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Verräterherz (German Edition)

Verräterherz (German Edition)

Titel: Verräterherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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nie und unternahm auch keinen Versuch, den Engel reparieren zu lassen. Wie sie es geschafft hatte, der Justiz zu entkommen, blieb immer ein Rätsel. Sie behauptete jedoch, es sei der Engel selbst, der seine schützende Hand über sie hielte. Er blieb so lange in ihrem Besitz, bis sie starb.“
    „ Und wie starb sie?“, entschlüpfte es mir.
    Nicolas Morlet runzelte die Stirn. „Ich glaube, sie ertrank“, sagte er knapp. Ich überlegte, ob es wohl ihr eigenes Blut gewesen war, das Morlet brutal zutage gefördert hatte, in dem sie ertrank, aber ich äußerte meinen Verdacht nicht laut. Wenn dem so war, dann hatte der Engel versagt und war zudem in die Hände eines wahren Teufels gelangt.
    „ Aha“, sagte ich also stattdessen, noch viel knapper als er. Ein Punkt für mich, dachte ich gehässig.
    „ Nun, wie dem auch sei. Es ist ein skurriler Gegenstand – ein Engel, der eine düstere Vergangenheit hat. Und umso düsterer, weil die edle Dame niemals für ihren Mord bestraft wurde. Meinen Sie, diese Skulptur könnte etwas für Ihren Freund sein?“
    Er sah mich lobheischend an. Ich zuckte vage mit den Schultern. „Ja, könnte sein. Ich habe den Eindruck, er könnte sehr begeistert davon sein, wenn ich Sie so ansehe.“
    „ Mich?“, fragte er verwundert.
    „ Ja“, gab ich zurück, „er sieht Ihnen sogar ähnlich … Oder Sie ihm … wie auch immer.“
    „ Interessant“, sagte er gelangweilt.
    Abermals zuckte ich mit den Schultern. „Mir schwebt dennoch etwas anderes vor“, brachte ich den Stein langsam ins Rollen. Er nickte geduldig und wartete auf nähere Erklärungen.
    „ Also, es ist so … um ehrlich zu sein, ist er eigentlich gar kein Freund. Ich mag ihn nicht besonders, müssen Sie wissen.“
    „ So etwas in der Art dachte ich mir schon“, erwiderte Morlet abschätzend. Ich lächelte und fragte: „Weil ich ihn mit seiner dunklen Vergangenheit konfrontieren möchte?“
    „ Eher deshalb, weil Sie ihn so lange nicht gesehen haben. Das lässt entweder darauf schließen, dass er aufgrund seiner düsteren Vergangenheit im Gefängnis war, oder, dass Sie ihn aus irgendeinem Grund absichtlich so lange gemieden haben.“
    Verdammt, der Kerl war nicht dumm und ich fürchtete schon, erneut einen Punkt an ihn abgeben zu müssen. Ich knurrte eine Antwort. „Gemieden habe ich ihn nicht. Aber ich habe ihn so lange nicht ausfindig machen können.“
    Morlets ergraute Augenbrauen zogen sich zusammen. Ich beschloss, dass es Zeit wurde noch deutlicher zu werden, ohne sämtliche Karten sofort auf den Tisch zu legen.
    „ Ich suche für diesen … Nicht-Freund eigentlich einen Gegenstand, der als Holzpflock bezeichnet wird.“
    „ Holzpflock“, echote Morlet verblüfft.
    Ich sah mich kurz um und sagte dann lapidar: „Ja, so ein Ding, mit dem man Vampire tötet. Sie wissen schon: Sargdeckel auf - Pflock in den Vampir - Sargdeckel wieder zu. Gibt es hier so etwas?“
    Das war natürlich völliger Unsinn, weil kein Vampir, den ich kenne, tatsächlich in einem Sarg schläft. Dennoch verfehlten meine Worte ihre Wirkung nicht. Vor allem, weil Holzpflöcke tatsächlich dafür sorgen, dass ein Vampir von dieser Welt verschwindet.
    Morlet versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, spürte dann wohl, dass es ihm misslungen war und änderte seinen entsetzten Gesichtsausdruck augenblicklich in einen missbilligenden, als halte er mich für verrückt.
    „ Nein, es gibt hier keine Holzpflöcke.“
    „ Vampire?“, hakte ich nach.
    „ Wie bitte?“, fragte er und trat nun eindeutig den Rückzug in Richtung Büro an, als er anfügte: „Ich glaube, ich kann Ihnen nicht helfen.“
    „ Oh, doch, ich denke schon“, versicherte ich und trat ihm rasch in den Weg, sodass er zwischen einem antiken Sekretär und einer bronzenen Jünglingsstatue gefangen war.
    „ Haben Sie auch Taschenuhren?“, fragte ich scheinheilig.
    Er schien verwirrt und beinahe musste ich lachen, wenn ich seine Angst nicht gerochen hätte, die mich wohltuend benebelte, aber eben doch auch über die Maßen aggressiv machte.
    „ Taschenuhr?“, fragte er kaum hörbar und ahnte wohl, dass diese Frage eine neue Wendung in unserem bisher recht freundschaftlichen Gespräch hervorrufen würde, auch wenn er offenbar nicht ahnte, warum dies so sein könnte.
    Es war wirklich herrlich anzusehen, wie die Angst in ihm wuchs.
    Ich riss mich zusammen, schließlich wollte ich eben nicht aufhören, wenn es am schönsten war, und seine Furcht zu riechen war schön.

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