Verrat im Zunfthaus
wandte sich dann jedoch noch einmal um. «Nebenbei … Es überrascht mich ein wenig, Adelina, dass das Kind dich noch immer nicht ‹Mutter› nennt.» Damit verschwand sie die Stiege hinab.
***
Georg Reese und Marie Elfge kamen am späten Nachmittag des nächsten Tages zu Besuch. Reese brachte Neuigkeiten aus dem Gefängnis. Benedikta, Feidgin und Donatus waren am Morgen aufgebrochen, und Adelina war gerade dabei, einige der leeren Behältnisse in der Apotheke aufzufüllen, denn in drei Tagen, am Montag, wollte sie die Apotheke wieder öffnen. Sie schickte Mira nach nebenan, um Neklas zu holen, und nur wenig später saßen sie gemeinsam in der Küche. Auch Meister Jupp war mit herübergekommen.
«Der Prozess gegen diesen Wulfhart ist bereits beendet»,begann Reese. «Nachdem es genügend Zeugen für seine Untaten gibt, war diese Sache bei den Schöffen schnell vom Tisch. Er wird morgen Mittag auf dem Neumarkt enthauptet.»
Adelina atmete scharf ein.
«Werdet Ihr der Urteilsvollstreckung beiwohnen?», fragte Reese sie.
Sie schüttelte entschieden den Kopf. «Nein, aber wenn es vorbei ist, werde ich Griet davon erzählen, damit sie keine Angst mehr vor ihm hat.»
Neklas nickte zustimmend. «Eine Hinrichtung ist nicht gerade das, was wir uns derzeit ansehen möchten.» Dann wechselte er das Thema. «Wurde Laufer noch einmal verhört?»
«O ja, deshalb sind wir ja eigentlich hier», sagte Marie aufgeregt, ließ dann jedoch ihren Onkel erzählen.
«Er hat unter der peinlichen Befragung ausgesagt, dass Hilger Quattermart und Hermann von Goch zwei der Rädelsführer bei den Patriziern sind. Aber das wussten wir ja bereits. Leider schweigt er beharrlich darüber, wer die Kontaktperson in der Stadt ist.»
«Vielleicht ist er es selbst», schlug Meister Jupp vor. «Als Gehilfe des Vogts standen ihm doch Tür und Tor offen.»
«Es muss noch jemanden geben», widersprach Reese. «Wir verfolgen noch andere Hinweise, und es scheint, als führten diese alle ins Rathaus.»
«Ihr meint, einer der Ratsherren ist der Mittelsmann?»
«Zumindest jemand aus dem engeren Umfeld», nickte Reese.
«Vielleicht sogar Gerlach vom Hauwe?» Adelina standauf und füllte den Krug mit frischem Most. «Dieser Caspar soll doch zu seinen Vertrauten gehört haben. Vielleicht hat vom Hauwe die Seiten gewechselt?»
Reese sah sie nachdenklich an. «Ich mag es mir gar nicht vorstellen, aber vielleicht habt Ihr recht, doch wenn vom Hauwe wirklich mit den Patriziern gemeinsame Sache macht, dann wäre das der schlimmste Verrat, den man sich vorstellen kann. Schließlich war er es, der den Verbundbrief nach unseren Vorgaben verfasst und niedergeschrieben hat. Er hat höchstpersönlich die Siegelung durch die Zünfte überwacht.» Er schüttelte resigniert den Kopf. «Aber irgendjemand muss ein falsches Spiel mit uns treiben. Vielleicht ist es tatsächlich vom Hauwe, er hält sich in letzter Zeit verdächtig oft in Siegburg auf. Gut möglich, dass er mit Quattermart und von Goch unter einer Decke steckt.»
«Laufer hat noch mehr ausgesagt», mischte Marie sich nun wieder ein. Ihre Wangen waren noch immer vor Aufregung leicht gerötet. «Er hat gesagt, mein Vater sei nicht an den Bestechungsversuchen beteiligt.»
«Habt Ihr noch einmal mit ihm darüber gesprochen?», fragte Meister Jupp.
Marie schüttelte den Kopf. «Er war in den letzten Tagen kaum zu Hause. Ich glaube, er stürzt sich in seine Arbeit, meine Vorwürfe müssen ihn schwer getroffen haben.» Sie senkte ihren Blick und fuhr mit den Fingerspitzen über die Tischplatte. Reese warf ihr einen langen Blick zu und sagte dann: «Dein Vater ist einer der Freischöffen. Wir haben inzwischen die Bestätigung des Erzbischofs.»
Marie hob ruckartig den Kopf. «Warum sagst du mir das erst jetzt?»
«Ich weiß es erst seit zwei Stunden», antwortete Reese leise. «Und es hilft uns auch nicht weiter, denn wir werden wahrscheinlich niemals erfahren, wie die Verhandlung des Femegerichts verlaufen ist und was genau dort beschlossen wurde. Wir wissen nicht, ob dein Vater wirklich an dem Urteil gegen deine Schwester beteiligt war.»
«Aber dass es sich bei Belas und Vetscholders Tod um ein Femeurteil gehandelt hat, steht fest?», hakte Adelina nach.
«Ja, wenn auch um eines, das der Erzbischof nicht billigte», bestätigte Reese. «Offenbar waren seine Leute auch schon länger auf der Suche nach den Helfern der Patrizier. Die Edelsteine zu schlucken war eine clevere Art, sie zu verstecken, das
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