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Verräterherz (German Edition)

Verräterherz (German Edition)

Titel: Verräterherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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gnadenlos. Und er hatte recht damit.
    Ich fühlte mich schlecht. Wirklich richtig mies, um es mit deinen Worten zu sagen. Aber was hätte ich denn tun sollen? Ich bin ein Vampir! Diese Rechtfertigung beruhigt nicht einmal mich selbst. Und so hörte ich mit einem überaus flauen Gefühl dem Tod weiter zu.
    „ An einem dieser Freitage nun betrat Clement LeBlanc sein Speisezimmer, das bereits festlich geschmückt und auch ansonsten vorbereitet war. Man hatte ihm ein Mädchen von zehn Jahren besorgt, das man auf dem Tisch mit Stricken festgebunden hatte. Um es herum standen Kelche, die der Hausherr stets nach einem Mahl mit einem Teil des restlichen Blutes füllte, um sie dann unter den Hausangestellten zu verteilen. Eine freundliche Geste, nicht wahr? Obwohl dies zweifelsohne Ansichtssache ist. Er brachte sich mit leiser Violinenmusik und dem Betrachten des wehrlosen Geschöpfes in Stimmung. Er schwelgte in ihren angstvoll aufgerissenen Augen und ihrem inständigen Flehen, zu ihrer Mutter zurückkehren zu dürfen. Er genoss all das zutiefst und lächelte gütig, weil sie ihm so viel Freude bereitetet, um dann seine Zähne in dem jungen Fleisch zu vergraben. Aber es gelang ihm nicht, den tödlichen Biss zu tun. Immer wieder strich er das lange rote Haar fort und betrachtete die wild pulsierende Ader an ihrem Hals. Er wurde schier verrückt vor Hunger, doch ein einziger Blick aus ihren grünen Augen genügte, um ihn immer wieder zurückzuhalten, sobald er sich hinabbeugte.“
    Ich betrachtete den Tod. Er hatte in der Gestalt des Kindes tatsächlich die grünsten Augen, die mir je untergekommen waren.
    „ LeBlanc begriff, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging. Und noch in der gleichen Nacht beschloss er, dass er Rat suchen müsse. Also löste er die Fesseln des Kindes, hüllte es in eine warme Decke und ließ eine Kutsche einspannen. Mit dem Mädchen in seiner Gewalt machte er sich auf den Weg zu Nicolas Morlet, der ihm als Hüter bekannt war, und der ihm helfen sollte, zu verstehen, was vor sich ging. Morlet empfing ihn und zog sich mit LeBlanc und dem Mädchen, dessen Name Sophie war – was aber nichts zur Sache tut – in einen Raum in seinem Keller zurück. Seine Frau ließ er wissen, dass er Wichtiges zu erledigen habe und bis zum Morgen auf keinen Fall gestört werden möchte, egal was auch immer für Geräusche aus dem Keller dringen sollten. Madame Morlet zog sich daraufhin rasch zurück. Abermals wurde das Kind gefesselt, diesmal an einen Stuhl. Morlet umkreiste es ein paar Mal, während LeBlanc berichtete, was ihn so verstört hatte. Immer wieder sprach er von ihrem Blick und seinem Unvermögen, das Kind zu töten. Morlet hörte ihm zu und erwiderte schließlich, dass es ihre Reinheit sei, die LeBlanc gehindert hätte. Der Vampir erwiderte, dass dies unmöglich der Grund sein könne, da er einmal wöchentlich darauf achte, reines Blut zu sich zu nehmen und er noch nie ein derartiges Problem dabei gehabt hatte.
    Morlet lachte daraufhin abfällig und meinte, dass Kinderblut nicht zwangsläufig reines Blut wäre. Das Mädchen, das sie nun vor sich sähen, habe jedoch so reines Blut, dass LeBlanc sich als zu schwach erwiesen hätte, es sich zu nehmen. Morlet schärfte ihm ein, dass er die unbewussten Skrupel überwinden müsse, gerade weil er einer alten Linie entstammte. Als LeBlanc erneut versuchte, dem Kind in die Halsschlagader zu beißen, nahm Morlet LeBlancs Kopf in beide Hände und zwang dessen Mund an die Kehle des Mädchens. LeBlanc bemühte sich redlich, doch seine Kiefer wollten sich einfach nicht um das zarte Fleisch und die zerbrechlichen Knochen schließen. Da riss Morlet ihn voller Wut von dem Mädchen fort, schlug auf ihn ein und schrie immer wieder, dass er eine Schande für die Vampirwelt sei. Sophie sah mit an, wie Morlet schließlich zu einem Holzpflock griff und ihn LeBlanc in die Brust rammte. Er tötete ihn jedoch nicht, sondern hatte den Pflock absichtlich etwas zu weit unten angesetzt, um sein Opfer nur zu lähmen. Kaum hatte er das getan, widmete er sich dem gefesselten Mädchen. Sophie begriff nicht, was geschehen war. Sie verstand nicht, warum dieser Albtraum von ihr Besitz ergriffen hatte. Und vor allem verstand sie Morlet nicht, der sie verfluchte und beschimpfte, mit Worten, die sie noch nie zuvor im Leben gehört hatte. Sie sehnte sich zurück in die Arme der Eltern und selbst zu ihren streitsüchtigen Brüdern, die sie gerne hänselten, weil sie als einzige in der

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