Vermisst: Thriller (German Edition)
ich mich stellen.« Und vielleicht verlor ich dann meine Zulassung oder landete sogar im Gefängnis.
Sechzehn Stunden! Sobald mein Vater in Sicherheit war, würde ich weitersehen. Ich griff nach dem Ausweis.
»Wenn ich mit meinem eigenen Pass reise, dürfte es keine Probleme geben, weil Georgie und ich denselben Familiennamen haben.«
Georgia, meine Schwester. Seit Jahren fragte ich mich, wieso Jakarta Rivera immer wieder in meinem Leben auftauchte wie ein boshafter Schutzengel. Nun wusste ich auch, warum mein Vater nach der Scheidung von meiner Mutter nie mehr geheiratet oder auch nur von anderen Frauen gesprochen hatte.
Nur wie sollte ich das Georgia erklären? Wie erzählt man einer Elfjährigen, dass ihre Eltern Spione sind?
Ich musterte Jesse. »Du hast das gewusst? Dad hat es dir gesagt?«
Jesse streichelte meine Hände, aber sein Gesicht zeigte keine Regung. Mandantengespräche waren streng vertraulich.
»Und was jetzt?«, fragte ich.
»Nimm Georgie mit nach Hause und sieh zu, dass du deinen Vater freibekommst.«
»Ich glaube, ich sage ihr besser noch nichts.«
»Nein, das sollen ihre Eltern tun.«
Noch sechzehn Stunden. Alles andere konnte ich danach klären. Ich ließ Jesses Hände los, nahm den USB-Stick heraus und fuhr meinen Rechner herunter.
»Ich hole ihn zurück.«
Er antwortete nicht.
»Zweifelst du etwa an mir?«, fragte ich.
»Keine Sekunde. Ich überlege nur, wie wir es am besten anstellen.«
»Irgendwelche Vorschläge?«
In seinen Augen entdeckte ich den Raubtierblick, den ich so an ihm liebte. Er reichte mir das Dokument, das Jax als Versicherungspolice bezeichnet hatte. Ich überflog es kurz und schaute überrascht auf.
»Gehen wir«, sagte er.
* * *
Als wir in die Lobby traten, saßen PJ und Georgie Seite an Seite auf einem Ledersofa und steckten die Köpfe zusammen. Sie hatten sich Georgies Ohrhörer geteilt und fummelten einträchtig an den Knöpfen des MP3-Players herum.
»Wir fahren«, wandte ich mich mit gezwungenem Lächeln an Georgie.
»Wohin?«, wollte PJ wissen.
»Zum Flughafen.« Ich streckte Georgie die Hand hin. Zumindest wollte ich ihr einen kleinen Halt bieten, wenn ich sie aus ihrer vertrauten Umgebung riss. »Wir fliegen nach Kalifornien.«
Ihre Augen weiteten sich. »Im Ernst?«
»Im Ernst.«
PJ klappte der Mund auf. »Wir sind doch erst seit drei Stunden hier.«
Ich nickte Jesse zu. »Geht ihr vor. Wir kommen gleich nach.«
Er öffnete die Tür. »Da klemmt ein Zettel an der Windschutzscheibe.«
PJ folgte ihm nach draußen. »Drei Stunden. Das ist doch lächerlich!« Er deutete auf den Jaguar. »Und wieso verpassen die mir eine Parkkralle, und du kriegst nur einen Strafzettel?«
Georgie freute sich auf das Abenteuer, aber sie machte sich Sorgen.
»Was ist mit Mami?«
»Das werden wir gleich sehen.«
Draußen vor der Tür wählte ich Jax’ Nummer. Die Mailbox schaltete sich ein. Ich hinterließ eine Nachricht, die ich bewusst vage hielt, falls jemand anders das Handy in die Finger kriegte.
»Uns geht es gut. Melde dich.«
Georgie war bitter enttäuscht. Nun setzte ich bei ihrem Handy den Akku wieder ein und schaltete es an. Es piepste wie wild. Zu meinem Erstaunen hatte sie jede Menge Sprach- und Textnachrichten und fing sofort an, wie wild zu tippen.
»Irgendwas von deiner Mutter?«
Sie schüttelte den Kopf. Sanft, aber bestimmt, nahm ich ihr das Handy ab.
»Für den Augenblick keinen Kontakt mit irgendwem sonst.« Sie starrte mich ungläubig an. »Code Black.«
Erneut sichtlich enttäuscht, nickte sie. Ihr Vertrauen in mich brach mir fast das Herz. Meine Schwester.
»Geht es Mami gut?«, fragte sie ängstlich.
»Das hoffe ich. Deine Mutter kann hervorragend auf sich selbst aufpassen.«
»Aber wo ist sie? Warum meldet sie sich nicht?«
Das arme Kind. Keine Mutter, keine Schule, keine Freunde. Sie musste sich fühlen, als ob ihr der Boden unter den Füßen weggezogen würde.
»Wir finden schon noch raus, wo sie steckt. Aber erst müssen wir dich hier fortschaffen. Genau das wollte deine Mutter nämlich.«
»Ich will aber nicht ohne sie weg.«
»Ich weiß, Kleines.«
Ihre Unterlippe zitterte. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter und führte sie zum Wagen.
»Meine Mami arbeitet gar nicht für eine NGO, stimmt’s?«, fragte sie mit dünner Stimme.
Eine nichtstaatliche Organisation? Oh, Jax, was hast du mir da eingebrockt. »Nein.«
»Sie ist eine Spionin, oder?«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil sie mir so viel Zeug
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