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Verrat im Zunfthaus

Verrat im Zunfthaus

Titel: Verrat im Zunfthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Adelina das Geschäft nach und nach übernommen hatte. Vor einem knappen Jahr dann hatte ihren Vater ganz plötzlich der Schlag getroffen, und seither war es noch schlimmer mit ihm geworden. Er hatte nur noch selten lichte Momente, erkannte Adelina oder die anderen kaum noch und konnte auch nicht mehr richtig sprechen. Manchmal ermunterten sie ihn zum Aufstehen und Herumgehen, doch musste er sich dabei schwer auf seinen Gehstock stützen und war schon mehrmals vor Schwäche gestürzt. Adelina war fest davon überzeugt, dass der körperliche und geistige Verfall ihres Vaters auf die giftigen Dämpfe zurückzuführen war, die er Jahr für Jahr in seinem Laboratorium eingeatmet hatte, während er auf der Suche nach dem Stein der Transmutation gewesen war, mit dessen Hilfe man angeblich niedere Metalle zu Gold machen konnte.
    Adelina hielt davon nichts, umso ärgerlicher fand sie es, dass auch Neklas oft im Laboratorium mit alchemistischen Versuchen experimentierte. Er versicherte ihr zwar immer wieder, diese seien völlig ungefährlich, doch sie argwöhnte, dass, wenn es auch keine giftigen Dämpfe gab, seine Versuche durchaus nicht ungefährlich sein konnten. Warum sonst hatte er, als Bruder Thomasius, der fanatische Dominikaner, in Köln aufgetaucht war,seine Sammlung alchemistischer Bücher bei Nacht und Nebel aus dem Haus geschafft?
    Seufzend schloss Adelina die Tür zur Schlafkammer ihres Vaters wieder und begab sich zurück in die Küche. Nun wollte sie endlich den Brief von Neklas’ Mutter lesen, doch kaum hatte sie ihn in der Hand, als es erneut an der Tür klopfte. Sie hörte die Schelle, die sich an der Tür befand, und kurz darauf streckte Mira die Nase in die Küche. «Meisterin, der Herr Reese ist da und will Euch sprechen.»
    «Sag ihm, ich komme sofort.» Rasch legte Adelina den Brief wieder ins Regal, ordnete ihr Kleid, zog die Küchenschürze aus und eilte dann in die Apotheke.
    «Guten Morgen, Herr Reese!», begrüßte sie den hageren Ratsherrn, dessen düstere Miene sich bei ihrem Anblick ein wenig aufhellte.
    «Frau Adelina, wie schön, Euch wohlauf zu sehen. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie erschrocken ich war, als ich hörte, ausgerechnet Ihr hättet diesen schrecklichen Fund gemacht! Wo Ihr doch gerade erst ein Kind bekommen habt und …»
    «Nun.» Adelina lächelte. «Das ist ja schon drei Monate her, und auch kein Grund, dass es mir schlecht gehen müsste.»
    «In der Tat seht Ihr noch blühender aus als sonst», bestätigte Reese. Er nestelte an seinem Ratsherrenmantel. «Verzeiht, aber ich muss dieses Kleidungsstück ablegen. Es ist unerträglich warm und drückend, das gestrige Gewitter hat ja leider keine Abkühlung gebracht.»
    «Aber natürlich, hängt Euren Mantel hier neben die Tür.»
    «Leider habe ich auch nicht sehr viel Zeit, deshalbwäre es ratsam, Euch und Eurer Magd meine Fragen gleich und ohne Umschweife zu stellen.»
    Adelina nickte und wandte sich an ihr Lehrmädchen, das, auf den Besenstiel gestützt, wieder einmal gaffte und lauschte. «Mira, hol Franziska herein. Danach setzt du dich in das Hinterzimmer und bereitest die Bindfäden zum Aufhängen der Kräuter vor, die heute gebracht werden sollen.»
    Enttäuscht stellte Mira den Besen in eine Ecke und ging zur Hintertür. «Ich bin aber noch nicht mit Kehren fertig.»
    «Das kannst du später nachholen. Nun geh. Und Mira!»
    Das Mädchen blieb stehen. «Wenn ich dich beim Lauschen erwische, setzt es was!»
    «Ein schwieriges Kind?» Reese blickte Mira aufmerksam nach.
    «Zuweilen.» Adelina hob die Schultern. «Seit wann seid Ihr Gewaltrichter?»
    «Ich wurde vor sechs Wochen in dieses Amt gewählt.» Reese lächelte schief. «Offenbar befand man mich als passend, da ich in der Vergangenheit – mit Eurer Hilfe wohlgemerkt – zweimal bei der Aufklärung von Morden erfolgreich war.»
    «Ihr klingt nicht sehr begeistert.»
    «Nun ja, das Amt des Gewaltrichters ist eines der undankbarsten und vor allem das am wenigsten angesehene. Das war schon unter dem alten Stadtrat so. Man befasst sich ständig mit Mord, Verrat und Betrug und wird dabei noch nicht einmal bezahlt. Und wenn der Wollhandel nicht so gut liefe und meine Gehilfen mir nicht die meiste Arbeit abnehmen würden, könnte ichmir das Amt gar nicht leisten. Es hält mich an mindestens vier Tagen in der Woche von meinen Geschäften ab; Ihr könnt Euch sicher vorstellen, was das bedeutet. Und alles für die Ehre, die Schöffen ein wenig zu entlasten und dem

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