Vermisst: Thriller (German Edition)
schob sie ins Magazin. Eden berührte ihn an der Schulter.
Er steckte Eden die geladene Sig zwischen die Beine. Sie schaute ihn nur an, als er die Waffe auf und ab bewegte. Dann nahm sie ihm die Pistole vorsichtig aus der Hand, warf das Magazin aus und reichte sie ihm zurück.
»Tut mir leid, Süßer, aber ich stehe auf Safer Sex.«
In seiner Ellbogenbeuge tröpfelte Blut aus der Einstichstelle. Doch das würde sich bald ändern. Jetzt sollten die anderen bluten.
Mittwoch
Die Maschine zog ihre Bahn durch die tiefe Nacht. Unter uns blieb das östliche Russland zurück, dessen vereinzelte Lichter an der Küste funkelten wie einsame Sterne. Zwölf Stunden waren inzwischen vergangen.
Ich fuhr meinen Computer hoch, setzte die Ohrhörer ein und drehte den Bildschirm so, dass meine Sitznachbarn nichts erkennen konnten. Jax erschien in ihrem eleganten schwarzen Kostüm. 18:01:33 laut Countdown-Anzeige.
»Als ich nach Kolumbien ging, hatte ich nicht die Absicht, mich mit Waffenhändlern einzulassen. Mein Auftrag war, die Drogenhändler aufzuspüren, die sie finanzierten. Ich werde es mir nie verzeihen, dass ich dafür Informationen von Rio Sanger kaufte.«
Trotz ihres gelassenen Tons spürte ich die wütende Energie dahinter.
»Rio sah gern beim Sex zu und wusste, dass andere das auch taten und dafür zahlen würden. Leute von der CIA. Sie kontaktierte uns und bot mir Nahaufnahmen von Ministern der Regierung mit Rios Nutten an. Die rasteten schier aus.« Jax blickte auf ihre Hände. »Aber darum geht es hier nicht.«
Ihr Gesicht wurde ausgeblendet und durch Schwarzweißfotos ersetzt.
»Rios Pfadfindertruppe.«
»Großer Gott«, flüsterte ich.
Die Mädchen waren kaum mehr als Kinder. Schmale, rehäugige Gestalten an der Schwelle zur Pubertät und völlig verängstigt. Eines von ihnen, ein Kind mit rabenschwarzem Haar und weichem Mund, war so darauf bedacht zu gefallen, dass ich es nicht mit anschauen konnte.
»Erster Film«, sagte Jax.
Ein grobkörniges Video wurde eingeblendet. Ein Schlafzimmer. Die Kamera war wohl in einer Deckenlampe versteckt gewesen. Die Tür öffnete sich, und ein übergewichtiger, offenbar stark angetrunkener Mann trat mit zwei Mädchen ein. Beide konnten nicht älter sein als vierzehn. Eines war asiatischer Herkunft, das andere blond. Der Mann ließ sich auf die Bettkante plumpsen. Eine der Kleinen kniete sich vor seine Füße und öffnete ihm die Schuhbänder. Die andere fing an, sein Hemd aufzuknöpfen. Er legte zwei Finger auf ihren Hals und ließ sie über ihre Brust nach unten wandern. Mir wurde glühend heiß vor Ekel.
»Ein Verkäufer einer Waffenfirma«, erklärte Jax. »Und hier der Morgen danach.«
Die Kamera richtete sich auf das zerwühlte Bett, wo der Mann sich soeben anzog. Eine Zigarette baumelte ihm aus dem Mund, er wirkte verkatert. Die Mädchen schliefen aneinander geschmiegt. Es klopfte, und die Tür ging auf.
Der Mann sah auf. »Rio.«
Mir stockte der Atem. Sie war von atemberaubender Schönheit und hätte gut in eine römische Orgie gepasst. Bronzefarbene Haut, exotische Züge, schwarze Korkenzieherlocken. Ihr Rock betonte ihren perfekten Hintern. Sie lächelte, legte dem Mann die Hand auf den Unterarm und hauchte ihm ein paar Worte zu.
Dann schnippte sie mit den Fingern nach den Mädchen. »Aufwachen.«
Die beiden sprangen aus dem Bett und legten die Handflächen vor dem Gesicht aneinander, wie zum Gebet. Es war eine eindeutig asiatische Geste, sanft und voller Respekt. Sie bedankten sich bei dem Kerl, der sie geschändet hatte! Der Mann wühlte in seinen Taschen, reichte jeder von ihnen etwas Bargeld und schlenderte zur Tür hinaus.
Rio schnippte erneut mit den Fingern und zeigte auf das Zimmer. »Saubermachen, aber picobello.« Damit rauschte sie davon. Am liebsten hätte ich meine Faust in den Monitor gerammt.
Auf dem Bildschirm erschien wieder Jax.
»Diese Kinder – es ist mir nicht gelungen, sie zu retten. Sie sind für immer verloren. Sei auf der Hut. Drei von ihnen arbeiten noch für Rio, und mittlerweile gehen sie nicht mehr nur auf den Strich.«
Jax berührte die Tastatur auf ihrem Schreibtisch. »Verlorene Kinder, darum dreht sich alles.«
Ein Foto wurde eingeblendet: ein etwa siebenjähriges Mädchen, dessen dunkle Locken das Licht einfingen wie ein Heiligenschein, kauerte in einer Astgabel. Die braunen Augen blickten schelmisch in die Kamera.
»Die hier auch. Verloren. Jetzt weißt du, warum ich den Dienst wirklich quittiert
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