Vermisst: Thriller (German Edition)
»Das hat höllisch wehgetan.«
»Wie hast du …«
»Du hättest mich umbringen können.« Ihre Handschuhe krallten sich in mein T-Shirt. Dann zerrte sie mich auf die Füße.
»Ich wusste ja nicht …«
»Und zu allem Überfluss wolltest du auch noch mein Motorrad klauen? Sonst noch was? Beweg dich.«
Sie bugsierte mich in Richtung Tür. Die Ladenbesitzerin wedelte hektisch mit den Armen und brüllte etwas. Jax brüllte auf Thailändisch zurück.
»Gib ihr Geld«, sagte sie zu mir.
Mit dröhnendem Schädel fischte ich ein Bündel Baht aus meiner Tasche und hielt es ihr hin. Jax reichte es der Frau, während ich mir den Putz von der Brust wischte. Jax packte mich erneut am T-Shirt, zerrte mich zur Tür hinaus und zum Motorrad, dessen Motor immer noch lief.
»Rauf mit dir.«
Sie richtete die Maschine auf und schwang ein Bein über den Sitz. Völlig benommen kletterte ich hinter ihr auf den Sitz und schlang die Arme um ihre Taille. Ihre Lederkleidung war glühend heiß. Ohne ein weiteres Wort gab sie Gas, und wir fuhren die Straße hinunter.
18. Kapitel
Obwohl ich mich an Jax klammerte, war meine Haut vom Schweiß so glitschig, dass ich ins Rutschen geriet, sobald sich die Maschine zur Seite legte. Die Straße mit ihrem Verkehrsgewühl, den billigen Läden, den feucht-fauligen Gerüchen und den schwitzenden, nach Schatten suchenden Menschen flog an uns vorüber. Jax nahm die Kurven, als wäre das Motorrad eine Verlängerung ihres Körpers. Ich packte ihre Taille, so fest ich konnte, und presste meine Oberschenkel an die ihren.
Sie raste durch eine Gasse, bog unter einer Baumreihe plötzlich ab, und dann schnurrten wir an Rasenflächen, Palmen und üppigen Farnen vorbei eine makellos saubere, schattige Einfahrt hinauf. Vor uns erhob sich ein schneeweißes Hotel: das Shangri-La.
Jax hielt unter dem kühlen Säulenvordach. Ein Portier trat lächelnd auf uns zu, um uns zu begrüßen. Während ich vorsichtig und mit zitternden Beinen von der Maschine glitt, setzte Jax ihren Helm ab und marschierte zielstrebig auf den Eingang zu.
»Warte«, sagte ich, aber sie war schon in der Lobby. Ich folgte ihr nach drinnen. Marmor, Kronleuchter und Orchideen beherrschten das Bild. Die schlanken jungen Frauen an der Rezeption legten die Hände zusammen wie zum Gebet und grüßten. Sawadii ka. Die Fenster gaben den Blick frei auf Kokospalmen, einen glitzernden Swimmingpool und den Fluss. Ich konnte mich kaum von der Aussicht losreißen.
Die Klimaanlage sorgte für erquickende, luxuriöse Kühle. Ich kam mir vor wie an einem norwegischen Fjord. Für dreißig Sekunden mehr in dieser Lobby hätte ich meine Seele verkauft.
Jax bewegte sich, als sei es selbstverständlich, dass Afroamerikanerinnen auf schweren Motorrädern vor einem der besten Hotels der Welt vorfuhren. Sie lächelte strahlend, ließ an der Rezeption etwa fünf Worte fallen und kehrte mit einer Codekarte zurück.
»Komm mit«, sagte sie zu mir.
Irgendwo spielte jemand auf einem Flügel. Jeden Augenblick erwartete ich, Yul Brynner und Deborah Kerr die große Treppe herunterschweben und einen Walzer tanzen zu sehen.
»Und hör auf zu glotzen wie ein Landei.«
Sie brachte mich in eine Suite mit Blick auf den Fluss, die nicht weniger luxuriös eingerichtet war als die Lobby. Golden schimmernde Seide und glänzendes Teakholz sorgten für die richtige Atmosphäre. Die Wände verschwanden fast hinter weißen Orchideen, und die Bar war mit feinstem Whiskey bestückt. Auf dem Couchtisch warteten eine reich gefüllte Obstschale mit tropischen Früchten, eine Flasche Wein und ein freundlicher Willkommensgruß des Managers. Bisher hatte ich nur Hotels gekannt, in denen man sich bestenfalls altbackene Schokoriegel aus Automaten ziehen konnte.
Jax zog ihre Lederjacke aus, unter der sie ein hautenges schwarzes Top trug. Ihre Schultern waren von dem Sturz aufgeschürft.
»Du hast sechzig Sekunden, um mir zu erklären, was du an dem Schließfach im Musikarchiv zu suchen hattest«, sagte sie.
»Wieso hast du mir diesen Karatekick verpasst?« Ich legte die Hand an die Rippen. »Du hast doch gewusst, dass ich es bin.«
Sie holte zwei Flaschen Wasser aus der Minibar und warf mir eine davon zu. »Fünfzig Sekunden. Dann gibt es richtig Ärger.«
»Hör mal, ich muss den Flug nach Singapur erwischen. Mir bleiben nur zehn Stunden, um den nächsten USB-Stick zu finden. Aber das weißt du ja schon.«
»Die Informationen in dem Dossier sind nicht für dich
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