Vermisst: Thriller (German Edition)
Salesianerinnen geschickt hat, aber nicht, wo. Nachdem ich mitgehört hatte, wie Jax in Bangkok von London sprach, hab ich zwei und zwei zusammengezählt.«
Die Computeraufnahmen verschwanden, und Jax erschien.
»Wie gesagt, ich kann sehr überzeugend sein.« Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. »Petch Kongsangchai hat mir noch nie was abschlagen können, und Colonel Niram Chittiburong vergisst alte Freunde nicht, selbst wenn er jetzt als Mönch lebt.«
»Mein Gott!«, sagte ich.
»Sagen dir diese Namen was?«
Ich nickte nur.
Jax wirkte müde und ausgelaugt. »Ich weiß nicht genau, warum Rio Hanks Tod wollte. Vielleicht aus Wut, weil er sich mit mir eingelassen hatte. Oder es hatte was mit ihrem florierenden Geschäft als Erpresserin zu tun. Auf jeden Fall ließ sie Christian in dem Glauben, Phil Delaney hätte seinen Vater ermordet und auch ihn selbst töten wollen. Und alles nur, um diese eklige puta Jakarta Rivera zu schützen. Deswegen hasst er uns beide, und dieser Hass schwelt seit nunmehr zwölf Jahren in Christian.«
Ich sah Jesse an. »Aber da ist noch was. Christian will Georgie, weil sie seine Halbschwester ist.«
»Seine Schwester?« Er zog verwirrt die Augenbrauen hoch. »Dann suchen sie deswegen nach ihr?«
Er griff nach dem ärztlichen Attest, das ich in dem Jaguar gefunden hatte. Als Behindertenausweis taugte es nicht, aber es war sehr aufschlussreich.
Myelodysplastisches Syndrom. Durch schwere Anämie und häufige Blutungen gekennzeichnete Blutkrankheit. Mr. Sanger ist als behindert zu betrachten.
»Er wird sie nicht kriegen«, sagte Jesse bedächtig.
Jax wirkte auf dem Video unendlich müde. Sie wusste, dass die Geschichte nicht gut ausgehen würde.
»Ich habe in meinem Leben viele Fehler gemacht. Riverbend war nicht mein einziger. Ob es sich wirklich gelohnt hat, die Nutten der Sangers für uns einzusetzen?« Sie lachte freudlos. »Warum habe ich wohl den Dienst quittiert? Ich weiß, dass du mir diese Sache nie verziehen hast. Manchmal muss man für klare Verhältnisse sorgen. Klarheit ist gut. Handeln ist gut. Selbst wenn es nicht vom Kongress abgesegnet ist.
Ich weiß, du hast davon nichts gehalten. In den letzten zehn Jahren hattest du an vielem was auszusetzen. Warum ich dir so lange nicht von Georgia erzählt habe – sollte ich wirklich meine Ehe aufs Spiel setzen? Ich hatte schon so viel in meinem Leben zerstört.«
Die kühle Gelassenheit war verschwunden, und sie rang sichtlich um Fassung.
»Es ist zu spät für uns beide. Wir hatten schon damals keine Chance. Es hätte nie geklappt. Deswegen hab ich dir nichts davon gesagt.
Immerhin warst du erst seit wenigen Monaten geschieden und noch nicht bereit für ein Kind, eine neue Familie, eine Frau wie mich.« Sie lächelte ironisch. »Du weißt doch, ich lege Wert auf klare Verhältnisse. Und deswegen hab ich Tim geheiratet.
Oklahoma und Texas, das allein wäre schon schwierig gewesen. Aber du sollst wissen, dass du meine große Liebe warst. Tim hat mir Halt gegeben, auch wenn du ihn und seinen Beruf nicht magst. Aber du warst der Einzige, der wirklich für mich gezählt hat, Phil.«
Jesse fasste mich am Arm und zeigte mir den Pass, der in dem Umschlag gewesen war. Neben Georgies Foto stand ihr Name. Georgia Delaney.
Jax hob die Hand wie zum Segen. »Leb wohl.«
Der Bildschirm wurde dunkel.
Eine ganze Weile konnte ich nichts sagen. Ich wusste nicht, was ich mit dieser Enthüllung anfangen sollte, aber im Augenblick hatte ich ohnehin dringendere Probleme. Erst musste ich Georgia retten und dann meinen Vater.
»Jax will, dass ich Georgie in die Staaten mitnehme«, sagte ich.
»Evan?«
»Lass mich nachdenken.« Ich spähte auf die Uhr. Es war zehn Uhr vormittags. »Wie spät ist es bei uns?«
»Zwei Uhr morgens. Ev, ist alles in Ordnung?«
Ich schloss die Augen und rechnete. »Seit Rios Anruf sind sechsundfünfzig Stunden verstrichen. Uns bleiben also sechzehn Stunden, um Dad zu finden.«
Eine Stunde nach Heathrow, Check-in, elf Stunden Flug nach Los Angeles, Übergabe des Riverbend-Dossiers an Rio, meinen Vater aufzuspüren, bevor die Zeit ablief. Da blieb keine Zeit zum Herumsitzen.
»Wir können es schaffen. Christian hat keine Ahnung, dass Rio was mit dem Tod seines Vaters zu tun hatte. Das können wir zu unseren Gunsten ausnutzen.«
Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. »Bei der Londoner Polizei melde ich mich wegen der Vorfälle in der U-Bahn besser von Kalifornien aus. Früher oder später muss
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