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Verräterherz (German Edition)

Verräterherz (German Edition)

Titel: Verräterherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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Wunderschön sogar! Sie rief eine köstliche Mischung in mir hervor.
    „ Taschenuhren“, wiederholte ich um Ruhe bemüht und erläuterte: „Tick, tack. Zeiger schreiten voran. Zeigen die Zeit, die verrinnt. Sekunden, Minuten, Stunden. Trägt man an einer Kette in der Tasche - eine Taschenuhr eben.“
    Ihm trat der Schweiß auf die Stirn. Das passiert Vampiren nur selten, aber es kommt vor, wenn die niedrigere Körpertemperatur durch Stress und Bedrohung in die Höhe getrieben wird. Ein Vampir verströmt dann einen Geruch, den man schon fast als Gestank bezeichnen könnte, da er in unseren Nasen regelrecht eine Explosion auslöst. Ich mochte diese Explosion und hoffte, noch eine hervorrufen zu können. Und noch eine. Multiple Explosionen, hervorgerufen durch immer mehr gesteigerte Angst meines Gegners – ich weidete mich an dieser Vorstellung.
    Wir standen kurz vor einem Duell – Lucien Chevrier gegen Nicolas Morlet. Und ich war überzeugt, dass ich diesmal als Sieger daraus hervorgehen würde. Ich glaube, auch er begann das in diesem Moment zu ahnen, denn er wurde kopflos.
    „ Ich habe keine Taschenuhren. So etwas hatte ich nie!“
    Ich lachte über diese offensichtliche Lüge.
    „ Ein Antiquitätenhändler, der Schmuck sämtlicher Art verkauft, aber niemals eine Taschenuhr in seinem Besitz hatte? Das erscheint mir … unglaubhaft, Monsieur Morlet.“
    Er betrachtete mich genau, wühlte in seiner Erinnerung, schien etwas zu entdecken und verwarf es gleich wieder. All das konnte ich in seinem Gesicht lesen. Ich spürte seine Verwirrung. Sie fühlte sich wie Frühlingsregen auf nackter Haut an. Erregend und zugleich fast unwirklich. Ich brauchte mehr davon, wollte, dass der Frühlingsregen zu prasseln begann.
    „ Ich hätte gerne eine wie diese hier“, ich holte meine Taschenuhr hervor und klappte sie auf. Morlet starrte darauf, öffnete den Mund und ich konnte erkennen, dass seine Fangzähne aufblitzen.
    „ Ah, ich sehe, Sie erinnern sich … ein wenig zumindest?“
    Ich heuchelte freundliches Interesse an seiner Schwerstarbeit, all die Morde zu durchforsten, die er innerhalb der letzten Jahrhunderte begangen hatte.
    Er war nach geraumer Zeit immer noch nicht soweit, wie ich enttäuscht feststellte. Ich hatte wohl keinen bleibenden Eindruck hinterlassen – damals. Das würde sich nun ändern.
    „ Sie haben diese Uhr einem jungen Mann verkauft. Es ist erst ein paar Tage her. Hier ist die Quittung.“
    Morlet starrte auf das Stück Papier und stammelte: „Dann habe ich mich wohl geirrt. Vielleicht habe ich sie ihm verkauft. Was wollen Sie eigentlich von mir?“
    Er wagte nun einen Vorstoß, um endlich mit dem Grübeln aufhören zu können.
    Ich steckte die Quittung sorgsam wieder ein.
    „ Diese Uhr ist Diebesgut. Und das wissen Sie so gut wie ich. Es klebt Blut an ihr. Meines!“
    Morlets Augen verengten sich. Seine Lippen zitterten und offenbarten immer öfter die weißen Spitzen seiner Zähne.
    „ Ich war ein Engel ...“, begann ich mit dunkler Stimme, „… für meine Mutter zumindest war ich das. Ihr einziges Kind. Der geliebte Sohn meiner Eltern François und Josephine Chevrier. Doch dann kamen Sie und brachen mir die Flügel. Sinnbildlich, wenn Sie verstehen, was ich meine. Zuletzt versuchten Sie, mir den Kopf halb vom Rumpf zu trennen. Aber etwas schlug fehl. Ich wurde einer der Ihren, wie Sie sehen. Und nun, da die Tür zur Vergangenheit endlich wieder geöffnet ist, gibt es nur noch eines, das für mich zu tun ist. Ich werde Sie töten, Nicolas Morlet. Ich war einst zerbrechlich wie die gläserne Engelsstatur … aber Sie werden sehen, ich kann ebenso tödlich sein.“
    Morlet rang um Fassung. Ich genoss seinen panischen Anblick, während er nach einer Fluchtmöglichkeit suchte.
    Seine Augen huschten umher. „Sie sollten das nicht tun“, sagte er mit zittriger Stimme.
    Ich lachte. „Das gefällt Ihnen wohl nicht“, erwiderte ich spöttisch und fügte an: „Das kann ich verstehen. Mir hat es damals auch nicht gefallen.“
    „ Nein ... nein ...“, hauchte er und festigte seine Stimme. „Sie werden es bereuen, wenn Sie mich töten.“
    Ungerührt zog ich einen Gegenstand aus der Innentasche meiner Jacke hervor, den ich auf meinem Weg zum Antiquitätenladen an einer Grünanlage aus dem Boden gezogen und eingesteckt hatte. Es war einer der hölzernen Pflöcke, mit denen das Beet abgesteckt war. Er war nicht sonderlich groß und ein wenig schmutzig, aber er lag gut in der Hand.
    „ Da Sie

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