehen konnte, wie es mir beliebte. Auch in und aus dem Leben anderer Menschen. Ich hielt es ja nicht mal im Haus meiner Eltern lange aus, sondern ließ meine Tasche in weiser Voraussicht neben der Tür stehen, um schnell davonlaufen zu können. Aber hier gab es kein Entkommen.
    Wieder drang Lachen an mein Ohr.
    »Was ist das für ein Lärm?«
    »Ich glaube, so was nennt man gemeinhin ein Lachen.« Gemütlich und selbstzufrieden kuschelte Helena sich in ihren Schlafsack.
    »Haben Sie schon länger ein Problem mit Ihrer Einstellung?«, fragte ich frech.
    »Sie etwa auch?«
    »Ja«, antwortete ich fest, und Helena lachte. Jetzt entledigte auch ich mich meines Stirnrunzelns und grinste. »Es ist nur, weil ich jetzt schon drei Tage hier im Wald hocke.«
    »Soll das vielleicht eine Entschuldigung sein?«
    »Ich entschuldige mich nie.«
    »Ich auch nicht. Sie erinnern mich sowieso an mich selbst in jungen Jahren. In jüngeren Jahren. Eigentlich bin ich ja immer noch jung. Warum sind Sie in Ihrem Alter schon so reizbar?«
    »Ich hab’s nicht so mit Menschen.« Schon wieder hörte ich das Lachen und sah mich irritiert um.
    Helena dagegen fuhr fort, als hätte sie nichts gehört. »Klar. Sie haben sich ja auch nur den Arsch abgearbeitet, um Menschen zu finden.«
    Ich registrierte ihre Bemerkung, beschloss aber, nicht darauf einzugehen. »Hören Sie das denn nicht?«
    »Ich bin neben einem Bahnhof aufgewachsen. Wenn ich über Nacht Freunde zu Besuch hatte, konnten die nie schlafen, wegen des Krachs und weil die Wände gewackelt haben. Aber ich war so daran gewöhnt, dass ich nichts davon mitgekriegt habe. Das Knarren der Treppe, wenn meine Eltern ins Bett gegangen sind, hat mich allerdings jedes Mal aufgeweckt. Sind Sie verheiratet?«
    Ich rollte nur die Augen.
    »Ich nehme das als ein Nein. Haben Sie einen Freund?«
    »Manchmal.«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Ich interessiere mich nicht für Kinder«, antwortete ich und hielt schnuppernd die Nase in die Luft. »Was ist das für ein Geruch? Und wer lacht da die ganze Zeit? Ist irgendjemand in der Nähe?«
    Ich drehte den Kopf hin und her, so schnell wie ein Hund, der versucht, eine Fliege zu schnappen. Aber ich konnte einfach nicht orten, wo das Geräusch herkam. Einmal war es hinter mir, aber wenn ich mich umwandte, schien es aus der anderen Richtung viel lauter zu werden.
    »Es ist überall«, erklärte Helena träge. »Die Leute, die hier neu sind, sagen Surround-Sound dazu. Das verstehen Sie wahrscheinlich.«
    »Aber wer veranstaltet denn diesen ganzen Krawall? Und raucht hier etwa jemand Zigarre?« Ich schnüffelte wieder.
    »Sie stellen wirklich eine Menge Fragen.«
    »Haben Sie das etwa nicht getan, als Sie neu hier waren? Helena, ich weiß nicht, wo ich bin und was los ist, und Sie sind keine große Hilfe.«
    Immerhin hatte sie den Anstand, verlegen auszusehen. »Tut mir leid, ich hab ganz vergessen, wie das

Weitere Kostenlose Bücher