Verräterherz (German Edition)
ausgesetzt haben, dann werde ich nicht mehr in dunklen Gassen warten, bis jemand vorbei kommt, von dem ich mich nähren kann. Dann werde ich mir Frauen kaufen, die sich zu meiner Freude die Pulsadern aufschlitzen, um mich von ihnen naschen zu lassen. Ich werde ihnen so viel Geld geben, dass sie bereit sind, dafür zu sterben.“
Der andere lachte spöttisch und erwiderte: „Du hast bei deinem feinen Plan wohl vergessen, dass niemand für Geld bereit ist, zu sterben … was soll er denn dann noch mit dem Geld, wenn du ihn umbringst? Aber ein Mädchen, das sich freiwillig die Pulsadern öffnet, klingt schon sehr verlockend.“
Ich hörte dem sinnlosen Geschwafel zu, doch nur in der Hoffnung, dass ich mehr über dieses von den Morlets ausgesetzte Geld erfahren würde. Ich hatte Glück, oder auch Pech, wenn man davon ausgeht, dass nach diesem Abend nichts mehr so war, wie zuvor.
„ Was ist denn passiert, dass die Morlets bereit sind, auf einen Teil ihres so gut bewachten Vermögens zu verzichten?“
„ Du weißt es noch nicht? Nicolas Morlet wurde von einem von uns umgebracht. Man sagt, Morlet sei ein Hüter gewesen, weshalb der Mord umso schwerer wiegt.“
„ Ein Hüter? Was weißt du schon über Hüter? Du stammst aus der gleichen menschlichen Gosse wie ich, Claude. Wer hat dich denn in die Geheimnisse der altehrwürdigen Vampirgesellschaft eingeweiht?“
Der andere spuckte aus und machte eine abfällige Geste mit der Hand.
„ Ich habe Augen und Ohren. Und wie du weißt, war ich eine Zeitlang im Hause Ribaud als Diener angestellt, bevor man mich wegen dieses Missverständnisses rausschmiss. Du glaubst gar nicht, was man alles mitbekommt, wenn man den edlen Gästen des Hauses die Blutkelche serviert.“
Der andere Mann senkte seine Stimme. „Missverständnis? Hattest du nicht einen Teil des Silberbestecks mitgehen lassen? Aber egal... vielleicht solltest du vorsichtiger sein, mit dem, was du erzählst. Nicht, dass es dir am Ende noch so ergeht, wie dem Kerl, auf den sie ein Kopfgeld ausgesetzt haben. Die Edlen und Reichen mögen es gar nicht, wenn man ihre Geheimnisse ausplaudert. Jedenfalls noch weniger, als wenn man sie beklaut.“
„ Gut, dann erzähle ich es dir eben nicht“, erwiderte Claude beleidigt.
Ich hatte beinahe schon aufgegeben, mehr zu erfahren, doch dieser eine Kerl schien ebenso neugierig wie ich zu sein. Auch wenn ich selbst außer dieser Neugier schon das Grauen fühlte. Mir war natürlich zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass es mein Kopf war, auf den hier eine Belohnung ausgesetzt war. Auch wenn ich ehrlichgesagt ein wenig betäubt war aufgrund der dramatischen Entwicklung, die vor allem durch das Wort „Hüter“ hervorgerufen worden war.
„ Erzähl schon, es bleibt ja unter uns beiden.“
Ja, dachte ich, erzähl schon, es bleibt ja unter uns Dreien.
Und tatsächlich erzählte er.
„ Ich hörte es von einer von Madame Ribauds Freundinnen. Jacqueline Marais. Sie verlangte das Blut eines schottischen Jünglings, der noch gänzlich unberührt sein sollte. Ich hatte einige Mühe, das Gewünschte zu besorgen. Letztendlich jedoch konnte ich den Kelch der wirklich wunderschönen Dame überreichen und sie befahl mir in der Nähe zu verweilen, damit ich nachschenken könne, wann immer es ihr beliebe. Also blieb ich und versuchte mich unsichtbar zu machen. Ob sie mich vergaß, oder ob sie glaubte, Diener hätten keine Ohren, solange es sich nicht um ausgesprochene Befehle handelt, weiß ich nicht. Sie warf ihr langes helles Haar zurück und Madame Ribaud begann es mit verträumtem Blick zu flechten. Immer wieder streichelte die Hausherrin den Nacken ihres Gastes und hauchte deren Namen. Jacqueline, Jacqueline ... es klang lüstern.“
„ Das hat dir wohl gefallen.“
Claude lachte kehlig, was einer Bestätigung gleichkam. Dann fuhr er fort zu erzählen.
„ Die Damen erlagen ganz ihrem Spiel, liebkosten einander und ich war damit beschäftigt, den Kelch der Freundin immer aufs neue zu füllen, denn sie trank das Blut in gierigen Zügen, während Madame Ribaud sich an ihrem Kleid zu schaffen machte.“
„ Dann hast du gesehen, wie die beiden miteinander …“ Die Stimme versagte ihm vor Aufregung.
Ich muss zugeben, dass ich die Sache ebenfalls interessant fand, jedoch war ich aus naheliegenden Gründen mehr daran interessiert, was es mit dem Hüter und meinem Kopfgeld auf sich hatte.
„ Na ja, jedenfalls hätte ich fast ihr Liebesspiel gesehen“, sagte Claude und seine
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