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Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Meilen. Eine Dreiviertelstunde später wurde
ich von Señor Manuel Tores in seinem luxuriösen Büro mit Blick auf das Meer
empfangen.
    »Ich
bin hoch erfreut, Sie endlich einmal persönlich kennenzulernen, Señor Roberts«,
erklärte er liebenswürdig. Er war um die Sechzig und hatte einen kleinen Bauch,
der ihm ein erfolgreiches Aussehen verlieh, ohne ihn fett wirken zu lassen.
Sein Gesichtsausdruck war kühl und beherrscht, das Lächeln von konventioneller
Zurückhaltung.
    »Ich
möchte Sie um einen Gefallen bitten, Señor Tores .« Ich
hatte keine Zeit, diplomatisch zu sein. Deshalb hielt ich es für das Beste,
gleich zum Thema zu kommen. Roberts, Roberts und Grimstead hatten mit Tores und Tores vor einigen Jahren Verträge über einen großen Industriezusammenschluß ausgearbeitet. Seither waren wir
geschäftlich in Kontakt geblieben. Keine ideale Ausgangsposition, aber die
beste, die ich in Santango hatte.
    »Señor
Roberts, es wird mir eine Ehre sein, Ihnen in jeder Beziehung zu helfen«,
versicherte er mit Nachdruck.
    »Ich
möchte mir zehntausend Dollar leihen — noch heute. Das Geld wird Ihnen
selbstverständlich per Bankauftrag innerhalb von drei Tagen überwiesen, aber es
ist wichtig für mich, es bereits vor zehn Uhr heute abend in Händen zu haben .«
    Tores betrachtete mich sekundenlang nachdenklich und mit
unbewegter Miene. »Selbstverständlich, Señor Roberts«, sagte er dann lächelnd.
»Aus beruflichem Entgegenkommen stelle ich Ihnen den Betrag gern zur Verfügung .«
    »Tatsächlich?«
Es fiel mir schwer, meine Überraschung zu verbergen. »Ich meine, wollen Sie
nicht erst meinen Vater in San Francisco anrufen, um sich zu vergewissern...«
    »O
nein, nein, Señor Roberts«, unterbrach er mich. Das Wohlwollen quoll ihm
förmlich aus den Knopflöchern. »Sie haben doch Ihren Paß bei sich ?«
    Ich
nickte.
    »Das
genügt als Ausweis. Warum sinnlos herumtelefonieren? Ich werde meiner
Sekretärin gleich eine entsprechende Vereinbarung diktieren. Wann wollten Sie
das Geld zurückzahlen ?«
    »Innerhalb
von drei Tagen«, erwiderte ich. »Falls Ihnen das recht ist .«
    »Gewiß.«
Er läutete nach seiner Sekretärin. »Miss Marcos, würden Sie bitte einen Brief
auf setzen, daß Señor Roberts ein Darlehen von zehntausend Dollar erhält,
rückzahlbar in drei Tagen? Der Zinssatz beträgt zehn Prozent .«
    Ich
wartete, bis er seine Anweisung durchgegeben hatte und sich wieder mir
zuwandte. »Sie wollen eintausend Dollar Zinsen ?« fragte ich, diesmal ohne mein Erstaunen zu verbergen.
    »Sie
finden das ein bißchen viel, Señor Roberts ?«
    »Ein
bißchen«, bestätigte ich.
    Er
zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich haben Sie recht .« Er lächelte ein falsches, strahlendes Lächeln, das besagte, daß er am längeren
Hebel und ich in der Klemme saß . Strenggenommen, saß
eigentlich gar nicht ich in der Klemme, aber solche Einzelheiten spielten im
Augenblick keine Rolle. Ich hatte das ziemlich sichere Gefühl, daß Tores die
wohlbehaltene Rückkehr von Señorita Mendez kaum interessierte.
    Und
falls ihm die Politik des Präsidenten nicht behagte, bestand sogar die Gefahr, daß
er den Zinssatz auf zweitausend Dollar erhöhte.
     
     
     

6
     
    Die
Parkwege waren von einigen hohen, dicht belaubten Bäumen gesäumt, deren
ausladende Kronen im Mondlicht wie aufgeblähte Fallschirme aussahen. Die kahlen
Stämme boten kaum eine Deckung.
    Zehn
Minuten nach zehn betrat eine einzelne Gestalt in dunklem Anzug und mit Hut,
den Park durch eine Seitentür zu meiner Linken und kam langsam den Weg zum
Hügel herauf. Ich lehnte mich an die Kanone und wartete.
    »Señor
Roberts?«
    Seine
Stimme klang angenehm. Nervös zwar, aber warm und fast bescheiden.
    Ich
steckte eine Hand in die Tasche und umschloß fest die Pistole. »Ich bin
Roberts«, bestätigte ich.
    Wir
musterten uns schweigend. Sein Teint war so hell wie die Haut der beiden Mädchen,
die behauptet hatten, seine Schwestern zu sein. Seine Gesichtszüge waren weich
und empfindsam. Er trug einen dünnen Schnurrbart. Seine Kleidung wirkte alt und
fadenscheinig. Die Umschläge seiner Hose waren zu lang, die Jacke hing ihm zu
lose um die Schultern. Es machte den Eindruck, als habe er die Sachen von einem
Landstreicher eingetauscht, mit Ausnahme der Schuhe, die blank poliert waren.
Seine Haare waren ordentlich geschnitten. In den Zähnen glänzten Goldplomben.
    »Sie
haben das Geld ?«
    »Sie
haben die Information ?«
    Er
lächelte.
    Ich
wartete.
    »Ich
werde Ihnen

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