Verrat im Zunfthaus
Vogt ins Handwerk zu pfuschen.»
«Das ist tatsächlich eine undankbare Aufgabe», bestätigte Adelina.
Da in diesem Moment Franziska die Apotheke betrat, begann Reese sogleich mit seiner Befragung.
Sie berichteten abwechselnd über den vergangenen Nachmittag und die Umstände, die sie in den Keller des Gaffelhauses geführt hatten.
«Und Euch ist ganz bestimmt nichts Ungewöhnliches aufgefallen?», hakte Reese ein letztes Mal nach.
«Nichts.» Adelina schüttelte den Kopf. «Es war niemand außer uns im Keller, falls Ihr das meint.» Sie nickte Franziska zu. «Du kannst wieder an deine Arbeit gehen.»
Reese wartete, bis die junge Magd den Raum verlassen hatte, dann begann er erneut zu sprechen: «Soweit wir vermuten, muss der Mord in den frühen Morgenstunden geschehen sein, noch bevor die ersten Zunftmitglieder ins Gaffelhaus kamen.»
«Aber wer sollte sich Zugang zu dem Keller verschafft haben?», wunderte sich Adelina. «Das würde ja bedeuten, dass Ihr eines der Zunftmitglieder verdächtigt.»
«Der Verdacht liegt in der Tat nahe», meinte Reese. «Nur wenige Meister haben einen Schlüssel für das Haus, diesen hätte man aber möglicherweise auch nachmachen lassen können. Außerdem wäre noch zu klären, wie Bela Elfge dorthin kam.»
«Sie ist die Verlobte eines unserer Zunftmeister, wie ich hörte», warf Adelina ein.
Reese nickte. «Avarus Vetscholder. Ich habe einen meiner Gehilfen zu ihm geschickt, um ihn ins Rathaus zu holen. Er war wohl gestern geschäftlich unterwegs und hat wahrscheinlich gerade erst von dem Unglück erfahren.»
«Scheußlich.» Adelina schauderte. «Könnte er seine Verlobte zu so früher Stunde ins Gaffelhaus geschickt haben?»
«Möglich. Aber Belas Vater, Wolfram Elfge, ist ebenfalls Mitglied der Gaffel Himmelreich. Kennt Ihr ihn nicht?»
Adelina hob die Schultern. «Seit die Zünfte sich zu Gaffeln zusammengeschlossen haben, ist es nicht mehr ganz einfach, alle Zunftmeister zu kennen. Es sind zu viele.»
«Wolfram Elfge ist einer der neuen Schöffen, die der Rat zusammen mit dem Erzbischof berufen hat, nachdem so viele der ehemaligen Patrizierschöffen aus der Stadt verbannt oder eingekerkert worden sind. Ihr wisst, Euer Nachbar Keppeler, Gott hab ihn selig, gehörte auch dazu. Die meisten der neuen Schöffen stammen aus Handwerker- und Kaufmannskreisen. Elfge betreibt einen Wein- und Spezereienhandel, den er, soweit ich hörte, mit dem der Familie Vetscholder zu verbinden wünschte.»
«Dann hätte also auch er seine Tochter ins Gaffelhaus schicken können.»
«Hätte er, tat er aber nicht. Ich habe bereits mit ihm gesprochen. Er war dermaßen schockiert, als er vom Tode seiner Tochter hörte, dass ihn beinahe der Schlag getroffen hat. Er ging davon aus, dass Bela sich außerhalb der Stadt bei Verwandten aufhalte. Belas Mutter ist bei der Nachricht zusammengebrochen. Es war entsetzlich.»
«Das kann ich mir vorstellen. Gibt es noch etwas, womit ich Euch weiterhelfen kann?»
Reese schüttelte den Kopf und lächelte. «Nein, meine Liebe. Ich denke, das war alles. Verzeiht, dass ich Euch so lange von Eurer Arbeit abgehalten habe. Alles Weitere werden Bartold Scherfgin und ich zu klären haben.»
«Ich wünsche Euch viel Glück dabei.»
«Danke, Frau Adelina, das können wir vermutlich brauchen.» Reese griff nach seinem Mantel, hängte ihn sich jedoch nur über den Arm. «Diese Sache wird mir noch manch schlaflose Nacht bereiten. Und dabei bin ich eigentlich mit einer ganz anderen Angelegenheit beschäftigt, die für die Stadt Köln von ungeheurer Wichtigkeit ist.»
«Ach?» Adelina hob die Brauen.
«Sicher wisst Ihr, dass die Patrizier mit der neuen Stadtverfassung nicht einverstanden sind.»
Adelina verzog spöttisch die Mundwinkel. «Wie auch? Sie wurden ja schließlich gewaltsam ihrer althergebrachten Rechte enthoben und aus der Stadt verbannt.»
«Heißt Ihr dieses Vorgehen nicht gut?»
«Ich finde, die Zünfte haben ein Recht auf Selbstbestimmung und Gewicht im Rat, mir gefällt nur diese ewige Gewalt nicht.»
«Sicher, ganz unblutig ist der Verbundbrief nicht eingeführt worden», stimmte Reese zu. «Doch im Grunde können wir von Glück sagen, dass es nicht noch schlimmer kam. Der Erzbischof hat den Rat bestätigt, König Wenzel ebenfalls. Nun geht es darum, den Frieden wiederherzustellen und zu wahren.»
«Was die Patrizier aber nicht wollen.»
«Nein, offensichtlich nicht.» Reese, der bereits an derTür gestanden hatte, kam noch einmal an den
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