Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
den jetzt keine Luken mehr verschlossen. Viel Platz zum Manövrieren blieb Louis nicht. Das Bild, das sich ihm augenblicklich aufdrängte, war vielleicht unpassend. Dennoch kam es ihm so vor, als wollte er einen Olivenkern wieder in die Olive zurückstecken.
Das Radar meldete ihm, dass im Inneren des Wracks immer noch Trümmer umhertrieben. Kaum dass er die Aegis genau in der Mitte des gewaltigen Frachtraums platziert hatte, krachte irgendetwas lautstark gegen den Rumpf und prallte davon ab.
»Kinderspiel«, log Louis. »Jetzt sind Sie an der Reihe.«
Rittlings saß Nessus auf der y-förmigen Pilotenliege. Systematisch suchte er das Innere der Argo mit einem Komm-Laser ab: Ein geisterhaft grüner Punkt beschrieb enge, parallel verlaufende Kreisbahnen durchs ganze Schiff. Trotz der Dunkelheit des interstellaren Raums war Restlichtverstärkung erforderlich, um die Reflexion des Laserstrahls an der transparenten GP-Zelle erkennen zu können.
»Wonach suchen wir eigentlich?«, fragte Louis.
»Nach Ihrem Zielpunkt.«
Schon wieder so ein Tanj-Puppenspieler-Geheimnis! Als würde es etwas bringen, Licht durch den transparenten Schiffsrumpf leuchten zu lassen!
Der schwachgrüne Lichtfleck kehrte wieder an den Ausgangspunkt des Scans zurück und begann die Prozedur von Neuem. Als der dritte Scan etwa zur Hälfte abgeschlossen war, hielt die Bewegung des Lasers inne. Der grüne Punkt verwandelte sich in einen kleinen, noch schwächer leuchtenden Kreis, und Louis bemerkte, dass dort, wo der Punkt auftraf, etwas schimmerte. Etwas im Inneren der Rumpfwandung.
»Da!« Nessus hob einen Kopf von seiner Konsole. Kurz reckte er den Hals, dann deutete er mit dem Kopf auf den kaum erkennbaren Kreis. »Steuern Sie das Schiff so, dass unser Bug genau diesen Punkt berührt!«
»Wie genau müssen wir sein?«, wollte Louis wissen.
Nessus zupfte an seiner Mähne. » Sehr genau.«
Dass es an Bord der Aegis eine KI gab, wusste ihr mürrischer Gast noch nicht. Derzeit schmollte Achilles in seiner Kabine; aber dort würde er nicht unbedingt auch bleiben.
»Voice?« Louis verband sich mit einem Konsolen-Computer. »Schau dir das bitte mal an!«
Louis überlagerte das Radarbild mit dem kaum erkennbaren Abbild des Lichtkreises. Mit der Fingerspitze tippte er in das Holo hinein, das die Darstellungen kombinierte, um Referenzpunkte zu markieren – hier und da nämlich hingen immer noch Überreste der Decks am Rumpf. Zu guter Letzt tippte er auch Nessus’ geheimnisvollen grünen Lichtfleck an.
Als er die Hände wieder an der Konsole hatte, tippte er einen Text ein: »Kannst du mich an den Punkt heranlenken, den dieser Laser markiert?«
»Ja«, leuchtete es auf dem Bildschirm auf. Das Display wurde wieder schwarz; Frage und Antwort waren verschwunden.
Gemäß den kurz aufleuchtenden Anweisungen von Voice steuerte Louis die Aegis vorwärts. Ein dumpfer Aufprall, als die beiden Schiffsrümpfe einander berührten. Doch die Trägheitsdämpfer fingen den Schwung ab.
»Kontakt«, leuchtete auf dem Bildschirm auf.
Vier Versuche waren erforderlich. Schließlich aber traf Louis das Ziel exakt mit genau dem richtigen Schwung unter minimalem Thruster-Schub. Wie ein Schildfisch an einem Hai hing die Aegis jetzt an dem Wrack – aber an der Innenseite.
Louis blickte zu Nessus hinüber. »Was immer Sie vorhaben, beeilen Sie sich!«
Nessus’ Augen leuchteten noch manischer als sonst. Sogar mit beiden Mündern umklammerte er die Steuerung des Hyperraumantriebs.
Auf Louis’ Konsole deaktivierte sich schlagartig jedes Instrument – von einem abgesehen. Der Massenanzeiger erwachte flackernd zum Leben, blaue Linien in seinem Innersten wiesen auf nahegelegene Sterne hin. Genauso abrupt, wie die Aegis in den Hyperraum gesprungen war, kehrte sie wieder in den Normalraum zurück. Wenige Sekunden später meldete das Radar umhertreibende Trümmer. Die Argo war geborsten, zu einem Trümmerfeld auseinandergerissen.
Louis wusste, dass es zwecklos wäre, Nessus zu fragen, wie sie das bewerkstelligt hatten.
Ein Trümmerstück prallte klirrend gegen den Rumpf der Aegis , und Nessus zuckte zusammen. »Wir sind noch da«, sagte er, und vor Erleichterung klangen seine Stimmen ganz aufgekratzt. »Wieder einmal hat Achilles sich geirrt!«
15
Louis hing geschützt in seinem Schlaffeld, aber an Schlaf war nicht zu denken. Schon die halbe definierte Nacht warf er sich unruhig hin und her. Zu viel aufgestaute Energie und viel zu viel, das ihm durch den Kopf ging.
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