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Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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in der Sonne
rötlich.
    »Ich
habe Feinde, Señor Roberts«, sagte sie langsam. »Und ich weiß noch nicht, ob
Sie nicht dazugehören .«
    »Wenn
ich Ihr Feind wäre, stünde ich dann hier ?«
    »Höchstwahrscheinlich.
Gerade dann«, erwiderte sie ernst.
    »Sie
sprechen von politischen Feinden .«
    »Ja.«
Sie stützte einen Fuß auf die vordere Stoßstange. »Auf wessen Seite stehen Sie ?« Ihr aufmerksamer Blick ließ mich nicht los.
    »Ich
weiß nicht einmal, welche Seite wo ist«, erklärte ich wahrheitsgemäß. »Oder wie
viele Seiten es überhaupt gibt. Vielleicht könnten Sie mich aufklären, indem
Sie mir verraten, auf welcher Seite Sie sich befinden ?«
    »Auf
der Seite meines Vaters, selbstverständlich.«
    »Okay.
Einfach genug. Und wer steht auf der anderen Seite ?«
    »General Ortez , zum Beispiel.«
    Ein
gewisses persönliches Vorurteil machte es mir nicht ganz leicht, das so einfach
zu schlucken. »Und was ist mit Rodriguez und Juarez ?« erkundigte ich mich förmlich.
    »Die
sind loyal gegenüber der Regierung — und mir .«
    »General Ortez sympathisiert mit den Leuten, die Sie entführt
haben ?«
    Sie
nickte. »Er ist ihr Anführer .«
    »Und
deshalb sind Sie weggelaufen ?«
    »Ja.
Ich hatte Angst, Sie würden für ihn arbeiten — und mich zu ihm bringen .«
    Ich
überlegte einen Augenblick. Dann kam mir ruckartig die große Erleuchtung. »Sie
sind verrückt !« sagte ich im Brustton der Überzeugung.
»Ich habe Sie gerettet. Erinnern Sie sich? Wenn Ortez der Chef der Entführer ist, warum sollte er wollen, daß ich Sie aus den Händen
seiner eigenen Männer rette ?«
    »Es
waren nicht seine Männer, Señor Roberts .« Sie runzelte
ungeduldig die Brauen. »Ihr Amerikaner seid immer so schwierig. Ihr überlegt
euch alles haargenau und mit maßloser Überheblichkeit. Aber ihr habt keine
Phantasie. Bei euch ergibt zwei und zwei immer vier .«
    »Bei
Ihnen etwa nicht?«
    »Was,
wenn dabei sechs herauskommen soll? Es bedarf eines phantasievollen Verstandes,
um festzustellen, daß die Addition falsch ist, daß irgend
etwas fehlt — und deshalb die normale Lösung nicht in Frage kommt .«
    »Okay,
wir haben also festgestellt, daß ich keine Phantasie besitze«, erklärte ich mit
verletztem Stolz. »Jetzt sagen Sie mir, vor wem Sie vergangene Nacht
fortgerannt sind. Und diesmal wählen Sie eine ganz schlichte Antwort.
Vielleicht begreife ich die .«
    »Ich
bin weggelaufen, weil nicht auszuschließen war, daß Sie von Señor Ortez kamen. Die Leute, die mich in dem Haus festhielten,
waren nur Kriminelle, die mich ihrerseits den Entführern entführt hatten, um
von der Regierung ein hohes Lösegeld zu erpressen .«
    »Wer
war das Mädchen, das ermordet und in den Brunnen geworfen wurde ?«
    Sie
sah mich verständnislos an. »Ich weiß von keinem Mädchen, das ermordet worden
ist, Señor Roberts .«
    Ich
schwieg und betrachtete sie nachdenklich. »Vielleicht sollte das einfach nur
ein Ablenkungsmanöver sein«, überlegte ich laut. »Wenn allgemein angenommen
wurde, Sie seien tot, würde niemand mehr nach Ihnen suchen. Und die Entführer
hätten Zeit gewonnen, ein besonders sicheres Versteck für Sie ausfindig zu
machen. Womöglich in einem anderen Teil des Landes. Später konnten sie ja dann
beweisen, daß Sie noch am Leben waren .«
    »Das
ist entsetzlich !« Ihr Atem ging schneller. »Das arme
Mädchen. Sie meinen, diese Leute haben es an meiner Stelle umgebracht ?«
    »So
ähnlich.«
    »Wie
traurig.« Sie wandte betroffen den Kopf.
    »Warum
dachten Sie, ich sei von General Ortez geschickt, um
Sie zurückzuholen ?«
    Sie
zuckte die Achseln. »Wie hätte ich sicher sein können? Daß Sie mit meinem Vater
gesprochen hatten, war anzunehmen. Ich glaube nicht, daß er dem General von
meinen kindischen Phantasien erzählt hätte. Aber das hieß noch nicht, daß Sie
nicht mit den Feinden meines Vaters zusammenarbeiteten .« Sie hielt inne. »Unglücklicherweise vertraut mein Vater nämlich dem General .«
    »Vielleicht
aus gutem Grund«, sagte ich. »Sind Sie sicher...«
    »Ich
habe gehört, wie General Ortez mit den Entführern
sprach. Er dachte, ich sei bewußtlos. Über ihn besteht kein Zweifel mehr .«
    »Okay.«
Ich seufzte. »Also ist der General ein Schurke. Aber was ist mit mir? Wie
wollen Sie wissen, daß Sie mir vertrauen können ?«
    Sie
zog eine Pistole aus ihrer Gesäßtasche und zielte auf mich. »Das tue ich ja gar
nicht, Señor Roberts«, versetzte sie liebenswürdig.
    Meinem
benommenen Verstand

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