Verrat in Freistatt
war ja auch so schon von der Farbe sonnengedörrten Strohs. Er hatte seine Männer sicher durch die Wüste nach Freistatt geführt.
Doch nun hüllte Müdigkeit sie ein wie der Staub, und obgleich das Ende ihrer Reise in Sicht war, warteten sie stumm auf Thrushers Rückkehr.
Walegrin hatte nicht gewagt, die Stadt selbst zu betreten. So wie er war, groß und bleich, trotz der Wüstensonne, das geflochtene Haar mit einem Bronzereifen gebändigt, würden zu viele ihn wiedererkennen, und deshalb war er als Kundschafter ungeeignet. Außerdem galt er als Gesetzloser; er wurde wegen Fahnenflucht vom Prinzen gesucht, da er die Garnison ohne Erlaubnis verlassen hatte. (4) Zwar hatte er Kilites Begnadigung - das Pergament bewahrte er sorgfältig zusammengerollt im Sattelbeutel auf -, doch falls er sie benutzte, würde Kilite schon nach kurzer Zeit erfahren, daß er noch lebte. Da war es schon besser, ein Gesetzloser zu bleiben.
Thrusher dagegen, mit seiner fast zierlichen Gestalt und der Hakennase, wirkte so unauffällig, daß sich bestimmt niemand an ihn erinnern würde. Bei seiner Klugheit, Geschicklichkeit und Entschlossenheit würde er sich nicht in Gefahr begeben und sich auch nicht von den ohnehin nicht gerade aufregenden Verlockungen der Stadt in Versuchung führen lassen.
Bis zum Einbruch der Nacht würde Walegrin ein Dach über den Köpfen seiner Männer haben und mehr Wasser, als sie trinken konnten. Wein ebenfalls, dachte Walegrin. Er selbst hatte schon fast vergessen, wie Wein schmeckte.
Als die Schatten länger wurden, tauchte Thrusher auf einem Dünenkamm auf. Walegrin winkte ihm zu, daß alles in Ordnung sei. Der kleine Leutnant gab seinem Pferd die Fersen und galoppierte das letzte Stück durch Sand. Sowohl Mensch wie Tier waren von den gelben Sandkörnchen befreit. Wie sehr Walegrin ihn darum beneidete!
»Ho, Thrusher!« rief ihm einer der Männer entgegen. »Können wir heute nacht in der Stadt schlafen?«
»Mit vollem Bauch und einer hübschen Dirne«, entgegnete Thrusher lachend.
»Bei den Göttern, ich dachte, wir reiten nach Freistatt, nicht ins Paradies.«
»Fast ein Paradies, wenn man nicht zu wählerisch ist«, versicherte Thrusher ihnen allen. Er saß ab und ging zu Walegrin hinüber.
»Du scheinst mir ja recht zufrieden zu sein. Hat sich in der Stadt denn soviel geändert, seit wir weggeritten sind?« fragte ihn Walegrin.
»Ja, allerdings. Man könnte meinen, die Nisibisi seien auf dem Weg hierher. Es gibt in Freistatt jetzt mehr Söldner als in Ranke. Wir werden überhaupt nicht auffallen. Das gemeine Volk fürchtet sich, seine Löcher zu verlassen - und wenn man sein Schwert zu benutzen versteht, gibt es viele, die bereit sind, einen anzuheuern. Mit Kittycats Gold ist es nun schon seit einigen Monaten nicht mehr zum besten bestellt. Er muß sich auf eine Bürgerwehr verlassen, denn mit den nachlässigen Höllenhunden ist es nicht mehr getan. Winder sind es - allesamt eingebildet und .«
»Was sind es für Söldner?« unterbrach Walegrin ihn.
»Von den Heiligen Trupps«, gestand Thrusher sichtlich widerstrebend.
»Vashankas Bastarde! Wie viele? Und wer führt sie - wenn sie überhaupt von einem Menschen geführt werden?«
»Ich kann schlecht sagen, wie viele. Sie haben ihr Lager bei Abwind. Die Trupper sind schlimmer als Hunde, und eine Handvoll von ihnen ist ärger als die Pest. Einige meinen, sie gehören zum Prinzen, jetzt, da ihr Priester tot ist. (5)
Die meisten glauben jedoch, daß Tempus dahintersteckt. Sie bilden sich für den Kampf gegen die Nisibisi aus, aber Tempus baut eine neue Festung bei Abwind.«
Walegrin blickte zur Seite. Er hatte nichts gegen Tempus Thales. Gewiß, er neigte zu Hochmut und Grausamkeit und war niederträchtig, aber er bewegte sich in höchsten Kreisen, unter Leuten mit Macht, und deshalb bewunderte ihn Walegrin. Wie alle anderen hatte auch er die Gerüchte über Tempus’ Fähigkeit der Selbstheilung (6) gehört und auch, daß er eine Art Halbgott sein sollte. Doch er zog es vor, ihnen nicht zu glauben. Aber würde Tempus auf die Suche nach Enlibarstahl gehen, so gäbe es niemanden, der es wagen würde, sich ihm in den Weg zu stellen.
»Sie nennen sich Stiefsöhne - oder so ähnlich«, fuhr Thrusher fort. »Und sie sind alle auf Jubals Anwesen. Jubal wurde seit Monaten nicht mehr gesehen. Auch Falkenmasken sieht man nicht mehr auf den Straßen, außer denen, die man da und dort an Pfosten oder eine Wand genagelt findet.«
»Heilige Trupps!
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