Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
Nessus meinte das wirklich ernst! Louis streckte ihm seinen Taschencomp entgegen und aktivierte ihn mit Stimmprobe und Daumenabdruck. »Also gut: Wie lauten die Codes?«
Nessus diktierte eine lange Ziffernfolge und beharrte trotzdem darauf, dass Louis sie nicht nur abspeicherte, sondern auch noch auswendig lernte. Louis hatte den Kopf schon voller Transferkabinen-Kennungen – momentan völlig nutzlose Informationen, weil nicht möglich, sie einzusetzen. Es war nicht schwieriger, sich Nessus’ Daten einzuprägen.
Und es stand zu hoffen, dass sie ebenso nutzlos sein würden, weil es nicht nötig würde, sie zu benutzen.
Nachdem Louis die Codes häufig genug korrekt wiederholt hatte, fuhr Nessus fort.
»Nächster Punkt: keine Gespräche mit Achilles über unsere Mission oder wie wir ihn haben finden können. Zu Ihrer eigenen Sicherheit, Louis: Sie haben noch nie von Sigmund Ausfaller gehört, von Beowulf Shaeffer, von New Terra oder den Gw’oth. Und Sie wissen auch nichts von einem Nicht-Standard-Autodoc, den wir an Bord haben könnten. Denn Baedeker glaubt, er basiere auf fortschrittlicher Nanotechnologie, die sich missbrauchen lasse. Sollte Carlos Wu erwähnt werden, dann vergessen Sie nicht, dass Wu ein außergewöhnlich häufiger Name ist und Ihnen daher dieser Name überhaupt nichts sagt!«
»Das bedeutet wohl, ich werde auch mit Ihnen nicht über diese Themen sprechen dürfen.«
»Nicht, solange Achilles an Bord dieses Schiffes ist. Nicht, bis Ingenieure, denen ich vertrauen kann, dieses Schiff nach Sensoren abgesucht haben.«
Damit blieben nicht mehr viele Gesprächsthemen übrig. »Sagen Sie mir eines, Nessus: Ich verstehe ja, dass Bürger menschliche Namen verwenden, wenn sie mit uns interagieren – Namen für sich selbst und auch für ihre Schiffe. Aber warum Namen aus der Mythologie?«
»Wenn Sie mir versprechen, mir das nicht zu verübeln ...« Eine lange Pause. »Die Mythen, die sich bei der Menschheit schon lange halten, verraten sehr grundlegende Wahrheiten über Ihre Spezies. Wir finden das faszinierend.«
»Und der Name, den ein Bürger, also auch Sie, für sich selbst auswählt, muss dann grundlegende Wahrheiten über Sie verraten.«
Nessus zupfte an seiner Mähne und schwieg.
»Nessus« klang eindeutig wie ein mythologischer Name. Aber Louis sagte der Name nichts, denn er kannte keine Mythologie, in der dieser Name vorgekommen wäre. Vielleicht könnte ja Voice ihm weiterhelfen, wenn Louis ihn darauf anspräche und diese Wissenslücke preisgäbe. Andererseits ...
Achilles. Der legendäre Krieger, der Liebling aller Götter, so gut wie unverwundbar. Der Einzelgänger, der sich schmollend in sein Zelt zurückgezogen hatte, weil es ihm nicht gepasst hatte, dass sich einer der Heerführer der Achäer, Agamemnon, gezwungen, von seinem Anteil an der Kriegsbeute vor Troja abzugeben, an seinem, Achills, Anteil schadlos hielt. Und »Argo« war auch nicht viel besser. Es war das Segelschiff, mit dem Jason und seine Gefährten, eine Gruppe munterer Abenteurer, aufbrachen, um das Goldene Vlies zu rauben.
»Was verrät der Name unseres Schiffskameraden über ihn? «, fragte sich Louis laut.
Nessus legte ein Maul an die Lukenverriegelung. »Mein Rat, falls Sie je in die Lage kommen sollten, eine Information mit Achilles zu teilen: Erinnern Sie sich daran, diese Frage gestellt zu haben! Sie täten gut daran.«
Louis joggte durch die Aegis . Er durchquerte ein Deck nach dem anderen. Er rannte vom Bug bis zum Heck und wieder zurück, lief Treppen hinauf und hinunter und nahm dabei immer drei Stufen auf einmal. Wenn die Geschwindigkeit allein ihren Reiz verlor, warf er sich auf Deck und machte Liegestütze, bis er wieder aufsprang, um die nächste Runde zu laufen. Er schlug Salti und Purzelbäume, übte sich im Schattenboxen und machte Klimmzüge an den Griffen, die in die Decke eingelassen waren. Wenn er eine Runde hinter sich hatte, fing er die nächste an.
Die Fahrt nach Hearth würde lang werden.
Sie war es jetzt schon.
Nessus und Achilles konnten sich nicht gemeinsam in einem Raum aufhalten, ohne sofort einen Streit vom Zaun zu brechen. Dass sie sich stritten, war unverkennbar. Aber da Louis die Sprache der Puppenspieler nun einmal nicht beherrschte, konnte er nur Vermutungen darüber anstellen, worum es dabei eigentlich ging.
Wenn man allerdings von den musikalischen Verzierungen und Schnörkeln ihres Disputs absah, schnappte Louis doch hin und wieder einzelne Worte auf, die er bereits
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