Verplant verliebt
wie vor den Kopf gestoßen und blickte hilflos zu Karlo. Auch der schien sich zu fragen, welcher Fehler sie verraten haben könnte. Bernadette breitete ihr Indiz vor ihnen aus: „Naja, ich frage mich, woher sie, wenn sie dich noch nie gesehen hat, deinen Nachnamen wusste.“
Das war Marie gar nicht aufgefallen. Mist! Mist! Mist!
Karlo reagierte gelassen: „Ich habe von unterwegs aus angerufen und Bescheid gesagt, dass wir uns verspäten.“
Marie atmete auf. Bernadette jedoch kniff die Augen zusammen und ließ ihren misstrauischen Blick zwischen Karlo und ihr hin- und herwandern. Marie beschlich eine böse Vorahnung: Bernadette würde das ganze Wochenende lang wie ein Trüffelschwein nach einem verräterischen Hinweis suchen und, sollte sie fündig werden, ihr Fundstück allen anderen präsentieren. Warum hatte sie im Büro nicht einfach ihre Klappe halten können? Sie hätte Bernadette nie unter die Nase reiben dürfen, dass Karlo und sie gemeinsam in Weinsberg gewesen waren. Jetzt hatte sie die Fährte aufgenommen.
Dann betrat Maries Mutter die Bühne und Marie hoffte inständig, ihr Auftritt würde glaubhafter werden. Auch sie stürmte auf ihre Tochter zu und umarmte sie herzlich. Wieder aufgerichtet, nickte sie Karlo höflich zu, ignorierte ihn aber ansonsten. Das war alles, nur nicht authentisch. Eine so offene, vor Gastfreundschaft überschäumende Frau konnte einen Besucher doch nicht einfach mit einem Kopfnicken begrüßen. Marie sah zu Bernadette hinüber, die die Szene genau beobachtet hatte.
„I würd Ihne glei den Schlüssel gebe, denn i werd die Rezeption au langsam schließe. Sie hen des Zimmer hier im Haupthaus, da die andere Zimmer in der Pension nebenan alle voll send“, erklärte Maries Mutter völlig distanziert. Marie meinte, kurz den Schalk in den Augen ihrer Mutter aufblitzen zu sehen. Welches Zimmer meinte sie? Es gab oben doch nur das Schlafzimmer ihrer Eltern, ihr altes Kinderzimmer und daneben das ihrer Schwester. Ihre Mutter würde Karlo doch nicht wirklich inmitten alter Puppen und Teddybären in einem Bett mit rosa Überwurf einquartieren? Als Karlo aufstand und ihrer Mutter folgte, ging Marie unauffällig hinter die Theke, um von dort durch die Hintertür zur Rezeption zu huschen.
„Hen I des gut gmacht, oder was, Herr Winterfeld?“
„Super hast du das gemacht“, lobte Karlo.
„Wer sen Sie denn, dass Sie mich duzen?“, erwiderte ihre Mutter gespielt empört. Beide grinsten sich verschwörerisch an. Marie hätte sich am liebsten übergeben.
„Welches Zimmer bekommt Karlo denn?“, fragte Marie.
„Da hen i mir ebbes ganz bsonderes ausdacht.“ Ihre Mutter klatschte in die Hände. „Du bisch in deinem Kinderzimmer und Karlo bekommt offiziell des alte von der Anja. Da isch das Bett zwar schmal, aber ihr habt ja dei großes Bett. Mit der Verbindungstür merkt des dann koiner.“
Maries Mutter sah die beiden in freudiger Erwartung an. Es war offensichtlich, dass sie Lob erwartete, doch Marie hätte sie lieber in der Luft zerrissen. Sie konnte Karlo unmöglich in dem kleinen Bett schlafen lassen. Ihre Eltern hatten damals nur ein Zimmer renoviert und mit einem breiten Bett ausgestattet. Das andere war „aus nostalgischen Gründen“, wie ihre Mutter zu sagen pflegte, in seinem Urzustand verblieben, der pinkfarbene Wände und eine Überdecke mit Rüschen einschloss. Ihre Schwester hatte, bevor sie ihr Kinderzimmer verließ, an einer ziemlich heftigen Geschmacksverirrung gelitten. Außerdem fehlte dem Raum ein angeschlossenes Bad, damit konnte nur ihr Zimmer dienen. Für Marie stand fest, dass sie Karlo ihr Zimmer überlassen würde. Sie fasste sich an die Schläfen und schaute auf den Boden.
„Hen ihr zwoi scho wieder Krach?“, bohrte ihre Mutter nach, als keiner von beiden etwas sagte.
In dem Moment betrat Bernadette den Eingangsbereich und sah sich suchend um. „Wo kann ich mir denn mein Näschen pudern, Frau Rebmann?“
„Mädel, da send Se grad dran vorbei g'laufen. Im Gaschtraum auf der rechten Seite.“ Maries Mutter schüttelte den Kopf.
Marie wusste ganz genau, dass Bernadette nur einen Vorwand gesucht hatte, um ihnen nachzulaufen. Bernadette bestätigte Maries Vermutung, indem sie keine Anstalten machte zu gehen.
„Noch ebbes?“, fragte Maries Mutter.
Bevor Bernadette antworten konnte, sagte Karlo: „Ich gehe dann mal wieder zu den anderen. Danke, Frau Rebmann.“
Bernadette, die ihre Augen überall zu haben schien, fragte auf Karlos leere Hände
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