Verrat im Zunfthaus
Nähen bei?»
«Schon.» Griet zog die Nase kraus. «Aber das geht so langsam, weil die anderen nicht so schöne, gerade Stiche hinkriegen. Ich will lieber etwas Schöneres nähen als langweilige Betttücher.»
«Nun gut, mal sehen, wann ich dazu Zeit habe. Nun hilf mir, den Haferbrei zuzubereiten.»
Während die Frauen einträchtig in der Küche arbeiteten, tauchte auch Mira auf und deckte den Tisch. Franziska brachte wenig später Vitus in die Küche, dem sie beim Ankleiden geholfen hatte.
Und gerade, als das Frühstück fertig war, schob sich auch Neklas durch die Tür. «Haben wir eine Wegzehrung für Donatus? Er lässt sich nicht überreden, noch länger zu bleiben. Ludowig hat sein Pferd bereits gesattelt.»
«Natürlich. Magda, pack ein Stück Brot, Äpfel und den Rest Braten von gestern in einen Korb», wies Adelina an, während sie selbst den Haferbrei auf die Schüsseln verteilte. «Richte ihm Grüße an deine Familie aus und wünsch ihm von mir eine gute Heimreise!», wandte sie sich an Neklas, der mit dem Korb schon fast wieder zur Tür hinaus war. Dabei fiel ihr ein, dass sie noch immer nicht den Brief ihrer Schwiegermutter gelesen hatte. Er lag auf dem Regal neben dem Ofen, wo sie ihn am Vorabend abgelegt hatte. Sie nahm sich vor, ihn gleich nach dem Frühstück zu öffnen.
3
Sie hatten gerade mit der Mahlzeit begonnen, als heftig an die Apothekentür geklopft wurde. Adelina wies Ludowig an, die Tür zu öffnen, und er kam mit einem Schreiber des Vogts zurück, der sich sogleich an Neklas wandte: «Magister Burka, verzeiht die frühe Störung, aber mein Herr, der Vogt Bartold Scherfgin, wünscht, dass Ihr ihn umgehend aufsucht.» Der schmale Mann rümpfte seine spitze Nase und blickte sich in der Küche um. Anscheinend missfiel ihm der Geruch des frischgekochten Haferbreis. «Ihr sollt Euch die Leiche einer jungen Frau ansehen, die gestern gefunden wurde.»
«Die vom Gaffelhaus?», platzte Mira heraus und fing sich dafür einen strafenden Blick von Adelina ein. Das Mädchen schlug die Hand vor den Mund, blickte jedoch weiterhin neugierig zwischen Neklas und dem Besucher hin und her.
Der Schreiber sah das Mädchen überrascht an, äußerte sich jedoch nicht auf ihre Frage.
«Ich komme sofort», sagte Neklas und stand auf.
«Wer ist denn im Gaffelhaus gestorben?», fragte Griet, nachdem die Männer die Küche verlassen hatten.
«Na, eine Frau», verkündete Mira. «Die ist da im Keller geschlachtet worden!»
Griet bekam kugelrunde Augen. «Wirklich?»
«Mira!» Adelina schlug mit der flachen Hand auf denTisch. «Hör sofort mit diesem Unsinn auf und halt den Mund!»
«Menschen werden doch gar nicht geschlachtet, nur Schweine und Kühe und so», sagte Vitus und schob seine leere Schüssel von sich.
«Recht hast du», sagte Franziska gutmütig. «Komm, wir gehen in den Garten und schauen, ob der Kohl schon gewachsen ist.» Sie zog den Jungen, der sie inzwischen um einiges überragte, mit sich hinaus. Auch Ludowig stand auf. «Werde mich mal um die Pferde kümmern und das Rad am Wagen reparieren», brummte er.
«Griet, es wird Zeit», sagte Adelina. «Die Beginen warten nicht mit dem Unterricht.»
«Ich bringe sie schon.» Magda winkte Griet zu sich, und die beiden machten sich auf den Weg.
Adelina atmete auf, als sich die Küche langsam leerte. Dann fixierte sie ihr Lehrmädchen streng. «Du hast ein vorlautes Mundwerk, Mira. Hatte ich dir nicht ausdrücklich gesagt, du sollst über diese Sache schweigen?»
«Das war aber doch gestern Abend», meinte Mira mit unschuldigem Augenaufschlag.
«Das gilt auch heute noch», sagte Adelina verärgert. «Verschwinde jetzt in die Apotheke und fege den Boden, aber ordentlich! Auch die Ecken.»
Mira zog einen Flunsch. «Aber Meisterin, ich dachte, Ihr zeigt mir heute, wie die Destille funktioniert.»
«Erst, wenn du gelernt hast, dich an meine Anweisungen zu halten.» Damit wandte Adelina sich um und sah nach Colin, der dem Geruch nach eine frische Windel benötigte.
Mira ging mit hängenden Schultern an ihre Arbeit.
Nachdem Adelina ihren Sohn frisch gewickelt und zurückin sein Bettchen gelegt hatte, fiel ihr ein, dass sie heute noch nicht nach ihrem Vater gesehen hatte. Doch als sie einen Blick in dessen Kammer warf, stellte sie fest, dass er noch schlief. Der Schlafmohn wirkte immer sehr lange.
Albert Merten, der noch bis vor knapp zwei Jahren die Apotheke geführt hatte, war mit der Zeit immer vergesslicher und verwirrter geworden, sodass
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