Verrat in Paris
gefasst, als ich dir gegenüber eingeräumt habe.«
»Na so was.«
»Trotzdem glaube ich, dass der Mann
dich
verfolgt hat.«
»Und aus welchem Grund, bitte?«
»Weil du in einem Minenfeld stocherst. Du verstehst das nicht, Beryl. Wenn deine Eltern umgebracht wurden, ging es dabei um mehr als nur um einen Sexskandal.«
»Moment mal.« Sie ging auf ihn zu und sah ihn unverwandt an. »Was weißt du darüber?«
»Ich wusste, dass du nach Paris kommst.«
»Wer hat dir das gesagt?«
»Claude Daumier. Er rief mich in London an und sagte, dass Hugh sich Sorgen macht. Dass jemand auf dich und Jordan aufpassen soll.«
»Du bist also unser Kindermädchen?« Er lachte. »So kann man’s auch sagen.«
»Und was weißt du über meine Eltern?«
An seinem Zögern merkte sie, dass er seine Antwort sorgfältig abwog. Sie erwartete, dass er sie gleich anlügen würde.
Stattdessen überraschte er sie mit der Wahrheit. »Ich kannte sie beide«, gestand er. »Ich war hier in Paris, als es passierte.«
Diese Enthüllung erstaunte sie. Sie zweifelte keinen Moment lang daran, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte – warum sollte er diese Geschichte erfinden?
»Es war mein erster Auslandseinsatz«, sagte er. »Ich dachte, dass ich mit Paris echt das große Los gezogen hätte. Denn die meisten Anfänger landen irgendwo im Nirgendwo. Aber ich kam nach Paris. Und hier traf ich Madeline und Bernard.« Er sank müde in einen Sessel. »Es ist erstaunlich«, sagte er und studierte Beryls Gesicht, »wie sehr du ihr ähnelst. Dieselben grünen Augen, dasselbe schwarze Haar. Allerdings hatte sie es meist zu einem losen Knoten gebunden. Doch immer rutschten ein paar Strähnen raus und fielen ihr dann in den Nacken …« Die Erinnerung ließ ihn lächeln. »Bernard war verrückt nach ihr – so wie jeder Mann, der sie kennen lernte.«
»Du auch?«
»Ich war damals erst 22. Sie war die faszinierendste Frau, die ich je getroffen hatte.« Ihre Blicke trafen sich. Leise fügte er hinzu: »Aber da kannte ich ihre Tochter noch nicht.«
Sie sahen sich an, und Beryl fühlte sich wieder stark zu ihm hingezogen, zu diesem Mann, dessen Küsse sie schwindelig machten, dessen Berührung einen Stein schmelzen lassen konnte. Zu diesem Mann, der am Anfang nicht ehrlich zu ihr gewesen war.
Ich habe keine Lust mehr auf Geheimnisse, will keine Halbwahrheiten und Wahrheiten mehr auseinander klamüsern. Und bei diesem Mann weiß man nie, was was ist.
Sie ging unvermittelt zur Tür. »Wenn wir nicht ehrlich zueinander sein können«, sagte sie, »brauchen wir gar nicht zusammen zu sein. Wir sollten gute Nacht sagen und auf Wiedersehen.«
»Das glaube ich nicht.«
Sie drehte sich um und sah ihn missbilligend an. »Wie bitte?«
»Ich will mich nicht verabschieden. Erst recht nicht, seit ich weiß, dass du verfolgt wirst.«
»Es geht dir also nur um meine Unversehrtheit?«
»Wäre das so schlimm?«
Sie lächelte ihn kühl an. »Ich kann sehr gut selbst auf mich aufpassen.«
»Du bist hier in einer fremden Stadt. Hier können Dinge geschehen …«
»Ich bin nicht gerade allein hier.« Sie ging quer durchs Zimmer und blieb vor der Verbindungstür zu Jordans Zimmer stehen. Sie riss sie auf und rief: »Wach auf, Jordie! Ich brauche deine brüderliche Hilfe!«
Aus seinem Bett kam keine Reaktion.
»Jordie?« sagte sie.
»Dein Bodyguard ist ja voll auf Zack«, spottete Richard.
Verärgert schaltete Beryl das Licht ein. Von der plötzlichen Helligkeit geblendet, sah sie erstaunt auf Jordans Bett.
Es war leer.
4. Kapitel
D
iese Frau sieht mich schon wieder so an.
Jordan schüttete etwas Zucker in seinen Cappuccino, rührte um und schaute zu der blonden Frau hinüber, die drei Tische weiter saß. Sofort wandte sie den Blick ab. Sie war eigentlich ganz attraktiv, dachte er. Mitte zwanzig, gute Figur, durchtrainiert, knackig. Ihr Haar war kurz geschnitten, ein paar Strähnchen fielen ihr in die Stirn. Sie trug einen schwarzen Pullover, einen schwarzen Rock und eine schwarze Strumpfhose. Mode oder Tarnung? Er blickte nach draußen auf die abendlichen Spaziergänger, die die Straße entlang flanierten. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass die Frau ihn schon wieder anstarrte. Normalerweise würde er sich geschmeichelt fühlen, wenn ihn eine Frau so intensiv ansähe. Aber irgendwas stimmte mit dieser Dame nicht, das spürte er. Konnte man heutzutage nicht mal als Mann allein durch Paris streifen, ohne gleich von gierigen Frauen verfolgt zu werden?
Bisher
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